Sie streiten für die Gleichberechtigung

TRIER. 100 Jahre – so "alt" ist die Trierer Zweigstelle des Katholischen Deutschen Frauenbunds, kurz KDFB. Deren Mitglieder streiten für die Gleichberechtigung in Politik, Gesellschaft und Kirche.

Ausgerechnet beim Festakt in der St. Matthias-Abtei fällt das Mikrofon aus. Was tut Frau in einer solchen Situation? Sie ruft einen Mann, genauer gesagt, den Hausmeister. Doch Vorsicht vor Klischees: Die Mitglieder des Katholischen Deutschen Frauenbundes, kurz KDFB, sind kein Freundeskreis älterer Damen, in dem gestrickt und Kaffee getrunken wird. Hauptanliegen des KDFB ist die Gleichstellung von Frauen in Gesellschaft, Politik und Kirche. "Das Fundament unseres Handelns ist der Glaube", sagt Frauenbund-Präsidentin Ingrid Fischbach. 1903 wurde der Bund gegründet, zwei Jahre später folgte der Zweigverein Trier. Zum Jubiläum überbringen Vertreter von Bistum und Stadt ihre Glückwünsche, die Bundestagsabgeordnete Fischbach ist extra aus Berlin angereist. "Es galt damals, die sozialen Benachteiligungen der Frauen zu mindern oder aufzuheben und ihre Mitwirkung in allen Lebensbereichen zu erreichen", so die Trierer Vorsitzende Hildegard Bogerts. Rückblick: Rund 1500 Trierer, der Großteil Frauen, strömen am Sonntagabend des 2. April 1905 in den Festsaal der Treviris. Schluss müsse sein mit überkommenen Vorstellungen wie "Frau gehört ins Haus", schreibt die Trierische Landeszeitung. Im damaligen Haus der Arbeitervereine begrüßt ein Bistumsvertreter die Frauenemanzipation seiner Zeit, beklagt aber deren "religiöse Indifferenz". "Das Mädchen soll in der Lage sein, sich selbst durch das Leben zu bringen und nicht gezwungen sein, eine Ehe einzugehen, nur um versorgt zu sein", mahnt eine Rednerin namens Isabella von Carnap an. Revolutionäre Frauen

Es ist eine Zeit, in der Frauen nicht einmal das Wahlrecht besitzen. Im Anzeigenteil der Zeitung finden sich alle möglichen Berufsangebote - für Männer. Frauen hingegen sind auf "Mädchenstellen" (Haushaltshilfe oder Kinderbetreuerin) beschränkt. "Revolutionär" habe der Anspruch der KDFB-Frauen damals gewirkt, ist sich Fischbach sicher. "Dabei haben die Frauen von damals doch nur die Gleichberechtigung eingefordert". Heutzutage setzen sich die KDFB-Mitglieder etwa für Hartz-IV-Betroffene und Alleinerziehende ein. Bei einer Vortragsreihe wird Europa thematisiert, die Koordinierung von Beruf, Familie und Ehrenamt oder die Auseinandersetzung mit anderen Religionen. Seit 1998 lenkt eine jährliche Fastenaktion den Blick auf regionale Produkte sowie fairen Handel. Vor hundert Jahren trugen sich nach den flammenden Reden rund 600 Frauen in die Mitgliederliste des neuen Zweigvereins ein. 60 Mitglieder zählt sie noch heute. "Eine kleine Gruppe, die in der Gemeinschaft stark ist", sagt Bogerts. "Es gibt eine ausreichende Zahl an Vereinsangeboten für Frauen", erklärt KDFB-Diözesanvorsitzende Beate Born den Rückgang. Die erstrittenen Rechte dürften nicht der Grund sein: So fordert Fischbach etwa ein "frauengerechtes" Europa. Die Frauen seien so gut ausgebildet wie nie zuvor - aber in den Führungspositionen fehlten sie. "Das Problem ist die Verknüpfung außerhäuslicher Erwerbsarbeit und der Familienarbeit. Im Kinderbetreuungsbereich müssen wir mehr bewegen".Herausforderungen annehmen

Beim Festakt hob Michael Kneib vom Trierer Bistum den Mut der Frauen hervor, sich Gefahren entgegenzustellen und damit auseinander zu setzen: "Sie haben es sich nie leicht gemacht - und es ist ihnen auch nicht leicht gemacht worden. "

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