Spendenbereitschaft macht Schule

TRIER. Ende 2004 berichtete der Trierische Volksfreund über ein ehrgeiziges Projekt des Trierer Berufsschullehrers Gottfried Nyssen: Er benötigte 20 500 Euro Spenden für einen Schul-Neubau in Ruanda. Viele TV-Leser ließen sich nicht lumpen und griffen tief ins Portemonnaie. Gestern war der erste Schultag im neuen Gebäude.

In Bitenga herrschte gestern große Freude. Fast 700 Kinder und 23 Lehrer weihten zu Beginn des neuen Schuljahres in Ruanda ihre neue Schule ein. Der behelfsmäßige Unterricht in der viel zu kleinen Kirche gehört damit der Vergangenheit an. "Das ist vor allem den Lesern des Trierischen Volksfreunds zu verdanken", betont Projekt-Vater und Ruanda-Aktivist Gottfried Nyssen (59). Sie hätten mit ihrer Spendenbereitschaft den Weg frei gemacht. Aber auch die Landesregierung und der Landtag hatten sich von Nyssens Idee begeistern lassen. 41 000 Euro, so hatte der Trierer Berufsschullehrer errechnet und ausgehandelt, würde ein neue Schule im abgelegenen Distrikt Kayove kosten. Mainz sagte zu, die Hälfte zu zahlen, wenn es Nyssen gelänge, den Rest privat aufzutreiben. Anfang 2005 hatte Nyssen das Vorhaben "in trockenen Tüchern" und machte mit Unterstützung von Bischof Alexis Habiyambere Nägel mit Köpfen. Einheimische errichteten das Gebäude aus selbst gebrannten Ziegeln - ganz im Sinne des Hilfe-zur-Selbsthilfe-Konzepts, für das sich Nyssen engagiert, seit ihn 1982 der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel als Kontaktmann für die frisch ins Leben gerufene Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und dem zentralafrikanischen Land gewonnen hatte. Zwei Dinge lernte der Trierer ganz schnell. Zum einen: "Es macht keinen Sinn, den Menschen eine Schule hinzustellen und zu sagen: ‚Nun macht mal schön'. Wenn die Bevölkerung aktiv an Projekten beteiligt ist, identifiziert sie sich damit. Sie ist stolz auf ihre Errungenschaften und hegt und pflegt sie." Und zweitens: "Wer als Mitteleuropäer einmal in Ruanda gewesen ist, der spürt eine Verantwortung, der man sich nicht entziehen kann." Nyssen war viele Male dort und ist zutiefst überzeugt: "Wir müssen diesen Menschen helfen, damit sie sich selbst helfen können." Erst recht, nachdem der blutige Bürgerkrieg Anfang der 90er-Jahre das Land in Chaos und Anarchie gestürzt hatte. Folge: "Auch als Massenmorden endete, ging das Massensterben weiter. Viele Frauen starben an Aids, nachdem sie von marodierenden Soldaten vergewaltigt worden waren. Die Hälfte der Bevölkerung von Ruanda ist unter 16 Jahre alt. Jedes fünfte Kind lebt dort ohne Eltern, ohne Pflege und ohne Fürsorge durch Verwandte. Nyssens Unterstützung beschränkt sich nicht auf Geld sammeln. Er gewann Verbündete, gründete mit ihnen Vereine und Stiftungen, die Land für arme Bauern und Hügel zum Aufforsten kauften, die Witwen Arbeitsplätze bieten, Behinderte ausbilden und die Möglichkeit zum eigenen Broterwerb geben, die Starthilfe für Unternehmens-Gründungen leisten und Schulbauten - bislang 14 - mitfinanzierten. Mit in den Dienst der guten Sache stellen sich Lehrer-Kollegen und die Schüler der Trierer Berufsschulen für Wirtschaft (an der Nyssen Politik und Sozialkunde unterrichtet) und Ernährung, Hauswirtschaft und Sozialpflege (EHS) sowie des Wittlicher Peter-Wust-Gymnasiums (PWG). Sie brachten bislang mehrere zehntausend Euro zusammen, die in Nyssen-Projekte flossen. Die Schule in Bitenga soll nicht das letzte gewesen sein. In den Osterferien wieder nach Ruanda

In den kommenden Osterferien will Nyssen wieder einmal nach Ruanda fliegen und Oliver Kopsch begleiten. Der 40-jährige ist Spezialist für die Gewinnung von Trinkwasser mit Solarenergie und will sein Know-how weitergeben: "Wir haben bereits vier solcher Anlagen nach Ruanda transportiert. Sie können vor Ort nachgebaut werden." Nyssen plant bereits seine 15. Bildungseinrichtung, diesmal eine neue Berufsschule in Byumba mit den Abteilungen Landwirtschaft/Umwelt und Ernährung und Sozialpflege. Die Lehrer würde wie im Falle Bitenga der Staat Ruanda (in der Landessprache "Rwanda") stellen und als Träger das Bistum Byumba fungieren. Wer helfen möchte, kann eine (steuerlich abzugsfähige) Spende auf das Konto des Fördervereins "Frauenzentrum in Rwanda + Joseph Ruzindana" bei der Volksbank Trier, Nummer 1008565 (BLZ 58560103) überweisen. Fragen beantwortet Gottfried Nyssen unter Telefon 0651/9916463 (nach 16 Uhr).

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