Stadtrat verabschiedet Haushalt 2012

Trier · Triers Schuldenberg wird im nächsten Jahr um 52,6 Millionen auf rund 680 Millionen Euro anwachsen. Dieses Defizit weist der Haushaltsplan 2012 aus, den der Stadtrat am Donnerstag gegen die Stimmen der Grünen und der Linksfraktion verabschiedet hat.

Dass CDU, SPD, FWG und FDP dem städtischen Haushalt zustimmen würden, hatte sich im Vorfeld abgezeichnet (der TV berichtete). Unerwartet war die harsche Kritik, die Oberbürgermeister Klaus Jensen bei der Stadtratssitzung am Donnerstag seitens der Grünen einstecken musste. Petra Kewes warf Jensen mangelnden Sparwillen vor. In seinem Dezernat seien "exorbitante Raummieten" und "Summen für Projekte angesetzt, die unseres Wissens nach bereits abgeschlossen wurden".
Den Vorwurf der Grünen, dass es Kürzungen im Sozialen gäbe, wies der Oberbürgermeister scharf zurück - und das, obwohl er traditionell in die Debatte zur Haushaltsverabschiedung nicht eingreift. Tatsächlich wurde der Haushaltsansatz bei den Pflichtaufgaben im Bereich des Jugendamts und des Amts für Soziales und Wohnen im Vergleich zu 2011 um knapp 800.000 Euro gesenkt. "Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine effektive Kürzung, wir gehen lediglich von geringeren Fallzahlen aus", parierte Oberbürgermeister Jensen die Kritik.
Dass Land und Bund den Kommunen immer mehr Kosten aufbürden und sie so in ein strukturelles Defizit zwingen, bemängelten sämtliche Fraktionsvorsitzende in ihren Reden. Denn selbst wenn alle Ausgaben im sogenannten freiwilligen Bereichen - Kultur, Sport, Straßenerhalt - gestrichen würden, reichten die Einnahmen der Stadt nicht aus, um die gesetzlich vorgegebenen Ausgaben zu decken - zum Beispiel für Feuerwehr, Kindergartenplätze und Sozialleistungen.
Insgesamt gibt Trier 2012 fast 340 Millionen Euro aus. Dem gegenüber stehen Einnahmen von gut 287 Millionen. Die Differenz von rund 52,6 Millionen Euro wird den städtischen Schuldenberg auf rund 680 Millionen Euro anwachsen lassen.Die größten Investitionen

Der fast abgeschlossene Umbau der Kindertagesstätte St. Michael in Mariahof kostet 915.200 Euro. Die Gebäudesanierung der Theodor-Heuss-Hauptschule schlägt mit 1,6 Millionen Euro zu Buche. Das neue Brand- und Katastrophenschutzzentrum der Feuerwehr kostet vier Millionen Euro. Im Theater Trier sind Brandschutzmaßnahmen für 500.000 Euro notwendig. Die Entwicklung der Baugebiete BU.13 und 14 auf der Tarforster Höhe ist mit 2,8 Millionen Euro veranschlagt. Die Umgehungsstraße Ehrang kostet 1,9 Millionen, der Ausbau der Loebstraße 1,6 Millionen Euro.
Der Personaletat steigt um 2,8 Millionen auf 90,6 Millionen Euro. Grund dafür sind Lohnsteigerungen bei Tarifverträgen und die Notwendigkeit, nachträglich Rücklagen für die Pensionen ihrer Ruheständler zu bilden. Die Gesamtausgaben für Kindertagesstätten steigen von gut 25 Millionen Euro in diesem Jahr auf 25,7 Millionen Euro. Durch die Anhebung des Hebesatzes rechnet die Stadt mit Gewerbesteuereinnahmen von 52,5 Millionen Euro, 2011 waren es 49 Millionen. Die Anhebung der Grundsteuer soll ein Plus von 1,5 Millionen auf dann 16,5 Millionen Euro bringen.
Meinung

Gespart und gestritten

Zwei Dinge bei dieser Haushaltsverabschiedung waren bemerkenswert. Einmal die generelle Erkenntnis: Im Haushalt 2012 haben Rat und Verwaltung mit ernsthaften Einsparungen begonnen. Sie haben an Stellen gekürzt und an Einnahmeschrauben gedreht, die den Fraktionen politisch teils richtig weh tun. So stimmten beispielsweise CDU, FDP und FWG nur mit viel Bauchweh der Gewerbesteuererhöhung zu - aber sie taten es eben. Weil sich bei ihnen, und das gilt auch für SPD und Grüne, weniger für die Linke, die Erkenntnis durchgesetzt hat: Es geht kein Weg am schmerzhaften Sparen vorbei. Die meisten Bürger haben das im Übrigen ja längst erkannt.
Und eine zweite Entwicklung war bemerkenswert: Die Grünen, noch vor einem Jahr in trauter Ampel-Runde mit FDP und SPD meist auf Unterstützungskurs für den Stadtvorstand, sind sozusagen auf die Oppositionsbank zurückgekehrt. So jedenfalls hörte sich die heftige Kritik an, die Petra Kewes am Oberbürgermeister und dem Haushalt übte. Das war schon einigermaßen überraschend, schließlich stellen die Grünen ja mit Dezernentin und Bürgermeisterin Angelika Birk selbst das nach dem OB wichtigste Mitglied des Stadtvorstands. Da sind offenbar einige Erwartungen heftig enttäuscht worden.
m.schmitz@volksfreund.de

