STADTGESPRÄCH

Déjà-vu-Erlebnis heißt das seltsame Gefühl, etwas Gegenwärtiges schon einmal gesehen zu haben. So geschehen kürzlich bei einem Mitarbeiter des Kommunalen Vollzugsdienstes Trier, der eine Tagung in Koblenz besuchte.

Dabei ging es unter anderem um "Betteln". Bei einem Rundgang durch die Fußgängerzone traf der Mann aus Trier "alte Bekannte": Strategisch clever über diverse Standorte verteilte, erbarmungswürdig dreinschauende Menschen, die kniend und schweigend um milde Gaben bitten. Just diese Gruppe hatte er tags zuvor in Trier gesehen; selbst die Geldsammel-Pappbecher seien dieselben gewesen. Diese Begegnung bestätigt das, was mancher Mitbürger ohnehin schon immer ahnte und deshalb weder Herz noch Geldbeutel öffnet: So schlecht kann's diesen Leuten gar nicht gehen. Immerhin können sie sich organisierte Gruppenreisen leisten und kommen ganz schön rum in schönen deutschen Städten. Und morgens vor 9 Uhr, wenn sie im Kollektiv in Fußgängerzonen aufkreuzen, wirken sie ganz entspannt. Der "Habt Mitleid!"-Blick wird erst mit Einnahme der Bitt-Position aktiviert. Bei den "Stumm auf Knien Bittenden" handelt es sich nach Erkenntnissen des Kommunalen Vollzugsdienstes um slowakische Staatsangehörige, die sich mit Touristen-Visa in Deutschland auf- und sich keineswegs illegal verhalten. Betteln ist seit 1976 kein Straftatbestand mehr; so lange Passanten weder aggressiv bedrängt noch angefasst werden, verläuft alles im juristisch grünen Bereich. Dennoch gibt es Bestrebungen, dieser Abart des organisierten Städtetourismus Einhalt zu gebieten. Vorerst wäre schon damit gedient, wenn der Geiger, den die Slowaken im Schlepptau haben, dazu verdonnert würde, neben seinem immer gleichen "Que sera" noch mindestens zwei weitere Melodien ins Repertoire aufzunehmen.Roland Morgen

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