Sommerpause für "Extravagantes"

Trier · Chat-Noir-Chef Volker Justinger zieht die Notbremse: Eine Sommerpause für einige der Programmformate soll die Betriebskosten senken und das Varieté überlebensfähig machen. Partys und Theater wird es weiterhin wie gehabt geben, Varieté-Shows und Piano-Bar aber erst wieder ab September.

 Drei Monate auf Sparflamme: Varieté Chat Noir im Casino am Kornmarkt. TV-Foto: Roland Morgen

Drei Monate auf Sparflamme: Varieté Chat Noir im Casino am Kornmarkt. TV-Foto: Roland Morgen

Erst wurde der Flügel abgeholt, dann Beschallungstechnik-Elemente. Indizien dafür, dass das Chat Noir am Ende ist? "Nein", erklärt Betreiber Volker Justinger (41): "Der 600 Kilo schwere Flügel wird demnächst gegen ein kleineren und für uns leichter zu handhabenden ausgetauscht. Die Beschallungsanlage gehörte zu einer Fremd-Veranstaltung. Unsere Haustechnik ist nach wie vor da und bleibt auch."

Dafür, dass "ganz normale Vorgänge" falsch interpretiert werden und die Gerüchteküche anheizen, hat Justinger "ein gewisses Verständnis: Jeder der Ahnung hat, weiß: Was wir hier machen, das ist kein leichtes Geschäft. Und im Sommer ist es besonders schwer."

Deshalb zieht der 41-Jährige die Notbremse. Erstmals seit Eröffnung im November 2007 macht das Chat Noir im Casino am Kornmarkt eine Sommerpause, wenn auch nur bezogen auf die hauseigenen Formate wie Varieté-Shows und Piano-Bar-Abende. Die soll es erst ab September wieder geben, während die Disco-Party-Reihen und Theateraufführungen (für die das Chat Noir untervermietet) wie gehabt weiterlaufen. "Das Chat Noir ist also keineswegs geschlossen", stellt Justinger klar. "Mein Team und ich müssen aber wirtschaftlicher arbeiten als bisher."

Konzept gescheitert? "Nein", sagt Justinger, "Ich sehe uns noch in einer Aufbauphase. Dazu gehört, dass man auch Fehler macht und daraus lernt." Eine Lehre sei, in der Biergartensaison nicht an ambitionierten Veranstaltungen mit dem Anspruch einer "extravaganten Mischung aus Kultur und Kulinarik" (Werbeslogan) festzuhalten, die den finanziellen Aufwand nicht einspielen. Wilfried Biewer (56), Vorstand von Casino-Vermieter Triwo AG, begrüßt den Sparkurs: "Es wäre jammerschade, wenn das Chat Noir schließen müsste. Wir unterstützen Justinger weiterhin und hoffen, dass es weitergeht."

Biewer war es, der Justinger 2007 dazu bewog, mit dem ein Jahr zuvor auf dem Petrisberg eröffneten Chat Noir in den bis dahin wenig genutzten "Bürgersaal" des Casinos am Kornmarkt zu ziehen. Bereut habe er diesen Schritt nicht, beteuert Justinger, auch wenn er nach Differenzen mit seinen zeitweiligen Partnern Marco Gruben und Tom Rüdell seit vergangenem Januar als alleiniger Betreiber fungiert: "Ich bin guter Dinge, dass es das Chat Noir auch in drei, vier Jahren gibt. Wir haben noch viel Entwicklungspotenzial.

Der Trierer Veranstalter-Platzhirsch Popp-Concerts sieht offenbar keine Hinderungsgründe: "Wir buchen das Chat Noir weiterhin für Konzerte und Lesungen", so Dorothee Schmitt-Wallraff (43) auf TV-Anfrage.

Meinung: Kosten runter, Daumen hoch
Das Chat Noir ist ein Laden, den man gut und gerne empfehlen kann, wenn Touristen fragen, wo denn in der Altstadt abends Kultur geboten werde. Doch während der restliche Kornmarkt (gastronomisch) im Sommer erst recht boomt, tut sich das multifunktionale Varieté zunehmend schwer mit seinem ambitionierten eigenen Angebot: Piano-Bar-Abende, bei denen die Zahl der Besucher die der Service-Kräfte kaum übersteigt, machen Erfolge anderer Angebote schnell wieder zunichte. Deshalb ist es richtig, wenn Betreiber Volker Justinger auf Sparflamme schaltet. Nur wenn er die Kosten reduziert, hat er eine Überlebenschance. Müsste er kapitulieren und das Feld räumen, hätte das Auswirkungen auf die gesamte Kulturszene. Denn der 300 Quadratmeter große und geschmackvoll eingerichtete Saal hat sich etabliert für kleine, aber feine Veranstaltungen und sucht weit und breit seinesgleichen. r.morgen@volksfreund.de

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