Stadt verzichtet auf 700 000 Euro

Trier-West · 700 000 Euro für das Programm "Soziale Stadt" in Trier-West hat die Verwaltung in diesem Jahr nicht abgerufen. Die Planungen seien nicht weit genug fortgeschritten, argumentiert die Stadt.

 Keine Aussicht auf Sanierung: Das Haus Gneisenaustraße 33-37 in Trier-West gammelt seit Jahren vor sich hin. Dennoch hat die Stadt in diesem Jahr Fördergeld nicht abgerufen. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Keine Aussicht auf Sanierung: Das Haus Gneisenaustraße 33-37 in Trier-West gammelt seit Jahren vor sich hin. Dennoch hat die Stadt in diesem Jahr Fördergeld nicht abgerufen. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier-West. Die Fenster zugenagelt oder zerbrochen, der Putz bröckelt seit Jahren: Der marode Eindruck des Hauses Gneisenaustraße 33-37 in Trier-West wird noch durch die benachbarten Gebäude intensiviert. Denn ein paar Meter weiter leuchten Jobcenter und Haus des Jugendrechts, die im August beziehungsweise im Dezember 2012 eröffnet wurden, in strahlendem Weiß.
Doch beim dritten der ehemaligen Kasernenblocks tut sich seit Jahren nichts, obwohl 2010 ein Bewilligungsbescheid für ein Studentenwohnheim vorgelegen hat. "Mittlerweile ist das Studierendenwerk vom Projekt abgesprungen", informiert Horst Erasmy (CDU), Ortsvorsteher von Trier-West/Pallien.
Dennoch scheint die Stadt am Vorhaben "Studierendenwohnheim" festzuhalten. 875 000 Euro stünden dafür aus dem Programm "Soziale Stadt" zur Verfügung, abzüglich der Kosten für das Quartiersmanagement Trier-West, teilt die Stadtverwaltung mit. Das Geld setzt sich zusammen aus 100 000 Euro von 2013, 600 000 Euro aus früheren Bewilligungen sowie dem ergänzenden städtischen Anteil von 175 000 Euro. Doch es könnten heute knapp 1,6 Millionen Euro sein.
"Mit allergrößtem Entsetzen haben wir erfahren, dass 700 000 Euro für das Soziale-Stadt-Gebiet Trier-West im Jahr 2013 nicht beantragt und daraufhin von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) gestrichen worden sind." Der offene Brief der Mitglieder des Ortsbeirats Trier-West/Pallien und des Runden Tischs, eines Zusammenschlusses aller sozialen Einrichtungen, der Kitas und Schulen im Ortsteil, an Stadtvorstand und Stadtrat kommt gleich im ersten Satz zur Sache. Bei den Mitgliedern sei der Eindruck entstanden, dass dies an ausstehenden Beschlüssen des Stadtvorstands liege.
"Für dieses Jahr hätten bis zu 800 000 Euro für Trier-West zur Verfügung gestanden", bestätigt Dieter Jacobs vom Presseamt. "Hierzu hätte Anfang April eine Kosten- und Finanzierungsübersicht einschließlich einer Darstellung der konkreten umsetzungsreifen Maßnahmen vorliegen müssen."
Dies ist jedoch nicht geschehen. Denn laut Verwaltung haben die für das Programm "Soziale Stadt Trier-West" anstehenden Maßnahmen "noch nicht die notwendige Planungsreife". Deshalb beantragte die Verwaltung lediglich eine Zuwendung in Höhe von 100 000 Euro. Damit könne einerseits das Quartiersmanagement finanziert, andererseits die notwendige Gesamtplanung fortgeführt werden.
Dem widerspricht Erasmy: Es sei möglich, auch Projekte zu benennen, die noch nicht den Planungsstand für einen sofortigen Beginn hätten, und Mittel dafür vorab zu beantragen. Zudem lägen abgestimmte Pläne für die Umgestaltung des Gneisenauberings vor. "Aber wenn man nichts macht, streicht die ADD die Mittel wieder ein."
Die Verfasser des offenen Briefs bemängeln zudem, dass diverse Planungen, die teilweise zusammen mit Bürgern erstellt wurden, zum Beschluss ausstehen.
Bereits im November 2011 hat der Runde Tisch in einem ersten Brief die stagnierende Entwicklung auf dem Gebiet der ehemaligen Kaserne bemängelt. Damals versicherten Bürgermeisterin Angelika Birk und Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani: ".., dass in den letzten Monaten die Gesamtplanung für den Gneisenaubering und die Detailplanung von damit verbundenen Einzelmaßnahmen vorangetrieben worden sind".
Realisiert wurde bislang jedoch nur die Sanierung der beiden Gebäude in der Gneisenaustraße. "Die Wünsche der Bewohner, wie im Integrierten Handlungskonzept beschrieben, wurden bislang nicht berücksichtigt", beklagen die Unterzeichner des offenen Briefs, "geschweige denn umgesetzt."Meinung

