Steine gegen das Vergessen

TRIER. In feierlicher Runde sind der Stadt 14 gespendete Gedenksteine übergeben worden. Die "Stolpersteine" erinnern an Trierer Opfer des Nationalsozialismus.

An viel kann sich Katharina Thömmes nicht mehr erinnern. Etwa zehn Jahre alt ist sie damals gewesen. Damals, als Moses Heimann und Adele, Else, Pauline und Salomon Reinhard noch ihre "ganz normalen" Nachbarn gewesen sind. "Den Moses, den hab ich noch gut im Gedächtnis, wie er immer in der Tür gestanden und gegrüßt hat." Direkt gegenüber dem Haus in der Domänenstraße mit der Nummer 31 hat Katharina Thömmes damals gewohnt. "Eines Tages hieß es dann, wir dürften nicht mehr mit ihnen reden", erzählt die 79-Jährige. Und dann sei die jüdische Familie plötzlich weg gewesen.Über hundert Menschen gedenken der Opfer

Dass ihre fünf Nachbarn damals nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert und in den Konzentrationslagern umgebracht wurden, wusste das kleine Mädchen nicht. Heute ist Katharina Thömmes noch einmal da hingekommen, wo früher das Haus der Familie Reinhard gestanden hat. Es regnet in Strömen. Ein blondes Mädchen trägt ein Gedicht vor. Darüber, wo die Schuld der Unbeteiligten anfängt. "Sich zu erinnern ist äußerst wichtig, auch damit sich Fehler nicht wiederholen", sagt Oberbürgermeister Helmut Schröer. Über hundert Menschen sind gekommen, um der Opfer von damals zu gedenken. Das Wasser läuft ihnen in die Kragen, während sie dem Künstler Gunter Demnig zuschauen. Der Kölner kniet auf dem nassen Asphalt und schlägt vorsichtig fünf Pflastersteine in die Schräge zwischen Bürgersteig und Grünfläche. Demnig ist der Ideengeber des Gedenkprojekts "Stolpersteine". In über 50 deutschen Städten erinnern seine mit Messing überzogenen, gravierten und in Gehwege eingelassenen Steine daran, dass die Opfer des Nationalsozialismus mitten unter uns gewohnt haben. Aber nicht nur aus der Domänenstraße 31, auch aus drei Häusern in der Petrusstraße, aus der Moltkestraße 7 und aus der Göbenstraße 6 wurden Trierer Juden deportiert und umgebracht. 14 Steine, in die ihre Namen und ihre Sterbedaten eingraviert sind, rufen sie an ihren ehemaligen Wohnstätten in Erinnerung. Der Kulturverein Kürenz, die Jüdische Gemeinde Trier und die Stadtverwaltung haben die Aktion unterstützt. Die Stolpersteine sind aus Spenden finanziert. Auch Katharina Thömmes hat die Patenschaft für einen Stein übernommen. "Der für Moses ist von mir", sagt sie.

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