Kommunalpolitik Streit im Trierer Stadtrat um bezahlbaren Wohnraum

Trier · Wie stark muss die Verwaltung regulierend eingreifen? Die Diskussion im Stadtrat um eine Erhöhung der Quote für öffentlich geförderten Wohnraum endet fast mit einem Eklat. Der Oberbürgermeister unterbricht die Sitzung.   

 Der Rohbau der neuen städtischen Sozialwohnungen im Neubaugebiet auf der Tarforster Höhe ist fast fertig. Er ist ein Teil des Konzepts der Stadt für mehr bezahlbaren Wohnraum.

Der Rohbau der neuen städtischen Sozialwohnungen im Neubaugebiet auf der Tarforster Höhe ist fast fertig. Er ist ein Teil des Konzepts der Stadt für mehr bezahlbaren Wohnraum.

Foto: Rainer Neubert/Raine Neubert

In der Stadt Trier gibt es zu wenige Mietwohnungen, die von Menschen mit einem mittleren oder niedrigen Einkommen bezahlt werden können. Über diese Erkenntnis herrscht Konsens im Stadtrat. Einig sind sich alle Fraktionen auch darüber, dass die Sache kompliziert sein kann. „Viele Familien wissen gar nicht, dass sie einen Anspruch auf eine öffentlich geförderte Wohnung haben“, argumentierte Monika Berger (SPD) am Donnerstagabend. Mehr Transparenz und Wissen seien notwendig, deshalb müsse die Verwaltung prüfen, wie ein „Wohnberechtigungsschein-Rechner“ im Internet für die Trierer Bürger bereitgestellt werden könne.

Doch mit diesem Vorschlag und der grundsätzlichen Aussage, dass mehr bezahlbarer Wohnraum in Trier geschaffen werden müsse, endetet an diesem Abend die Einigkeit mit den meisten anderen Fraktionen. Denn die Liberalen in Trier setzen ebenso wie auf Bundesebene grundsätzlich beim Wohnungsthema auf die Selbstregulierung des Marktes. „Die beste Lösung ist mehr privater Wohnraum“, glaubt Tobias Schneider. „Denn dadurch werden Mietwohnungen frei.“

Der Antrag der SPD, bei neuen Bebauungsplänen den Anteil von derzeit 25 Prozent an öffentlich gefördertem Wohnraum (siehe Info) auf 33 Prozent zu erhöhen und auf jegliche Ausnahmeregelung zu verzichten, war Anlass für eine zunehmend emotionale Redeschlacht. So bemängelte Theresia Görgen für die Linksfraktion, der Vorschlag gehe nicht weit genug. „Wir benötigen einen Anteil von mindestens 50 Prozent“, forderte sie in einem eigenen Antrag.

CDU, Grüne, UBT und AfD konzentrierten sich in ihrer Kritik aber vor allem auf die komplexen Vorschläge der SPD. Die seien in dieser Form nicht beschlussfähig. Ebenso wie CDU-Fraktionsvorsitzender Udo Köhler bemängelte Hermann Kleber (UBT) den in sieben Punkte gegliederten Antrag als in wesentlichen Bereichen kontraproduktiv. „Wir lehnen eine solche Gängelung privater Investoren ab.“ Auch AFD-Sprecher Michael Frisch sprach von einer zu starken Belastung der Investoren.

Dominik Heinrich (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von Freude und Verwunderung seiner Fraktion. „Vor drei Jahren hat die SPD eine von den Grünen beantragte Erhöhung der Quote auf 30 Prozent abgelehnt.“ Die Überweisung in die Ausschüsse IV (Bauen) und II (Soziales) sei notwendig, um auch wichtige Hinweise aus dem Änderungsantrag zu prüfen. „Die Verwaltung sollte auch Sachverständige einladen, die uns unabhängig beraten können“, so Heinrich.

Am Ende einer langen Diskussion sollte auf Vermittlung von Oberbürgermeister Wolfram Leibe fast genau dieser Vorschlag mehrheitlich angenommen werden. Doch bis es so weit war, gerieten sachliche Argumente in den Hintergrund angesichts teilweise persönlicher gegenseitiger Angriffe. Als SPD-Fraktionschef Sven Teuber schließlich heftige Kritik an dem nicht anwesenden Baudezernenten

Andreas Ludwig übte, weil der bei dieser für Trier wichtigen Diskussion den Saal verlassen hatte, unterbrach der Oberbürgermeister die Sitzung und bat zunächst die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD und dann die aller Fraktionen zum Gespräch. Ergebnis: CDU, SPD, Grüne, UBT und Linke einigten sich gegen die zwei Stimmen der FDP und bei Enthaltung der AfD auf eine gemeinsame Sitzung der beiden Dezernatsausschüsse unter Vorsitz von Bürgermeisterin Elvira Garbes, um einen mehrheitsfähigen Antrag zu erarbeiten.

Zudem soll es auf Vorschlag von Oberbürgermeister Wolfram Leibe eine Sondersitzung des Stadtrates zum Thema bezahlbarer Wohnraum geben. Unabhängige Experten sollen dazu eingeladen und gehört werden.

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