Das sagen die Fraktionen

Ulrich Dempfle, CDU: "Die Reduzierung des Defizits um zehn Millionen Euro im Vergleich zu 2011 wird im Wesentlichen mit Einnaheerhöhungen und weniger mit Ausgabenreduzierungen erreicht. Die CDU-Fraktion steht zu der unpopulären Notwendigkeit, die Gewerbe- und Grundsteuer zu erhöhen. Wir hoffen, dass die Mehrbelastungen für Grundstücksbesitzer und Unternehmer erträglich sind. Weiteren Erhöhungen werden wir jedoch unsere Zustimmung versagen.
Im Sozialbereich laufen uns die Ausgaben weiterhin davon. Für 2012 erwarten wir von den freien Trägern von Sozial- und Jugendhilfe feste Leistungsvereinbarungen. Insgesamt müssen unsere Einsparbemühungen in allen Bereichen konsequent weitergeführt werden."

Sven Teuber, SPD: "Konsolidierung lebt von Strukturveränderungen, die langfristig wirken und so das Defizit drücken. Hier ist die Verwaltung unter Leitung unseres Oberbürgermeisters auf einem guten Weg - zum Beispiel durch die Zusammenlegung mehrerer Ämter, die ermöglicht, das knappe Personal besser einzusetzen. An uns soll es auch nicht liegen, die Debatte zur Reduzierung im Bereich der Friedhöfe endlich so zu führen, dass es zu einer wirksamen Veränderung kommt. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist ein wichtiger Beitrag, um beim Entschuldungsfonds dabei sein zu können, die Wirtschaftskraft der Unernehmen trägt so erheblich dazu bei, dass wir ein stückweit mehr Handlungsfähigkeit durch geringere Kredit- und Zinslasten bekommen."

Petra Kewes, Grüne: "Die Botschaft dieses Haushalts ist, dass Straßen vor Schulen und Sozialem kommen. Das sind falsche inhaltliche Schwerpunkte, und deshalb lehnen wir ihn ab. Zum Beispiel wurden keine Baumittel für den dritten Bauabschnitt der Integrierten Gesamtschule etatisiert. Das ist ein unverzeihliches Versäumnis, da dadurch die Sicherstellung des pädagogischen Konzepts der IGS gefährdet ist. Stattdessen wurde auf Antrag der CDU eine Million Euro mehr für das Flicken von Straßen eingestellt. Außerdem sind Verschiebungen von Projektkosten in Folgejahre keine Einsparungen, sondern eine Beschönigung der Zahlen. Die im Haushalt prognostizierten Mehreinnahmen für Theater und Museum halten wir zudem für überhöht und unrealistisch."

Christiane Probst, FWG: "Nur, weil wir wegen des Beitritts zum Entschuldungsfonds eng beisammenstehen müssen, stimmt die FWG diesem Haushalt zu. Denn es wären noch viel mehr Einsparungen möglich gewesen, zum Beispiel könnte die jetzige Aulbrücke in Trier-Süd noch über Jahrzehnte Bestand haben und auf den mindestens 3,5 Millionen Euro teuren Neubau verzichtet werden. Erschreckend ist, dass noch überhaupt nicht geklärt ist, welches Angebot unser Theater künftig haben und in welcher Rechtsform es betrieben werden soll. Kein Problem haben wir damit, für Straßensanierungen eine Million Euro mehr in den Haushalt einzustellen. Jeder Euro, der heute investiert wird, erspart das Fünffache eines teuren Ausbaus in nur wenigen Jahren."

Karl-Josef Gilles, FDP: "Trotz aller Vorbehalte, insbesondere mit Blick auf die schön gerechneten Zahlen, stimmt die FDP dem Haushalt zu. Die Anhebung der Gewerbesteuer könnte sich auf Dauer allerdings kontraproduktiv auswirken, mancher Gewerbetreibende wird wohl darüber nachdenken, ob sich nicht doch eine Verlagerung seines Betriebs rechnet. Zudem werden potenzielle Investoren abgeschreckt, sich überhaupt noch in Trier niederzulassen. Langfristig könnte dies sogar zu spürbaren Steuermindereinnahmen führen.
Hinter der Steigerung des Personaletats um 2,8 Millionen Euro verbergen sich nicht nur Lohnanhebungen, sondern auch erhebliche und in den vergangenen Jahren versäumte Rückstellungen für Pensionäre."

Katrin Werner, Die Linke: "Dieser Haushalt ist intransparent, unsozial und undemokratisch. Intransparent ist er, weil er nicht lesbar ist! Wir würden uns freuen, wenn die Stadt die Ausgaben und Kosten verständlicher gestalten würde. Der ausschlaggebende Grund, warum wir dem Etat nicht zustimmen, ist allerdings, dass wieder mal in den Bereichen Soziales und Kultur gespart werden soll. Dabei ist Triers hohe Verschuldung strukturell bedingt, wir zahlen für Aufgaben, die in Mainz und Berlin beschlossen wurden. Undemokratisch ist der Haushalt, weil die Stadt Trier und der Stadtrat überhaupt keine Handlungsfreiheit mehr haben, weil wir ständig in der Angst leben müssen, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde als Landesbehörde den Etat kassiert."

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