Start in der Kegel-Bundesliga Erstklassige Trierer: Viel Holz und rollende Augen
Trier · Nach 21 Jahren zurück in der Bundesliga: Mit den Sportkeglern des SKV hat Trier in dieser Saison einen neuen Erstligisten. Was die Trierer mit den Gladiators verbindet und warum beim Saisonstart gegen den Deutschen Meister nichts drin war.
Er muss sich ein bisschen umgewöhnen, aber das fällt Jürgen Reinert nicht schwer. Als sein SKV Trier im Frühjahr souverän den Aufstieg in die erste Bundesliga gefeiert hat, war er noch maßgeblich daran beteiligt. Nun, eine Liga höher, ist er „nur“ noch Ersatzmann. „Nach viereinhalb Jahrzehnten in der ersten und zweiten Bundesliga“, sagt er – aber ohne Bedauern. Denn das sei gut so. „Jetzt sind die Jüngeren dran. Da stehen wir Älteren voll dahinter.“ Klar, jucke es ihn noch in den Fingern. Er kann sich zwar noch gut an die Trierer Zeit in der ersten Liga erinnern, aber viele andere eben nicht. Nach 21 Jahren spielt der SKV wieder in der höchsten Liga. So konnte Reinert – Ersatzmann in der ersten Mannschaft und mit der zweiten Mannschaft in der Rheinland-Pfalz-Liga ein Aufstiegsanwärter – die Bundesliga-Premiere am Samstag im Kegel- und Bowling-Center in Heiligkreuz schauen, ohne selbst zur Kugel greifen zu müssen. Ist ja auch eine Familiensache: Seine Frau Andrea ist Sportwartin beim SKV. Und auch der Sohn, einer der besten deutschen Sportkegler, ist wieder zurück beim Stammverein. Nach einigen Jahren in Düsseldorf – wo Mike Reinert auch in der Bundesliga spielte. Auch, um wieder mit dem alten Kollegen Nico Klink zusammenspielen zu können. Vor dem Spiel gegen Heiligenhaus, den amtierenden Deutschen Meister, tippt Jürgen Reinert auf einen Heimsieg. Der Heimvorteil spielt im Kegeln schließlich eine große Rolle – weil jede Bahn etwas anders ist und sich Gastspieler erst mal daran gewöhnen müssen. Die Trierer Bahnen, auf denen vor zwei Jahren noch die Kegel-Weltmeisterschaft über die Bühne ging, gelten allerdings als „neutral“. Sprich: Top-Kegler erreichen hier hohe Punktzahlen, auch wenn sie die Bahnen nicht in- und auswendig kennen wie die heimischen Kegler.
Der Meister ist zu stark – und Trier schwächelt
Aus dem erhofften Heimsieg zum Bundesliga-Start wird nichts. Nach dem Spiel zieht Nico Klink ein ernüchterndes Fazit. „Das war heute zu wenig“, bilanziert er. „Und zwar von allen, mich eingeschlossen.“ Mehrere Spieler blieben unter den Erwartungen. So erwischte zum Beispiel Nico Klinks Vater Daniel, sonst immer für über 900 Punkte gut, im Startblock keinen guten Tag. Besser lief es für Thomas Steines, bester Trierer: „Ich bin zufrieden“, sagte er nach seinen 923 Punkten. Markant: Er lässt Augäpfel rollen, diese Optik haben seine Kugeln. „So lese ich die Bahnen aus“, scherzt er.
Dass der Deutsche Meister Heiligenhaus um den mehrfachen Weltmeister André Laukmann zumindest den Zusatzpunkt holen würde, das war schon vor dem Schlussblock klar. Zu diesem Zeitpunkt – nach jeweils vier Keglern mit je 30 Würfen auf jeder der vier Bahnen – führten die Gäste aus Nordrhein-Westfalen knapp mit drei Punkten Vorsprung.
Ob die Trierer nun zumindest einen 2:1-Sieg feiern könnten, das lag nun in den Händen von Nico Klink und Christopher Authelet. Der Belgier machte sein erstes Spiel für Trier, er kam vor der Saison vom saarländischen Zweitligisten Landsweiler, mit dem er aber auch schon in der Bundesliga gespielt hatte. Schnell war aber klar, dass Authelet an diesem Tag nicht mit dem Schlussblock von Heiligenhaus mithalten konnte. Marcel Schneimann erzielte die Topleistung des Tages (962). Beim Meister knackten vier Spieler die 900, bei Trier nur zwei, Thomas Steines (923) und Nico Klink (919). Am Ende lagen die Gäste komfortabel vorne, mit über 100 Holz Differenz (5428:5323). Andrea Reinert hatte befürchtet, dass es so laufen könnte. „Ich hätte lieber später in der Saison gegen Heiligenhaus gespielt“, sagt sie. Dann werden Rückkehrer Mike Reinert und Neuzugang Authelet die Bahnen noch besser kennen. Aber: Ist jetzt nicht zu ändern. Und wie die anderen beim SKV ist Andrea Reinert davon überzeugt, dass die Trierer die Klasse halten können. Dass ein Auswärtsteam in Trier im Schnitt über 900 Punkte macht, wird auch eher eine Ausnahme bleiben.
Ein besonderes Trierer Kegel-Video mit 12.000 Aufrufen
Viele Zuschauer lockt der Sport nicht in die Halle – obwohl dort echte Präzisionsarbeit am Fließband zu sehen ist. Und die Spiele oft auch eng sind – und wenn es „nur“ um den Zusatzpunkt geht, den Auswärtsteams erreichen können, wenn sie in der Einzelwertung der Spieler mindestens 31 Punkte holen. Wie sich das zusammensetzt? Der beste Kegler des Tages erhält 12 Punkte, der schlechteste einen. Wenn die Summe der sechs Gästespieler 31 oder mehr ergibt, gibt’s den Zusatzpunkt.
Wer sich beim Kegelabend mit Freunden mal riesig über „alle Neune“ freute, das ist in der Bundesliga der Standard. Wer sich für die Liga interessiert, kann die Spiele inzwischen zudem auch live im Internet anschauen. Die Kameras, die vor der WM in Trier angeschafft wurden, machen es möglich. Auf sportdeutschland.tv – wo unter anderem auch die Spiele der Vet-Concept Gladiators in der 2. Basketball-Bundesliga übertragen werden – gibt’s Live-Übertragungen der Spiele, allerdings ohne Kommentar.
Wie viele Menschen sich das anschauen? Das weiß auch Patrick Plebs nicht im Detail, er kümmert sich um die Social-Media-Auftritte beim SKV. Die Plattform macht die Zahlen nicht publik. Aber er weiß, dass auch Kegeln ein Publikum findet – jedenfalls, wenn es etwas Besonderes zu erleben gibt. Etwa vor einigen Monaten, als Nico Klink ein absolutes Kunststück gelang: Er schraubte den Bahnrekord in Trier im Zweitliga-Spiel auf 1025 Holz – eine Zahl, die selbst in der Bundesliga extrem selten erreicht wird. „Das Video davon wurde bei Instagram und Facebook 12.000 Mal angeschaut“, sagt Plebs.