Sommer der Erinnerungen

Ich fühl mich gut, ich bin in. Endlich, ja, endlich kenne ich mal ein Lied, das derzeit ganz oben in der Hitparade (liebe Jugendliche: so sagte man vor 30 Jahren noch zu dem, was Ihr heute Charts nennt) steht.

Es ist der Sommerhit des Jahres: "All Summer Long". OK. Der Titel allein sagt noch gar nichts. Man muss den Song hören, dann wippen selbst bei musikalisch gesehen alten Säcken wie mir automatisch die Füße, dann bewegt sich der Kopf rhythmisch.

Erinnerungen an früher (als ja bekanntlich alles viel besser war) werden wach. Als wir mit 18, 19 dank Interrail-Ticket mit dem Zug in vier Wochen durch halb Europa gereist sind, Rucksack auf dem Rücken, das Zelt dabei (Ja, richtig gelesen: mit dem Zug. Nix mit Billigflieger nach Spanien in ein Hotel, Strand und jeden Abend Party) und dann in einer Camping-Kaschemme an der portugiesischen Algarve mittags bei Bier abgehangen (neudeutsch: gechillt) haben.

Und aus den Lautsprechern dröhnte unentwegt Lynyrd Skynyrd mit "Sweet Home Alabama." Das war schon zu meiner Zeit ein Oldie (also ein Song aus einer Zeit, in der man gerade mal in die Grundschule kam). Und trotzdem spiegelte sich in "Sweet Home Alabama” damals unser Lebensgefühl: cool sein, rebellieren gegen das Etablierte, die Welt vor Atomkraft und Helmut Kohl retten und irgendwie gegen den Strom schwimmen. "Sweet Home Alabama". Das war noch Musik. Und nun dudelt sie wieder unentwegt aus den Lautsprechern.

Wenn auch nicht von Lynyrd Skynyrd (zumal von der alten Besetzung fast alle das Zeitliche gesegnet haben), sondern von Kid Rock, der die Melodie von "Sweet Home Alabama" einfach geklaut hat und zu einem hörbaren Song gemacht hat. Der natürlich längst nicht so cool ist wie das Original.

Trotzdem werden Erinnerungen wach, und man ist dann wieder auf dem Campingplatz an der Algarve und will die Welt verbessern.

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