Sprachrohr der nächsten Generation

Morbach hat eins, Bernkastel-Kues, Wittlich, Zeltingen-Rachtig und Saarburg ebenfalls: ein Jugendparlament. Im November können die Zehn- bis 17-Jährigen in Trier ebenfalls ihre eigene politische Vertretung wählen.

Trier. Im Jugendzentrum Mergener Hof in der Rindertanzstraße ist es lauter geworden. Es ist halb vier. Die meisten Jugendlichen, die das Zentrum besuchen, sind jetzt mit ihren Hausaufgaben fertig. Der Mergener Hof ist für viele von ihnen nicht nur ein Platz, um gemeinsam zu lernen, sondern auch, um den Rest des Nachmittags mit ihren Freunden zu verbringen. Von solchen Orten gibt es in Trier nicht allzu viele - zumindest nicht in zentraler Lage. Eine Busfahrt in die äußeren Stadtteile ist mühselig. Aufenthalte in kommerziellen Cafés sind, genau wie Kinobesuche, ziemlich teuer - und ungestört ist man dort auch nicht unbedingt.

Solche Probleme in Zukunft besser mit Erwachsenen besprechen können - diese Möglichkeit soll den rund 6850 Jugendlichen in Trier eine neue Jugendvertretung bieten. Doch wie könnte sich das Gremium zusammensetzen?

Eine siebte Klasse des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums hat bislang noch nichts von der Entscheidung des Stadtrats gewusst. Mit Wahlen haben sie sich noch nicht im Unterricht befasst - Sozialkunde gibt es für sie erst in einer späteren Jahrgangsstufe. Wie so eine Wahl ablaufen könnte, wissen sie trotzdem: Schließlich haben sie einen Klassensprecher gewählt. "Es ist sehr wichtig, dass wir eine geheime Wahl haben", sagt eine Schülerin. Nur so könne man garantieren, dass niemand in seiner Entscheidung von anderen beeinflusst werde.

Das Jugendparlament soll sich laut Stadtrat aus jungen Leuten aus allen Stadtteilen, aus möglichst unterschiedlichen Schulen und aus einer Gruppe von Menschen zusammensetzen, deren Interessen sehr unterschiedlich sein können.

"Ich weiß nicht, ob es so gut ist, dass da auch schon Zehnjährige mitmachen können", sagt ein Schüler, der die neunte Klasse einer Trierer Realschule plus besucht. Tatsächlich ist das Trierer Jugendparlament, wenn es so umgesetzt wird, wie der Stadtrat es möchte, im Verhältnis zu vergleichbaren Gremien in der Region sehr jung. In den Jugendvertretungen in Morbach und Bernkastel-Kues beispielsweise engagieren sich auch deutlich ältere Jugendliche.

"Es ist ungemein wichtig, dass das Jugendparlament eine gute pädagogische Begleitung bekommt", sagt Bettina Bulitta-Steimer. Bulitta-Steimer ist Leiterin des Jugendzentrums Mergener Hof und hat sich in der Arbeitsgruppe engagiert, die ein Konzept für das Jugendparlament erarbeitet hat.

Auch die Masse an Leuten, die sich beteiligen können, sehen die Schüler skeptisch. Kaum jemand hat Kontakt zu anderen Jugendlichen, die weder die gleiche Schule noch den gleichen Verein besuchen. "Ich würde nur jemanden wählen, den ich kenne."

MEINUNG

Bitte kein Planspiel!

Eine eigene Vertretung, die bei allen jugendrelevanten Themen der Stadt zu Wort kommt und in mehreren Ausschüssen sitzt, ist eine Riesenchance für Triers Jugendliche, ihre Themen anzusprechen.

Wichtig ist, dass die Ratsmitglieder und die Ausschüsse die jungen Leute ernst nehmen und sich ehrlich mit ihren Anregungen auseinandersetzen.

Das Positivbeispiel aus Morbach zeigt, dass es funktioniert: Hier haben die Jugendlichen eine Jugendpflegerstelle durchgeboxt. Auch die Trierer Jugendlichen könnten Akzente in der Stadtpolitik setzen: Sie sind zum Beispiel diejenigen, die auf ein gut funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz angewiesen sind.

