Stadt am ruhmreichen Strom, angenehme Gegend oder Pfaffennest

Trier · Zahlreiche Autoren, Dichter und Musiker haben sich zu Trier und der Mosel geäußert, mal mehr, mal weniger lobend. Hier eine Auswahl.

Trier. "Man geht nicht ungestraft nach Trier. Man geht nach Trier und macht sich lächerlich." Thomas Bernhards giftige Feststellung, die er seinem "Weltverbesserer" in den Mund legt, dürfte literarisch das vernichtendste Urteil über die Moselmetropole sein. Vor 2000 Jahren sah man das noch anders. Wie froh war Ausonius, als er endlich die von "Geäst verwachsene Wirrnis" des Hunsrücks hinter sich hatte und das wehrhafte Kastel von Neumagen auftauchte. Jetzt war es nicht mehr weit nach Trier, den "Mauern der Kaiserstadt würdig". Und erst die Aussicht auf die Mosel: "Gruß dir mein Strom, den die Auen rühmen, die Siedler preisen", rief er entzückt.
Unverdorbene Natürlichkeit



Dass der Prinzenerzieher am kaiserlichen Hof der Augusta Treverorum seine Reise von Bingen über den Hunsrück den Fluss entlang in seinem berühmten Preislied "Mosella" in Versform fasste, hatte seine Gründe. Für den Spätrömer waren der Fluss und seine Landschaft mit ihrer - wie Ausonius fand - unverdorbenen Natürlichkeit der ideale Gegenentwurf zur verweichlichten römischen Zivilisation.
Unerfreulicher ließ sich die Moselbeziehung 200 Jahre nach Ausonius für seinen Dichterkollegen Venantius Fortunatus an. Auf seiner ersten Moselreise stahl ihm ein Koch sein Boot. Dafür verlief - glaubt man seinem Bericht "De navigio suo" - seine zweite Moselfahrt mit dem merowingischen König Childebert II. störungsfrei. Ohne missliebige Zwischenfälle erreichte die Gesellschaft Trier, "vornehm und von Vornehmen in gleicher Weise die Hauptstadt".
Trier und die Mosel blieben auch nach der Antike ein ergiebiges Thema für Schriftsteller, Dichter und Musiker. Mit ihren "Gesta Treverorum" erstellten die Mönche von St. Matthias seit dem Mittelalter bis 1794 eine bunte Mischung aus Heiligenlegenden, Sagen und Geschichtsschreibung. Über 40 Jahre später gab Johann Hugo Wyttenbach, Goethes Stadtführer in Trier, die Sammlung als dreibändiges Werk heraus. Der Dichterfürst hatte bei seinen beiden Besuchen 1792 einen eher zwiespältigen Eindruck von der Römerstadt. Großartig fand er - wie er sich 30 Jahre später in der "Campagne in Frankreich" erinnert - die Igeler Säule, was er mit König Friedrich Wilhelm IV, dessen Stararchitekten Karl Friedrich Schinkel und Victor Hugo gemein hat. Gleichermaßen beeindruckt äußert er sich über die Ruinen des Amphitheaters wie die Übermacht der Kirchen und Klöster. Letzteres hatte sich seinerzeit vor Ort anders gelesen. "Ich bin hier in einem alten Pfaffennest, das in einer angenehmen Gegend liegt", hatte der Weimarer aus Trier nach Hause geschrieben.
Ein früher Moseltourist und ein glühender preußischer Patriot war Adam Storck. In seinem Reisebericht "Die Mosel" von 1817 setzt der Historiker Trier mit Rom gleich. Arg schwülstig verewigte Stefan George in seinem Gedicht "Porta Nigra" die alte Kaiserstadt. Wenig rühmlich fand die Gegend der Trierer Karl Marx. Aus seiner "Empörung über die Not der Moselwinzer" machte der Vater des "Kapital" in seinen Schriften keinen Hehl. "Tri-er, Tri-er" summen in neuerer Zeit die Telegrafenmasten in Stefan Andres Kindheitserinnerungen "Der Knabe im Brunnen". Dagegen kommt Hanns-Josef Ortheils kindliche "Moselreise" nur bis kurz vor Trier.
Anderer Art waren die Erlebnisse des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre. 1940 wurde er als Kriegsgefangener nach Trier in das Lager auf dem Petrisberg gebracht. "Matthieus Tagebuch" und sein Briefwechsel mit Simone de Beauvoir vermitteln einen Eindruck von den Verhältnissen dort.
Zum Ausgangspunkt eines verliebten Verwirrspiels wird der Trierer Dom in Rudolf Bindings verfilmter Novelle "Moselfahrt aus Liebeskummer". Auch in der jüngsten Literatur ist das historische Trier präsent, so wie in Josefine Wittenbechers Roman "Tödliche Feuer " oder "Adelheid von Besselich". Und natürlich gibt es auch den ortsspezifischen Trier-Krimi. Nicht zu vergessen die umfangreiche Mundartliteratur, die sogar einen "Trierer Struwelpidder" hervorgebracht hat. Zu ihren Hauptvertretern zählen Cläre Prem, die große alte Dame der Trierer Mundartdichtung, Werner Becker, Addi Merten und die Liedermacher Achim Weinzen und Walter Liederschmitt mit seinem "Om Domstein sei mer romgerötscht" oder seinen (ganz im Sinne von Karl Marx) "Rheinischen Weinbauern".
Eine Hymne für die Mosel



