Nazi-Vergleich Staatsanwaltschaft prüft nach Corona-Demo in Trier umstrittenes Plakat

Trier · Nachdem eine Frau am Rand einer Corona-Demo in Trier am Samstag ein Plakat gezeigt hat, dass als antisemitisch kritisiert wird, ist unklar, ob der Inhalt strafbar ist. Woran das liegt.

Trier: Nach Corona-Demo prüft Staatsanwaltschaft provokantes Plakat
Foto: TV/Christiane Wolff

Die Demonstration gegen die Impfplicht, 2G-plus-Regelungen und andere am Samstag in Trier verlief friedlich. Allerdings hielt eine Frau, die hinter der Rednerfläche außerhalb der Absperrung für die Demo stand, ein als antisemitisch kritisiertes Plakat hoch. Darauf stand der Satz „Werden ungeimpfte bald vergast?“ Einig sind sich die meisten darin, dass die Frage den Holocaust – den millionenfachen Mord an Juden im Dritten Reich – verharmlost. Allerdings wurde bisher noch kein Strafverfahren eingeleitet.

Der Staatsanwaltschaft ist der Sachverhalt laut dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Trier, Peter Fritzen, bekannt. „Wegen des Plakats hat eine Privatperson Strafanzeige erstattet“, sagt er. Die Staatsanwaltschaft werde den angezeigten Sachverhalt rechtlich und tatsächlich daraufhin prüfen, ob eine Strafbarkeit in Betracht kommt. „Dies kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen“, sagt er.

Geprüft wird nun ob es sich bei der Frage auf dem Plakat um eine Volksverhetzung handelt. Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird laut Paragraf 130 im Strafgesetzbuch bestraft, „wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung (...) in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.“

Allerdings muss die Justiz in diesem Fall mehrere Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen, unter anderem vom 3. August 2018 (Aktenzeichen 1 BvR 2083/15). Eine Verurteilung wegen Volksverhetzung komme „nur bei Äußerungen in Betracht, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu gefährden“, betont das höchste deutsche Gericht da. Bei einer Verharmlosung müsse die Gefährdung des öffentlichen Friedens eigens festgestellt werden, bei einer Leugnung oder Billigung nicht.

„Die mögliche Konfrontation mit beunruhigenden Meinungen, auch wenn sie in ihrer gedanklichen Konsequenz gefährlich und selbst wenn sie auf eine prinzipielle Umwälzung der geltenden Ordnung gerichtet sind, gehört zum freiheitlichen Staat“, erläutert das BVerfG. „Eine Verharmlosung des Nationalsozialismus als Ideologie oder eine anstößige Geschichtsinterpretation dieser Zeit allein begründen eine Strafbarkeit nicht.“

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