"Sexueller Missbrauch ist ein geplantes Delikt"

Trier · Der Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) im Bistum Trier will präventiv gegen sexuellen Missbrauch vorgehen. "Die Würde des Menschen muss Richtschnur des Handelns sein", sagte Diözesanvorsitzende Monika Groß während der Diözesantagung in Trier.

Trier. Eine "Kultur der Aufmerksamkeit" entwickeln, um Gewalt und Missbrauch zu verhindern, dazu forderte die Diözesantagung des Sozialdiensts katholischer Frauen (SKF) im Bistum Trier unter dem Thema "Meine, Deine Grenzen - Unsere Verantwortung!" haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter auf. Die Tagung in Trier eröffnete Perspektiven auf die Grenzverletzungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen sowie auf Missbrauch. Einen Überblick über rechtliche, ethische und präventive Facetten des Themas gab die psychologische Psychotherapeutin Dorothee Lappehsen-Lengler.
50 000 sexuelle Übergriffe



Die Problematik des sexuellen Missbrauchs stellte sie zunächst anhand von Fakten dar: 49 Anzeigen wegen Missbrauchs gehen täglich in Deutschland ein. Insgesamt weist die Kriminalstatistik für 2011 rund 18 000 zur Anzeige gebrachte Straftaten aus. Die Dunkelziffer liege wesentlich höher, sagte Lappehsen-Lengler, so dass von schätzungsweise 50 000 Straftaten auszugehen ist: Es sei dringend nötig, Schutzmaßnahmen sowie Rettungs- und Heilungssysteme für missbrauchte Jungen und Mädchen auszubauen. Hier seien auch die Einrichtungen wie die in Trägerschaft des SKF gefordert mitzuwirken, dass Minderjährige besser geschützt werden.
In einem weiteren Teil deckte Lappehsen-Lengler sprachliche Verschleierungstaktiken auf. Grenzverletzungen und gar Missbrauch sollten immer klar benannt werden. Formulierungen wie "familiärer Missbrauch" seien irreführend, da es immer eine Person sei, die dafür verantwortlich ist. Auch Entschuldigungsversuche für die Täter seien falsch: "Sexueller Missbrauch ist ein geplantes Delikt", sagte Lappehsen-Lengler.
Kindern Mut machen


In den Einrichtungen müssten Mitarbeiter, die bei Grenzüberschreitungen ertappt werden, in aller Deutlichkeit auf ihr Fehlverhalten aufmerksam gemacht werden. Schließlich sollte Kindern und Jugendlichen, die sich öffnen und von einem Missbrauch erzählen, mit Hilfeangeboten und positiven Hinweisen auf Heilung der seelischen Verletzungen begegnet werden.
Die Theaterpädagogische Werkstatt Osnabrück beleuchtete das schwere Thema von einer spielerischen Seite: Oliver Grabus und Claudia Lichtwardt-Seeliger warfen alle Nein-Gefühle in die "große Nein-Tonne", so der Titel ihres Theaterstücks. "Damit wollen wir Kindern Mut machen, Nein zu sagen, wenn sie ein schlechtes Gefühl haben, und sie damit stark machen", erläuterte Grabus das Stück.
In einer auf die Bibel ausgerichteten Arbeitseinheit, die Pastoralreferentin Anna Werle und der Missbrauchsbeauftragte des Bistums Trier, Peter Rütten, hielten, vertieften die Teilnehmer das Thema der Tagung auch am zweiten Tag. red

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