Überhaupt die Mosellieder und die Musik: Auch sie haben in Trier tiefe Wurzeln. Die moselländische Nationalhymne "In weiten deutschen Landen" vertonte der Trie rer Komponist und Domorganist Georg Schmitt, ein wohl in seinen kirchlichen Pflichten eher nachlässiger Amtsinhaber. Zu Schmitts Mosellied hat Joachim Reidenbach Variationen geschrieben.
Eine Liebeserklärung machte der von den Nazis vertriebene jüdische Trierer Autor, Komponist und Heuschreck-Aktivist Louis Scheuer seiner Stadt mit seiner Revue "Mein Trier wie lieb ich dich". Stimmt also doch nicht: Man macht sich in Trier nicht nur lächerlich.
Extra

Zu aller Zeit waren Trier und die Mosel auch ein reizvolles Motiv für Maler. Schier unüberschaubar sind die Darstellungen der Mosellandschaft, ihrer Städte und Dörfer. Eine wahre Flut an Moselbildern produzierte zudem die Druckgrafik mit ihren Möglichkeiten zur Reproduktion, die schon sehr bald im Dienst des Moseltourismus eingesetzt wurde, der ein Ableger des im 19.Jahrhundert einsetzten Rheintourismus war. Das erste Werk, das die Mosel als Reiseziel auch im Ausland populär machte, war die Stahlstichfolge von 1818 "Malerische Reise an der Mosel von Coblenz bis Trier" des Heidelberger Verlags Jakob Engelmann. Der prominenteste malende Moselreisende ist fraglos William Turner (1775-1851). Zweimal - 1824 und 1839 - bereiste er den Fluss. In Trier fertigte er zahlreiche Studien der Mosel vom Ufer in Pallien an, aber auch den umgekehrten Blick hielt er fest. Fast so prominent wie Turner war zu Lebzeiten der beiden Künstler sein Landsmann Clarkson Frederick Stanfield (1793-1867), der zwischen 1829 und 1843 mehrere Male die Mosel besuchte und seine Moselbilder zum ersten Mal 1838 in seinen "Sketches on the Moselle, the Rhine and the Meuse" veröffentlichte. Zu seinen Trierer Motiven gehören neben Pallien der Hauptmarkt und die Kirche von St. Matthias. Auch sein Malersohn George (1828-1878) war ein begeisterter Moselreisender. Zu den wichtigsten Darstellungen Trie rer Motive und der Umgebung zählen zudem die "Malerischen Ansichten der merkwürdigsten Alterthümer und vorzüglicher Naturanlagen im Moselthale bey Trier" des aus Trier stammenden Malers und Grafikers Johann Anton Ramboux (1799-1866). er

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