SPD und FDP lassen Grüne in Niederlage gehen

Trier · Die Grünen standen allein, als der Stadtrat gestern Abend über den neuen Umwelt-Chef abstimmte. SPD und FDP ließen ihren Bündnispartner in die sichere Niederlage gehen und lieferten sogar drei der 29 Gegenstimmen. Vor der Abstimmung fielen böse und harte Worte.

Mehr als sechs Monate lang hat die Ampel den Antrag, im Rathaus eine Stabsstelle Umweltsteuerung zu schaffen, intern vorbereitet. Am Ende dauert es nur 60 Minuten, die Arbeit dieser sechs Monate derart heftig zur Explosion zu bringen, dass hinterher nichts als ein riesiger Krater zwischen allen Fraktionen übrig blieb. Nach einer Diskussion, die stellenweise den Charakter einer Abrechnung hatte, lehnte der Stadtrat den neuen Umwelt-Chef ab – nur die zehn Grünen waren dafür – und erlebte die schlimmste Krise und das mögliche Ende der Ampelkoalition.

Der Eklat hatte sich bereits nach den Fraktionssitzungen am Montagabend angekündigt (der TV berichtete): SPD und FDP wollten den Ampel-Antrag auf Ausschussebene zurückziehen. Es ist aber offenbar niemandem gelungen, die Grünen ebenfalls von dieser Taktik ihrer Bündnispartner zu überzeugen. „Ich werde unseren Antrag den Rat vorlegen“, hatte Anja Reinemann-Matatko kurz vor der Sitzung betont, und sie hielt Wort.

Schon bevor sie im Rat das erste Wort sprach, muss ihr die drohende Niederlage klar gewesen sein. Schließlich war die Stabsstelle Umweltsteuerung in diesem Moment nur noch der Antrag einer einzelnen Fraktion, der einer Übermacht an Gegnern gegenüber steht. Dennoch legte die Sprecherin der Grünen sich ins Zeug, sprach von einer „stärkeren politischen Steuerung im Bezug auf die Umwelt“ und stellte fest, dass „wir im Stadtvorstand keine Persönlichkeit sehen, die diesem Profil entspricht“. Ein klarer Angriff auf Umweltdezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU).

Danach waren die Gegner an der Reihe. „Dieses gesamte Szenario ist eine Unverschämtheit, der Rat wurde irregeführt“, polterte CDU-Fraktionschef Berti Adams. „In den gemeinsamen Beratungen des Stellenplans hat die Ampel kein Wort über diese Stelle verloren.“ Christiane Probst (FWG) regte sich ebenfalls mächtig auf. „Es ist eine maßlose Frechheit, eine derart wichtige Personalfrage im Alleingang entscheiden zu wollen.“

Karl Josef Gilles (FDP) kritisierte die Grünen: „Warum muss man wie ein trotziges Kind den Karren gegen die Wand fahren?“ Begona Hermann kündigte an, die SPD werde die Grünen nicht unterstützen, sondern sich enthalten: „Wir haben den Diskussionsbedarf klar unterschätzt, wollen das nachholen und den Antrag später erneut stellen.“

Zwischen CDU und FWG auf der einen und der Ampel auf der anderen Seite des Sitzungssaals flogen heftige Vorwürfe des früheren und heutigen Mehrheits-Machtmissbrauchs hin und her, und auch OB Klaus Jensen geriet in die Schusslinie. CDU und FWG warfen ihm seine direkte Beteiligung an der Vorbereitung des Ampel-Antrags vor. Als Probst ihm entgegenschleuderte, er sei ein „Gefangener der Ampel“, verlor auch Jensen die Fassung. „Sie enttäuschen mich, Frau Probst“, rief er in den Saal. „Es ist mein Recht und eine Selbstverständlichkeit, zu einem Thema Stellung zu nehmen, wenn eine Fraktion mich dazu einlädt.“

Meinung: Ein Ende mit Schrecken

Von Jörg Pistorius

Die Ampel ist am Ende, bevor sie überhaupt nennenswerte politische Akzente für Trier gesetzt hat. Noch sind die Bündnispartner nicht soweit, ihre Beziehung realistisch zu sehen und die Konsequenzen ziehen zu können. Dennoch bietet die Koalition mittlerweile das Bild eines Paares, das die Trennung schon erkannt hat, aber noch nicht öffentlich darüber reden will, weil Freunde und Bekannte dann immer mitleidig gucken.

Der geradezu panische Rückzieher von SPD und FDP, die ihre grünen Bündnispartner allein ins offene Messer rennen ließen, ist ein Vertrauensbruch, der alle Beteuerungen einer gemeinsamen politischen Linie ad absurdum führt. Der Kitt, der die Ampel noch zusammenhält, ist ihre Mehrheit im Stadtrat. Wer hier einwendet, das sei doch bei allen Koalitionen der Fall, muss feststellen, dass die Trierer Ampel schon daran scheitert, einen seit Monaten gemeinsam vorbereiteten Antrag einvernehmlich im Rat einzubringen. Auf derart dünnem Eis ist eben keine gemeinsam entwickelte und getragene Politik zum Wohl der Stadt Trier möglich. j.pistorius@volksfreund.de

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