Bevor so ein Jugendgremium seine Arbeit aufnehmen kann, haben die beteiligten Erwachsenen aber noch eine Menge zu tun. Noch wissen viele der 6850 Jugendlichen in der Stadt überhaupt nichts von dem Parlament. Es muss in Schulen, aber auch in Jugendzentren und in Vereinen thematisiert werden.

Sollte es keine effektive Vorarbeit geben, droht das Projekt von Anfang an zum Planspiel einer kleinen, nicht repräsentativen Gruppe zu werden. Und dafür ist die ganze Aktion zu schade, zu aufwendig und einfach viel zu teuer.

sl.gombert@volksfreund.de

Drei Fragen an ... Julia Begass vom Morbacher Jugendparlament

Julia Begass (21) ist Vorsitzende des Morbacher Jugendparlaments. Sie engagiert sich außerdem im rheinland-pfälzischen Dachverband der Jugendvertretungen.

Dort steht zurzeit eine Aktion gegen Rechtsradikalismus auf dem Programm.

Frau Begass, womit beschäftigt sich das Morbacher Jugendparlament momentan?

Julia Begass: Wir treffen uns zurzeit etwa einmal im Monat in einem Raum der Gemeinde. Wir versuchen momentan zu erreichen, dass wir einen Jugendpfleger bekommen, der Aktivitäten für Kinder und Jugendliche plant. Das ist uns vor zwei Jahren schon einmal gelungen. Das war für die Jugendlichen in Morbach ein großer Erfolg.

Was ist Ihrer Meinung nach die Voraussetzung dafür, dass ein Jugendparlament erfolgreich arbeiten kann?

Begass: Besonders wichtig ist, dass die Einrichtung des Jugendparlaments nicht nur eine politische Strategie der Parteien ist. Die Gemeinde muss ein wirkliches Interesse an einer funktionierenden Jugendvertretung haben. Die jungen Leute müssen ernst genommen werden. Gerade in der Anfangsphase ist es wichtig, dass die Jugendlichen viel Unterstützung bekommen.

Und welche Voraussetzungen müssen die Mitglieder des Jugendparlaments mitbringen?

Begass: Jede Jugendvertretung braucht vor allem viele gute Ideen! Und natürlich eine Menge Leute, die diese Ideen unterstützen. Man muss die Fähigkeit haben, sich mit einer sehr bunt gemischten Truppe, die sich aus verschiedenen Freundeskreisen und ganz unterschiedlichen Altersklassen zusammensetzt, sachlich über Themen unterhalten zu können. (slg)

22 Vertreter für 6850 Jugendliche

Noch gibt es keine Vertretung für die Trierer Jugendlichen. Doch über die wichtigsten Eckpunkte des neuen Gremiums hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung abgestimmt:

Das Gremium soll sich aus 22 Trierern im Alter von zehn bis 17 Jahren zusammensetzen.Die Amtszeit wird zwei Jahre betragen. Wahlberechtigt sind alle Trie rer Jugendliche - egal welcher Nationalität sie angehören. Zurzeit sind das rund 6850

Die Jugendvertretung soll die städtischen Gremien in allen jugendrelevanten Themen beraten. Außerdem sollen die Jugendlichen jeweils einen beratenden Sitz im Jugendhilfeausschuss und im Schulträgerausschuss bekommen.

Die Stadt Trier wird, um das Jugendparlament zu betreuen, eine Geschäftsstelle für rund 20 000 Euro pro Jahr einrichten. Diese wird beim Verein Mobile Spielaktion angesiedelt. Die Jugendvertretung selbst soll ein Budget von 5000 Euro jährlich bekommen.

Die Wahl zum Jugendparlament findet aller Voraussicht nach im November statt. Für diese Wahl stellt die Stadt eine Summe von 10 000 Euro zur Verfügung. Es wird in zwei Altersgruppen (zehn bis 13 Jahre und 14 bis 17 Jahre) gewählt. Wahllokale wird es in den weiterführenden Schulen und an mindestens einer weiteren, öffentlichen Stelle geben.

Der Stadtrat will beobachten, wie die Wahlbeteiligung ist ob und das Jugendparlament generell von den Jugendlichen der Stadt angenommen wird. (slg)

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