Stadt Trier will Bettensteuer wieder einführen
Trier · Die Stadt Trier scheut den Aufwand eines Tourismusbeitrags und will stattdessen nur Beherbergungsbetriebe zur Kasse bitten. Hotels, Pensionen und Vermieter von Ferienwohnungen sollen pro privat bedingter Übernachtung einen Anteil an die Stadt zahlen. Dagegen regt sich bereits Widerstand.
Die sogenannte Bettensteuer wird aller Voraussicht nach ein Comeback in Trier feiern. Nach einem Expertenvortrag im Steuerungsausschuss des Stadtrats deutet vieles darauf hin, dass die Abgabe in veränderter Form noch in diesem Jahr eingeführt wird.
Richard Elmenhorst, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Bochum, fasste sein Gutachten zu den verschiedenen Abgabenarten in einem Vortrag zusammen und ging auf Nachfragen ein.
Bettensteuer 1.0 Das Bundesverwaltungsgericht kippte im Juli 2012 die Trierer Kultur- und Tourismusförderabgabe (ein Euro pro Übernachtung), weil die Satzung nicht zwischen privaten und dienstlichen Übernachtungen unterschied. Laut Urteil war das verfassungswidrig.
Tourismusbeitrag Seit einer Gesetzesänderung 2016 dürfen mehr Kommunen einen Fremdenverkehrsbeitrag erheben. Die Einnahmen sind zweckgebunden für touristische Einrichtungen, Veranstaltungen und Werbung. Herangezogen werden alle vom Tourismus irgendwie profitierenden Betriebe, das heißt zum Beispiel auch aus Einzelhandel und Handwerk. Und zwar je nach ihrem Anteil. Elmenhorst schätzt: "In Trier wären das bis zu 6000 Unternehmen - ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Verwaltungsmitarbeiter. Das ist also keine ernsthafte Option."
Gästebeitrag Er wäre zweckgebunden für touristische Einrichtungen und Veranstaltungen (keine Werbung) auszugeben. Zahlen müssten ihn nur Übernachtungsgäste, wobei Geschäftsreisende einen erheblichen Nachlass bekommen müssten. Das Problem: Es müsste ausgerechnet werden, welchen Anteil die Übernachtungsgäste an der Nutzung des touristischen Angebots haben. Denn auch Einwohner Triers und reine Tagesgäste besuchen zum Beispiel ein Konzert oder eine Sehenswürdigkeit, für die Eintritt erhoben wird. "Da müssten Nutzerstatistiken her", folgert Elmenhorst. Auch die bisher genannte Spanne von 3,4 bis 5,7 Millionen Tagestouristen pro Jahr in Trier müsste enger gefasst werden. Der Anwalt schätzt den Anteil der eindeutig privaten Übernachtungsgäste an allen Nutzern auf etwa acht Prozent.
Bettensteuer 2.0 Über die Einnahmen aus einer Beherbergungssteuer, auch Bettensteuer genannt, könnte die Stadt frei verfügen. Zahlen müssten sie Hotels, Pensionen und Vermieter von Ferienwohnungen. Und zwar im Unterschied zur ursprünglichen Bettensteuer nur auf privat bedingte Übernachtungen. Fällig würde ein noch festzulegender Prozentsatz vom Übernachtungsentgelt. "Pauschal einen bestimmten Eurobetrag zu erheben, wäre rechtlich angreifbar", erklärt Elmenhorst im Gespräch mit dem TV. Im Ausschuss empfahl er, sich im ersten Schritt auf eine Bettensteuer zu konzentrieren (mit befristeter Satzung). Bei Bedarf könnte die Verwaltung dann die nötigen Berechnungen als Grundlage für die Umstellung auf einen Gästebeitrag machen.
Fraktionen Thomas Albrecht (CDU) erzählte von eigenen Reisen, bei denen er pro Übernachtung einen Zusatzbeitrag gezahlt habe: "Warum funktioniert das dort?" Richard Elmenhorst stellte klar, dass Kurtaxen mancher Städte eine mehr als 100-jährige Tradition hätten: "Ein Problem gibt es dann, wenn eine Stadt so etwas neu einführen will." Hermann Kleber (UBT) wünschte sich eine klare rechtliche Grundlage. Matthias Koster (Die Linke), Sven Teuber (SPD) und Reiner Marz (Grüne) signalisierten Zustimmung für eine Bettensteuer. Tobias Schneider (FDP) erklärte seine Ablehnung auf Nachfrage des TV: Die Ratsmehrheit habe einen Haushalt mit zweifelhaften Investitionsprojekten aus politischen Interessen beschlossen. "Deshalb Bürger oder Betriebe wie in diesem Fall die Hotelbranche zu belasten, ist nicht in Ordnung", sagte Schneider.
Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) kündigte Gespräche mit der Branche an: "Wir werben für eine möglichst große Akzeptanz. Wir könnten im September mit der Beherbergungssteuer starten, aber es kommt dabei auf vier Wochen nicht an."
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband spricht sich auf TV-Anfrage erneut klar gegen die Pläne Triers zur Einführung einer Bettensteuer aus.
Gereon Haumann, Präsident des Dehoga-Landesverbands Rheinland-Pfalz: "Ich halte nichts von den Plänen. Ich bin traurig, enttäuscht und entsetzt. Es ist schade, dass die Stadt unsere Branche so wenig wertschätzt, obwohl wir gegenüber den Gästen Imageträger und Repräsentanten sind. Statt den einfachsten Weg zu suchen, sollte die Stadt ihrer Verantwortung gerecht werden und wenn, dann alle Profiteure des Tourismus heranziehen. Wir hatten freiwillige Abgabe von 100?000 Euro angeboten, wenn auch der Einzelhandel so viel beisteuert und die Stadt Trier ihren Part leistet. Die Stadt Mainz bereitet derzeit eine freiwillige Abgabe vor. Auf die sogenannte Kulturförderabgabe der Stadt Köln sollte sich Trier nicht verlassen, denn dagegen sind Klagen anhängig.
Zum Zeitplan in Trier: Die Hotels haben Jahrespreise für 2017 festgelegt und sind nicht unbegrenzt belastbar. Die Branche kämpft mit Fachkräftemangel und Problemen bei der Unternehmensnachfolge. Für Gespräche steht der Dehoga immer bereit."
Helmut Scheuering, Vorsitzender des Dehoga-Kreisverbands Trier-Saarburg: "Vom Tourismus profitieren sehr viele. Nur Beherbergungsbetriebe heranzuziehen, wäre unfair. Sie machen überall Werbung für Trier und stehen für den guten Ruf der Stadt. Verträge der Hotels mit Busgesellschaften sind teilweise schon für 2018 abgeschlossen. Falls die Hotels die Preissteigerung weitergeben, würde Trier als Reiseziel unattraktiver werden. Gäste könnten auch ins Umland ausweichen, da dort keine Bettensteuer erhoben wird."
Kommentar
Bürokratisches Monstrum
Ein Gespenst geht um in Trier. Nein, damit meine ich nicht Karl Marx. Sondern die wabernde Vision einer neuen Steuer, die die Kassen der Stadt einfach und nachhaltig füllen soll. Davon träumen Kommunalpolitiker seit Jahren - und werden es weiterhin tun.
2012 blamierte sich Trier bundesweit, weil das Bundesverwaltungsgericht die gegen alle Bedenken eingeführte Kultur- und Tourismusförderabgabe der Stadt kippte. Es folgten mehrere trotzige Ankündigungen, etwas in abgewandelter Form einzuführen.
Der jüngste Expertenbericht zeigt: Ein Tourismus- oder Gästebeitrag wäre ein bürokratisches Monstrum, ebenso wenig durchdacht wie die geplante Autobahnmaut für PKW.
Weil die ambitionierte Version nicht funktioniert, peilt die Stadt nun die Schmalspurvariante an: Nur Beherbergungsbetriebe sollen zahlen, das Aufkommen in den allgemeinen Haushalt fließen. Eine Branche wird belastet; der Einzelhandel, andere Tourismus-Profiteure und das Umland bleiben außen vor. Die Einnahmen sind nicht zweckgebunden. Gerecht und schlüssig ist das alles nicht.
Dafür wird eines bestätigt: Wenn es um Einnahmequellen geht, bleiben Staatsorgane, Kommunen und Parteien erfinderisch und hartnäckig. Es wäre schön, wenn sie zumindest einen Teil dieses Eifers für Effizienz, Bürgernähe und sparsames Wirtschaften mit Steuermitteln aufwenden würden. Aber das ist wohl auch nur eine Vision.