Lückenlose Aufklärung
Die Selbstverständlichkeit und (Fahr)Lässigkeit, mit der die Stadtverwaltung den Brandbrief aus Trier-West einfach abtut, hinterlässt einen denkbar schlechten Eindruck. Wie zuvor schon Ende April auf Anfrage der Stadtratsfraktion Die Linke bestätigt die Verwaltung das gravierende Versäumnis, einen möglichen Zuschuss von 700 000 Euro nicht abgerufen zu haben. Kein Wort dazu, warum die nötige "Planungsreife" für einen entsprechenden Antrag nicht erreicht war. Kein Wort dazu, wer das zu verantworten hat. Kein Wort dazu, wie die Verwaltung eine solche Pleite in Zukunft zu verhindern gedenkt. Solche Fälle drohen auch in Zukunft! Speziell Trier-West hat wahrlich jeden Euro dringend nötig, der dabei hilft, seine bauliche und soziale Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Auch wenn ein Leuchtturmprojekt wie das Haus des Jugendrechts Mut macht, gibt es im Stadtteil noch unheimlich viel zu tun. Der im Rathaus stolz präsentierte Masterplan zeigt die Potenziale, allein die Umsetzung lässt auf sich warten. Eine solche Panne wie das verpasste Fördergeld aus dem Programm Soziale Stadt muss lückenlos aufgeklärt werden und Konsequenzen haben. Unter anderem müsste ein Frühwarnsystem eingerichtet werden, das rechtzeitig Alarm schlägt, wenn Fristen abzulaufen drohen, damit die Verantwortlichen nachhaken und notwendige Voraussetzungen schaffen können. m.hormes@volksfreund.deExtra

Das Städtebauförderungsprogramm "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt" haben Bund und Länder im Jahr 1999 aufgelegt. Ziel ist es, die Lebensbedingungen in benachteiligten Stadtteilen umfassend zu verbessern. 2012 wurde es weiterentwickelt. Waren zuvor auch Investitionen in soziale Aktivitäten und Infrastruktur sowie die Stärkung der lokalen Wirtschaft möglich, stehen seitdem ausschließlich städtebauliche Maßnahmen in Wohnumfeld, Infrastruktur und Qualität des Wohnens im Vordergrund. Die Stadt Trier ist mit drei Gebieten beteiligt: Trier-Nord (seit 2001) auf einem Gebiet von 62,15 Hektar und mit 3300 Einwohnern, Trier-Ehrang (seit 1999, 13,35 Hektar, 1300 Einwohner) und seit 2003 Trier-West. Das 36,62 Hektar große Gebiet mit 3300 Einwohnern reicht von der Markusstraße bis zur Bezirkssportanlage Trier-West. Bis einschließlich 2012 wurden in Rheinland-Pfalz 42 Millionen Euro in 41 Maßnahmen investiert. In diesem Jahr erhält Trier insgesamt 1,15 Millionen Euro: 550 000 Euro fließen in das Fördergebiet Trier-Nord/Beutelweg, 500 000 Euro nach Trier-Ehrang und bis zu 100 000 Euro nach Trier-West. mehi

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort