Straßenmusiker nerven Trierer Händler

Trier · Nervige Straßenmusik ist weiter ein Thema in der Trierer City: Jetzt sammelt ein Einzelhändler Unterschriften, damit die Stadt die Einhaltung der Regeln besser prüft.

Peter Zender ist Buchhändler und Buchautor aus der Simeonstraße, liebt seine Stadt über alles und ist eigentlich ein eher ruhiger Zeitgenosse. Nun allerdings hat er die Faxen dicke, und er ist nicht allein. Peter Zender und eine ganze Reihe von Einzelhändlern in der Simeonstraße ärgern sich über nervige Straßenmusikanten in der Trierer City.

Und sie ärgern sich über die Stadt Trier, die ihrer Ansicht nach nicht genug dagegen unternimmt. Dabei habe er nichts gegen Straßenmusiker an sich, die gehörten in eine Stadt wie Trier, sagt Zender. Doch so könne es nicht weitergehen.

Großfamilie löst Ärger aus

Den Ärger ausgelöst hat eine Gruppe osteuropäischer Musiker, die vor eineinhalb Wochen an mehreren Tagen in der City musizierte. Eine Großfamilie offenbar, die einen nachhaltigen Eindruck bei allen hinterlassen hat, die sie erleben durften. Zwei Gitarren, ein Lied, davor ein drei- bis vierjähriges Kind, das rumgetanzt hat. Und mitgesungen. Wobei von Gesang eigentlich niemand spricht, der es gehört hat.

"Die haben wirklich nur geschrien", sagt Eiscafé-Inhaber Ubri Calchera. "Die haben ja keine Musik gemacht, die haben nur Krach gemacht", bestätigt auch Optikerin Vera Bretz. Eigentlich dürfen Straßenmusiker in Trier, so sie denn eine Genehmigung haben, nur jeweils eine Dreiviertelstunde an einem Standort musizieren, dann müssen sie weiterziehen (siehe Extra).

Beschwerden in der Simeonstraße

Das war bei der Großfamilie nicht der Fall. Die wechselte nach ersten Beschwerden in der Simeonstraße lediglich ihren Standort um ein paar Meter, berichten die Händler. "Ich habe sie freundlich gebeten, leiser zu machen. Sie haben mich zwar angelächelt, aber anscheinend nichts verstanden." Und sie "musizierten" weiter.

Also wollte sich Zender, durch TV-Berichterstattung darauf aufmerksam geworden, bei der Stadt beschweren. Sein Anruf beim Ordnungsamt, mit dem er den kommunalen Vollzugsdienst anfordern wollte, blieb erfolglos. Er wurde ans Bauverwaltungsamt verwiesen, das die Genehmigungen für Straßenmusik ausstellt.

Händler rufen Polizei

Dort war aber niemand zu erreichen, sagt Zender und versichert, er habe es mehrfach versucht. Auch Optikerin Vera Bretz bestätigt das. Weil sich Zender nicht anders zu helfen wusste, rief er bei der Polizei an. "Wenn ich nachts zu Hause durch Lärm belästigt werde, kommen die ja auch", habe er sich gedacht.

Aber: Die Polizei erklärte sich für nicht zuständig und verwies Zender ans Ordnungsamt. Bei dem er zuvor ja schon abgeblitzt war.
Nun hat Zender genug. "Was nützen mir der beste Plan und die schönsten Regeln, wenn sich keiner dran hält und es auch keiner kontrolliert?", fragt er.

Ein Brief an die Stadt

Er schreibt nun an einem Brief an die Stadt, in dem er fordern will, dass sich etwas ändert. Die Unterschriften seiner Nachbarn Vera Bretz und Ubri Calchera hat er schon sicher. Und sollte die Großfamilie erneut auftauchen, will er zu anderen Mitteln greifen: "Dann stelle ich den Ghettoblaster raus und halte dagegen", sagt er, schränkt aber gleich ein: "Ich lasse es besser, sonst habe ich \'ne Anzeige am Hals."Meinung

