STADTGESPRÄCH

Schön, wenn einem beim düsteren Winterwetter die Sonne ins Gesicht strahlt. Und sei es nur von einem Aufkleber im Stadtbus. Das hebt die Laune. "Let the sunshine in" steht in Hanfgrün über der sonnenbebrillten Sonne.

Die Liedzeile aus dem 70er-Jahre-Hippi-Musical "Hair" um Auflehnung und Marihuana lässt einen gleich irgendwie locker werden. Yeah! Ein guter Trick der Stadtwerke, um überfüllte Schulbusse und überhöhte Fahrpreise vergessen zu machen. Aber Moment, der weißblaue SWT-Schriftzug ist nirgends auf dem etwa 40 mal 20 Zentimeter großen Aufkleber zu entdecken. Statt dessen glimmt auf dem Werbebanner ein grüner Joint vor sich hin. "Udopea" steht darunter, "Fachgeschäft für Pflanzenbeleuchtung, Karl-Marx-Straße". Hoppla. Ein Spezialgeschäft für Pflanzenbeleuchtung? In Verbindung mit der grinsenden Sonne, dem Hippie-Musical und dem Joint fällt dem geschulten Botaniker oder dem langhaarigen Pennäler dazu nur eins ein: Cannabis. Die Drogen-Pflanzen, deren Liebhaber aus bekannten Gründen auf eine Aufzucht im Freien verzichten müssen, blüht (und entwickelt damit ihre bewusstseinserweiternden Stoffe) nämlich nur, wenn sie mehrere Tage lang exakt 12 Stunden mit einer bestimmten Lux-Stärke bestrahlt wird und 12 Stunden im Dunkeln steht. Eine aufwändige - und bei vielen Cannabis-Sorten streng verbotene - Prozedur. Gut, dass die Stadtbusse darüber informieren, wo man in Trier eine professionelle Ausrüstung kaufen kann, um sich ein paar nervenentspannende Pflänzchen zu züchten. Wäre ja vielleicht ganz praktisch, dann ärgert man sich nicht so leicht über ruckartig anfahrende oder überhaupt nicht fahrende Busse. Und die mitfahrenden Schüler werden auch mal auf andere Ideen gebracht, als immer nur fernzusehen. Christiane Wolff

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