„Stadtteile brauchen eigene Citys“

Mit ihrem neuen Einzelhandelskonzept will die Stadt Trier ihre Position als wichtigste Einkaufsstadt in der Region festigen. Nicht überall im Kreis stößt das auf Begeisterung. Schweich, Konz, Saarburg und Hermeskeil setzen viel daran, selbst mehr Kunden anzulocken.

Eine qualitative Stärkung der Innenstadt, die bessere Versorgung der Stadtteile und ein restriktives Vorgehen bei der Ansiedlung großflächiger Geschäfte - das sind die Kernthesen des Entwurfs für das überarbeitete Einzelhandelskonzept in Trier (der TV berichtete).

Die vier existierenden und geplanten Nebenzentren Tarforst, Trier-West, Castelnau und Ehrang sollen deutlich attraktiver werden. Darüber hinaus wird in den Stadtteilen im Wesentlichen nicht mehr als eine Grundversorgung mit den Gütern des täglichen Bedarfs erlaubt.

Das 316 Seiten starke Entwurfspapier ist inzwischen auch beim nach knapp zwei Jahren wiederbelebten Runden Tisch des Einzelhandels vorgestellt worden. Daran Platz nehmen unter anderem Vertreter der Stadt, der City-Initiative, des Einzelhandelsverbandes und der Industrie- und Handelskammer (IHK). Sie alle wurden von der Stadtverwaltung um eine offizielle Stellungnahme gebeten.

Zu wichtig und zu umfangreich ist das Papier, um das innerhalb so kurzer Zeit zu tun. "Wir sind noch nicht so weit", kommt dann auch das Signal von Einzelhandelsverband und IHK. Die City-Initiative, die wichtigste Händlervereinigung in Trier, ist auf TV-Anfrage zumindest bereits zu einer vorsichtigen Einschätzung bereit.
Vorstandsmitglied Sabine Clabbers: "Wir halten die dezentralen Nebenstandorte für sehr wichtig. Auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels brauchen die Stadtteile so etwas wie eine eigene City, in der die Menschen mehr oder weniger alle Dinge des kurzfristigen Bedarfs bekommen." Für Clabbers gehört zu dieser Kategorie zum Beispiel auch ein T-Shirt. "Wenn ich das nicht um die Ecke kaufen kann, kaufe ich es im Internet und fahre deshalb nicht in die Innenstadt."

Der Einzelhandel bedeute Leben in den Stadtteilen. "Eine Konkurrenz für die City ist das nicht. Denn wir stärken das Oberzentrum nicht mit mehr Handel, sondern mit mehr Qualität."

Weniger gelassen blickt man in Konz auf die Bemühungen Triers, wieder verloren gegangene Kaufkraft aus den Mittelzentren anzuziehen. Bürgermeister Karl-Heinz Frieden glaubt, dass den Einzelhändlern seiner Stadt besonders durch das neue Fachmarktzentrum auf dem ehemaligen Kasernengelände Castelnau in Feyen durchaus Kunden verloren gehen. "Wir haben derzeit durchaus Kunden von dort bei uns in der Stadt."
Auch in Schweich rechnet Stadtbürgermeister Otmar Rößler mit einem gewissen Verlust an Kaufkraft, wenn die Menschen aus Ehrang, Pfalzel oder Biewer erst einmal das neue Angebot auf dem ehemaligen Mühlengelände wahrnehmen können. Allerdings strotzt die Stadt Schweich angesichts der Entwicklungen der vergangenen Jahre und 800 Neubürgern im Baugebiet Ermesgraben nur so vor Selbstbewusstsein. "Wir werden nicht dramatisch an Kundschaft verlieren, weil wir gut aufgestellt sind", so Rößler. "Und wir können kostenloses Parken bieten."
Das kann auch die Stadt Hermeskeil, die aber nach wie vor mit den Folgen der Ausweisung großer Einzelhandelsflächen im Stadtteil Abtei zu kämpfen hat. "Wir wissen, dass am Wochenende die Leute zum Einkaufen nach Trier fahren", sagt Stadtbürgermeister Udo Moser. "Aber bei allem Bemühen, in Hermeskeil die Besucherfrequenz und Aufenthaltsqualität zu verbessern: Ein starkes Oberzentrum ist wichtig für die ganze Region."

Der Saarburger Bürgermeister Jürgen Dixius formuliert das nicht so deutlich. Er sieht "sehr große Kaufkraftabflüsse in Richtung Trier". Wobei viele auf dem Weg zur Arbeit auch in Konz-Könen einkaufen würden. "Die Ortsumgehung Könen wird die Stadt Trier für die Menschen aus Saarburg noch schneller erreichbar machen", ist Dixius klar.Meinung


Auf einem guten Weg

Von Rainer Neubert

Trier kann klotzen. Auch wenn die kleineren Städte im Umland sich teilweise positiv entwickelt haben: Das Einkaufserlebnis im Oberzentrum, die Vielfalt der Geschäfte in dieser städtebaulich einmaligen Stadt sind in weitem Umkreis einmalig - wenn die Gäste von auswärts es erst einmal geschafft haben, ohne Nervenverlust ins Zentrum zu kommen. Und wenn sie genügend Kleingeld haben, um direkt ein Parkhaus anzusteuern und auf die mühsame Suche nach einem kostenfreien Parkplatz verzichten.
Mit dem Ausbau der Bitburger Straße ist aus Richtung Eifel vieles besser geworden. Kostenpflichtige Parkplätze tragen auch dazu bei, ein Verkehrschaos durch Parksuchverkehr und wildes Parken zu vermeiden.
Und dennoch: Die anderen Städte haben aufgeholt, nicht nur mit kostenfreien Abstellmöglichkeiten für die Fahrzeuge der Kunden. Überall sind die intensiven Bemühungen zu spüren, die eigene City attraktiver zu machen und Sünden der Vergangenheit bei der Ansiedlung großer Geschäfte am Rande oder gar außerhalb der Stadt nicht zu wiederholen. Einzelhandelskonzepte mit ihren wissenschaftlich fundierten Datenerhebungen und Empfehlungen, vom Land für die Kommunen verordnet, machen es möglich.
Trier geht nun wieder in die Offensive - und stärkt dabei die Versorgung in den Stadtteilen. Ein guter Weg, der auch von den Händlern mitgegangen wird.
r.neubert@volksfreund.de

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