Sozialverband macht Reisedienst dicht

Trier/Bernkastel-Wittlich · Der Reisedienst des Sozialverbands VdK Rheinland-Pfalz ist Geschichte. Der Landesvorstand hat den elf Mitarbeitern in Trier gekündigt. Er war nicht länger bereit, das jährliche Defizit des Services durch Mitgliedsbeiträge zu decken. Ein Verkauf des Reisedienstes scheiterte.

Er setzt sich für behinderte Menschen ein, engagiert sich für Kranke sowie Rentner und prangert Altersarmut an. Das berufliche Schicksal von Langzeitarbeitslosen liegt ihm am Herzen. Reisen zu organisieren gehört künftig nicht mehr zu seinen Angeboten. Die Rede ist vom Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz.

Denn hierzu zählte bis vor kurzem ein Reisedienst. Dessen Aufgabe war es, Reisen zusammenzustellen und Touren für die 28 Kreisverbände und mehr als 900 Ortsgruppen im Land zu organisieren. Sitz des Reisedienstes war Trier. Für ihn arbeiteten elf Mitarbeiter. Allerdings gab es einen wichtigen Schönheitsfehler: Verluste in Höhe von rund 200.000 Euro im Geschäftsjahr 2014.

Wie das Reisegeschäft profitabler gestaltet werden könnte, hat sich der VdK-Landesvorstand schon vor rund zehn Monaten überlegt. Der VdK fürchtete, den Status als gemeinnütziger Verein zu verlieren, wenn die Verluste des Reiseservices weiter durch Mitgliedsbeiträge ausgeglichen würden, heißt es aus Kreisen der ehemaligen Mitarbeiter.

Eine Darstellung, die der Verband im Wesentlichen bestätigt. Eine mögliche Lösung sah vor, die Sparte an einen regionalen Reiseanbieter zu verkaufen. Allerdings hätten die Mitarbeiter hierfür vor Abschluss entsprechender Verträge auf 15 Prozent ihres Einkommens, auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie auf sechs Urlaubstage verzichten sollen. Die elf Angestellten hatten nach ihrer Darstellung eine Woche Zeit, über dieses Angebot nachzudenken. Sie lehnten ab, zu diesen Bedingungen ihren Arbeitgeber zu wechseln. "Wir hatten den Eindruck, dass man uns mit diesem Angebot überfahren wollte. Alles musste schnell gehen", heißt es aus Mitarbeiterkreisen. Namentlich genannt werden wollen die Mitarbeiter nicht. Sie klagen, dass man sie "am ausgestreckten Arm" habe verhungern lassen. E-Mails und Nachfragen zum Stand der Verhandlungen seien von der Geschäftsführung und vom Landesvorstand ignoriert worden.

Die Verhandlungen mit einem regionalen Reiseanbieter liefen demnach bis August. Gestritten wurde vor allem um die Frage, ob der Verkauf der Reisedienstsparte juristisch ein Betriebsübergang (siehe Hintergrund) ist oder nicht. Auf Nachfrage räumt der Pressesprecher des VdK-Landesverbands, Michael Finkenzeller, ein, dass der Interessent die Reisedienstmitarbeiter zu "branchenüblichen Konditionen", vermutlich also schlechteren Bedingungen, übernommen hätte. Da die meisten Mitarbeiter diese nicht akzeptieren wollten, sei den meisten für Ende Dezember durch den Landesverband gekündigt worden. Nur zwei seien zurzeit noch damit beschäftigt, den Reisedienst abzuwickeln.

Gegen die Kündigungen hat sich ein Teil der Angestellten vor dem Arbeitsgericht gewehrt. Aus Mitarbeiterkreisen ist zu hören, dass alle Streitigkeiten mit dem VdK-Landesverband über Vergleiche beigelegt wurden. Die Übernahme eines früheren Mitarbeiters durch den Kreisverband Trier-Saarburg sei zwar geprüft worden, aber wegen "mangelnder Qualifikation" - so Finkenzeller - gescheitert.Meinung

Nicht gerade vertrauensbildend
Dass ein Sozialverband eine Serviceeinheit schließt, weil sie Verluste macht, ist nachvollziehbar. Zumal dann, wenn die Verluste durch Mitgliedsbeiträge gedeckt werden müssen. Bitter aufstoßen muss aber, dass man offenbar versucht hat, Mitarbeiter mit einer Friss-oder-Stirb-Taktik davon zu überzeugen, zu deutlich schlechteren Konditionen zu arbeiten. Und sie dann kurz und bündig vor die Tür setzt - obwohl man kurz zuvor seitens des Vorstands noch versichert hat, dass man an einer Lösung der Probleme arbeite. Die ist am Ende sehr einseitig ausgefallen: Die Mitarbeiter müssen sich neue Jobs suchen. Der Anspruch, mit dem Willi Jäger als Landesvorsitzender 2013 das Amt übernommen hat, war, bei den Mitarbeitern nach etlichen internen Querelen um Vertrauen zu werben. Mit einem Vorgehen wie im Fall des Reisedienstes wird das wohl eher nicht gelingen. trier@volksfreund.deExtra

Beim Verkauf eines Betriebs oder Betriebsteils an ein anderes Unternehmen gelten die bestehenden Arbeitsverträge weiter. Paragraf 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) garantiert Bestandsschutz. Arbeitsverhältnisse gehen automatisch auf den neuen Arbeitgeber über. Ein Betriebsübergang setzt voraus, dass das Unternehmen einem neuen Inhaber übertragen wird. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten fort. itz

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