Streetworker vermutet "Onkel Tom" in Leipzig

Trier · Der 52 Jahre alte Obdachlose Thomas Schmidt ist seit November 2013 verschwunden. Die Polizei sucht weiterhin nach dem Trie rer Original. Viele machen sich große Sorgen um Tom Schmidt - es könnte ihm etwas zugestoßen sein. Streetworker Raimund Ackermann hat jedoch eine völlig andere Theorie.

 Thomas Schmidt (52) vor seiner Hütte. TV-Foto: Gabriela Böhm/Archiv

Thomas Schmidt (52) vor seiner Hütte. TV-Foto: Gabriela Böhm/Archiv

Trier. Onkel Tom - das ist der Spitzname des Mannes, dessen Lebensweise ihn über die Grenzen der Obdachlosenszene hinweg stadtweit bekannt gemacht hat. Angelehnt an den Romanklassiker "Onkel Toms Hütte" von Harriet Beecher Stowe kannte man Schmidt als Onkel Tom, weil er viele Jahre in einem schwer zugänglichen Waldgebiet der Vereinigten Hospitien zwischen Biewer und Pallien in einer eigenen Hütte lebte. Als er diese im November 2013 räumen musste, verschwand er.
Die Polizei sucht seit Mitte April nach Thomas Schmidt. Mehrere Bekannte des Obdachlosen hatten die Beamten eingeschaltet und informiert, dass seit Monaten niemand mehr etwas von Onkel Tom gehört hat (der TV berichtete). Doch die Ermittler haben bisher keine Spur des Vermissten gefunden. Die Polizei suchte am Donnerstag mit acht Spürhunden mehrere Stellen des Waldgebiets ab, in dem Schmidt gelebt hat. Basis der Suchaktion war die Vermutung, der 52-Jährige sei abgestürzt oder verunglückt. Diese schlimmste Vermutung bestätigte sich nicht, die Hunde fanden nichts.
Der Trierer Streetworker Raimund Ackermann ist einer der engsten Vertrauten von Thomas Schmidt. Er hatte ständigen Kontakt zu dem Einsiedler, der ohne jede finanzielle Unterstützung in seiner Hütte mit Kompostklo, einer Felsnische als Dusche und ein paar Solarzellen für die E-Gitarre oberhalb der B 53 im Wald lebte. "Ich kenne ihn sehr gut", sagt Ackermann im Gespräch mit dem TV. "Es hat ihn sehr, sehr hart getroffen, seine Hütte verlassen zu müssen." Die Wut über den Verlust seines Domizils, das Schmidt als autark und idyllisch empfunden hat, könnte zu einer Trotzreaktion geführt haben, vermutet Ackermann. "Ich glaube, dass Tom sich einfach gedacht haben könnte: Ich habe jetzt wirklich genug und haue einfach ab." Und zwar zurück in seine Heimat - nach Leipzig.
Der Streetworker hat sich umgehört. "Eine alte Freundin von Tom, die inzwischen in Berlin lebt, ist ebenfalls überzeugt davon, dass er die Region Trier verlassen hat und nach Leipzig zurückgegangen ist." Da Thomas Schmidt seine Heimatstadt genauso gut kennt wie Trier, wäre es kein Wunder, wenn er sich dort seit Monaten unerkannt aufhalte. "Aber ich hatte seit November keinen direkten Kontakt mit ihm", sagt Ackermann. "Ich bin froh, dass die Suche mit den Polizeihunden nichts ergeben hat, denn natürlich mache auch ich mir Sorgen." Dennoch glaube er nicht, dass Tom Schmidt einen Unfall hatte und irgendwo im Wald liegt.
Die Vereinten Hospitien hatten die Einsiedler auf ihrem Grund jahrelang geduldet. Neben Tom Schmidt lebten dort noch zwei weitere Obdachlose. Doch 2012 forderten die Hospitien die drei Männer erstmals auf, das Gelände zu räumen. Ein geologisches Gutachten habe ergeben, dass die Obdachlosen durch herabfallende Steine gefährdet seien.
"Tom hat wirklich sehr darunter gelitten", berichtet Ackermann. "Er war bis dahin sehr gut drauf und hat sich in seiner Hütte sehr wohlgefühlt." Von einem leichten Schlaganfall im Frühjahr 2013 habe er sich gut erholt.

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