Spaß, Kunst und Gesellschaftskritik

Erfolgreiche Premiere der TUFA.unlimited: Rund 120 Gäste waren am ersten Spieltag der Erlebnisperformance durch die Trierer Innenstadt dabei und begegneten dem Thema "Grenzen" in vielerlei Darstellungsformen. Ihr erstes Echo: Eilig, kurzweilig, witzig und trotzdem nachdenklich stimmend.

Trier. Geheimnisvoll und etwas bedrohlich beginnt für Petra und Volker Goldhahn, Thomas Buntru, Stephanie Lühl und Gundula Giering die Reise von TUFA.unlimited. Sie bilden die erste der Zuschauergruppen, die gekennzeichnet mit einem farbigen Bändchen im 5-Minutentakt an der Europäischen Rechtsakademie ins Ungewisse aufbrechen. Ein junger Mann treibt sie Richtung Tiefgaragen-Treppenhaus. "Schnell, wenn die merken, dass wir hier sind", ruft er und dann: "Achtung runter!" Abwechselnd rennend, schleichend und sich duckend gelangt die Gruppe hinunter. Mit lautem Knall schließt sich hinter ihr die Tür. "Das war knapp", sagt der Schlepper, zeigt auf ein Schild: "Sie verlassen jetzt den realistischen Sektor" und verschwindet.

Ab da beginnt das Eintauchen in eine Welt teils bizarrer Begegnungen, die alle eins gemeinsam haben: Sie thematisieren mal mehr, mal weniger verschlüsselt die Konsum- und Wachstumsideologie der westlich zivilisierten Welt, ihre Auswirkungen auf das globale menschliche Miteinander und ihre Grenzen.

Eine Welt mit bizarren Begegnungen



Ausgangspunkt sind Stimmen aus dem "Off" im Büro zweier Sekretärinnen mit Rechenmaschinen: Erst beschwören Erhardt und Adenauer das Wirtschaftswunder, dann beten Merkel, Brüderle und Westerwelle das Wachstumsmantra weiter. Passend zum einlullenden Charakter dessen taucht ein Plüsch-Häschen auf, um die Gruppe weiterzuführen. Alle Teilnehmer lachen. Der nächste Spaß ist die Fahrt auf einem kreisrunden siebensitzigen Fahrrad Richtung Weberbach. Dort sammelt ein älterer Herr Unterschriften fürs Volksbegehren "Bürger für Wohlstand und Wachstum". Thomas Buntru will schon unterschreiben, da sieht er aber Silvio Berlusconis und Beate Uhses Namen auf der Liste.

Immer neue Gestalten begleiten die Gruppe an insgesamt zehn Orte in der Innenstadt, wo nach Karsten Müllers Konzept und unter Produktionsleitung von Sandra Karl verschiedene Tufa-Vereine gemäß ihrer Ausrichtung neue Aspekte des Kernthemas inszenieren. Meist korrespondiert das sehr gut mit dem örtlichen Rahmen.

In einem Modehaus zum Beispiel hält der Frauennotruf e.V. einen sehr witzigen "Kurs" im Gehen mit hohen Absätzen ab, lässt aber gleichzeitig ein Video laufen, das Sexualisierung von Werbung und Mode anprangert und verteilt Brustbrillen eines Sex-Artikel-Anbieters.

Lange aufhalten geht wegen Rückstau-Gefahr nicht, deshalb geht es in rasendem Tempo weiter, auch unterwegs begleitet von mehr und weniger augenfälligen Knalleffekten.

Zwei davon gibt's am Hauptmarkt: Erst hält eine Wissenschaftlerin ein Pro-Marktwirtschaftsplädoyer, das sich als kaum veränderte Sportpalastrede von Goebbels entpuppt. Dann kommt eine riesige Ameise auf Stelzen und zwingt die Gruppe in den Gänsemarsch. Für Außenstehende nur ein lustiges Spektakel, steht es den Einbezogenen frei, darin ein Sinnbild zu sehen.

Anregungen zur Selbstreflexion



So, wie es überhaupt im Zuge der Performance jedem überlassen bleibt, ob er mehr aus dem Erleben und dem Spaß oder den gesellschaftskritischen Botschaften zieht. Oder gar aus der unbeabsichtigten Verselbstständigung des Themas bei einer kleinen Panne: Als ein Kontakt verpasst wird, ist die Gruppe zeitweise orientierungslos.

Der Text der nächsten Begleitperson beginnt dann ausgerechnet mit: "Ihr braucht geistige Führung." Auch wenn gebotene Eile und Reizüberflutung im städtischen Umfeld nicht jede Feinheit aufnehmen lässt, ist das Echo der Teilnehmer einhellig: "Toll der rote Faden und wie er verpackt wurde, besonders auch in den unspektakulären Szenen." Gebracht hat es ihnen allen viel Spaß und neue Erfahrungen: "Man wird selbst zum Darsteller", außerdem Anregung zur Selbstreflexion, auch wenn darüber gewitzelt wird: "Verändern wir jetzt unseren Konsum?", fragt jemand. "Nein, aber wir gehen jetzt mit Stofftaschen durch die Stadt." Extra "TUFA.unlimited." startet erneut an den Samstagen 4. September und 30.Oktober je von 14 bis 18.20 Uhr und am Sonntag 31. Oktober von 13 bis 16.20 Uhr je im 5-Minutentakt am Haupteingang der ERA, Metzer Allee 4. Nacheinlass nicht möglich, deshalb pünktlich sein! Tickets nur im Vorverkauf in den TV-Service-Centern, unter der TV-Tickethotline 0651-7199-996 und online unter www.volksfreund.de/tickets . (ae)

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