Welche Regeln sind überhaupt sinnvoll?
Typisch Trier, könnte man sagen. Da hat die Stadt mal etwas großstädtisches Flair durch Straßenmusikanten, und dann ist das auch wieder nicht richtig. Um sich darüber ein echtes Urteil erlauben zu können, muss man allerdings wohl mal nicht nur im Vorübergehen, sondern einen ganzen Tag lang von dieser sogenannten Musik beschallt worden sein. Dass sich mancher Einzelhändler aufregt, wird dann etwas verständlicher. Verständlich ist angesichts der reichlich vorhandenen Probleme in der Stadt aber auch, dass die Kontrolle von Straßenmusikanten nicht zu den obersten Prioritäten der Verwaltung gehört. Trotzdem ist es gut, wenn die Stadt sich nun Gedanken darüber macht, wie sie die Lage ändern kann. Denn es ist absurd, vierseitige Genehmigungen mit detaillierten Musizier-Stundenplänen auszustellen, wenn offensichtlich ist, dass sich kaum einer daran hält. CD-Verkauf und CD-Player als Begleitung der Musiker sind schließlich an der Tagesordnung. Zwei Fragen sollte die Stadt deshalb klären: Welchen Regeln sind sinnvoll? Und wie kann mit vertretbarem Aufwand für ihre Einhaltung gesorgt werden? m.schmitz@volksfreund.de
Extra


Die Stadt Trier will sich des Problems annehmen und Verbesserungen für den Einzelhandel erreichen, ohne dabei zu restriktiv vorzugehen. Das sagte Presseamtsleiter Hans-Günther Lanfer auf TV-Anfrage. Grundsätzlich sei das Bauverwaltungsamt zuständig, da hier die Sondernutzungen für den öffentlichen Straßenraum erstellt werden. Dazu gehören auch die Genehmigungen für Straßenmusikanten. Das Bauverwaltungsamt sei in den Dienstzeiten zu erreichen über die Telefonnummern 710-4607 oder 718-4604. Das Ordnungsamt sei zuständig für die Kontrolle oder bei akuten Lärmbeschwerden. Telefonkontakt sei über die Leitstelle des Kommunalen Vollzugsdienstes unter 718-4321 herzustellen. Anfragen oder Beschwerden können auch über die Behördentelefonnummer 115 laufen. mic
Hintergrund


Wer Straßenmusik machen will, bekommt eine vierseitige Sondernutzungsgenehmigung. Dabei wird beispielsweise einem Gitarristen ein Quadratmeter Fläche zur Verfügung gestellt. Er darf von Montag bis Samstag nur an festgelegten Flächen musizieren (siehe Grafik). Zusätzlich bekommt jeder Musiker eine Art Stundenplan für die Woche. Darin steht genau, an welchem Standort er wann musizieren darf. Es gibt nie mehr als sieben Genehmigungen für die Stadt gleichzeitig mit jeweils unterschiedlichen "Stundenplänen", so dass für Abwechslung gesorgt ist, zumindest theoretisch.

Der Stundenplan: Der Dienstag eines Straßenmusikers beispielsweise müsste - laut Genehmigung - so aussehen. Von 10.45 Uhr bis 11.30 Uhr musiziert er in der Simeonstraße, von 11.30 Uhr bis 12.15 Uhr am Hauptmarkt, Ecke Dietrichstraße, von 12.15 Uhr bis 13 Uhr in der Fleischstraße, Höhe Kornmarkt. Zwischen 13 und 16 Uhr ist - zumindest laut der Genehmigung - Straßenmusiker-Mittagspause. Ab 16 Uhr geht es weiter an der Fleischstraße auf Höhe des Heuschreckbrunnens, von 16.45 Uhr bis 17.30 Uhr dann beim Handwerkerbrunnen, von 17.30 Uhr bis 18.15 Uhr in der Brotstraße, Ecke Konstantinstraße und von 18.15 Uhr bis 19 Uhr am Pranger in der Grabenstraße. Dann ist - laut Genehmigung - Straßenmusiker-Feierabend. Am nächsten Tag bleibt die Reihenfolge gleich, er beginnt allerdings am Hauptmarkt. Nach diesem Schema erhalten alle jeweils sieben zugelassenen Musiker Pläne für die Woche.

Die Auflagen: Die Verwendung von "Tonwiedergabegeräten oder Tonverstärkern" ist untersagt, der Verkauf von CDs ebenfalls. Der Standplatz muss sich mindestens drei Meter von Hausgrundstücken entfernt befinden, gleichzeitig sind aber die Fahrtrassen für Lieferverkehr und Rettungsfahrzeuge freizuhalten. Grundsätzlich, teilt Hans-Günther Lanfer von der Stadt mit, werde beim Bauverwaltungamt nun über eine neue Konzeption nachgedacht. So soll bereits ab September die Genehmigungszeit - derzeit vier Wochen - verkürzt werden. mic

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