Streit nicht einfach platt bügeln

TRIER-SÜD. Streitschlichter-Projekte, mit denen gewaltfreie Konfliktlösungen gefunden werden, gibt es vereinzelt in Schulen. In einem Pilotprojekt nahm erstmals ein Trierer Kindergarten an dieser Förderung gewaltfreien Umgangs teil, die Kindertagesstätte Spatzennest. Das Fazit: erfolgreich.

Das Konfliktpotenzial in der Kindertagesstätte (Kita) Spatzennest in der Saarburger Straße 32 ist so alltäglich wie in anderen Einrichtungen dieser Art auch. Kinder streiten sich um ein Spielzeug, oder es gibt Rivalitäten, wer mit wem spielen möchte. Auch ein "Dauer-Schaukler", der andere nicht an das begehrte Spielobjekt lassen will, kann Zoff auslösen. "Diese Situationen wurden bislang meist eingreifend gelöst. Wir bezogen in Einzelkonflikten sehr schnell Positionen", berichtet die Kita-Leiterin Martina Bretz. Zwei ausgebildete Mediatorinnen und Pädagoginnen, Irene Stangl und Doris Böffgen, die zudem Mutter eines Spatzennest-Mädchens ist, hatten die Idee, Mediation (Streitschlichtung) auf Kindergartenebene "herunterzubrechen". Damit startete ein nach ihrem Wissen in der Region einmaliges Pilotprojekt zur Gewaltprävention im Kindergarten, das bereits bei einem anderen Kindergarten auf Interesse stößt. "Wir waren froh, dass das Fortbildungsangebot kam", bestätigt Martina Bretz. Ein Jahr lief das Streitschlichter-Projekt, das die Mediatorinnen ausdrücklich begrifflich "gar nicht so hoch aufhängen wollen". Doch die Ansätze sind ähnlich denen der Mediationen in Schulen. "Wir sind natürlich an Grenzen gestoßen", sagen die Frauen und meinen damit alters- und kommunikationsbedingte Einschränkungen der Probanden. Daher wurden in das Projekt nur Fünf- und Sechsjährige einbezogen.. Dabei kam den Mediatorinnen entgegen, dass die Kita ohnehin demokratische Erziehungsformen pflegt und regelmäßige Konferenzen abhält. Darin üben die Kinder altersübergreifend Gesprächsregeln und Gesprächstechnik - ein Grundgerüst für gewaltfreien Umgang. "Die Einführungs-Seminare zu Projekt-Beginn kamen bei den Erzieherinnen gut an", berichtet Martina Bretz. "Es wurde einigen bewusst, dass sie anders als gewohnt mit Konflikten umgehen können und beispielsweise nicht sofort streitenden Kindern Lösungsvorschläge unterbreiten und über sie hinweg bestimmen." Dabei stellte sich heraus, dass die Kinder durchaus kreative Ideen zu Konfliktlösungen entwickelten, wenn sie selbst dazu mit einbezogen wurden. Manchmal wären andere Kinder als kleine Anwälte aufgetreten. "Pädagogen fühlen sich häufig schnell verantwortlich für einen Konflikt, wollen ihn platt bügeln", meint Böffgen. Doch der Konflikt müsse angenommen, beobachtet und ausgehalten werden, bis auf verschiedene Art eingegriffen werde.Je früher, desto besser

Die Anerkennungs-Praktikantin Carina Mares erarbeitete mit den Kindern das Thema Streit. Mit hölzernen Streitpüppchen, um die Kindern nicht zu belasten, wurden typische Konfliktsituationen und mögliche Lösungen nachgespielt. "Ein paar trauten sich zuerst nicht, andere lachten", erinnert sich Martina Bretz. Bei anderen habe es aber geklappt. Mit der Förderung eines gewaltfreien und fairen Umgangs miteinander könne man nicht früh genug anfangen, sind sich die Pädagoginnen einig. Je früher man mit geeigneten Methoden beginne, die in der Schule weiter geführt werden müssten, desto besser. Wird nun infolge des Streitschlichter-Projekts im Spatzennest weniger gestritten? "Nö", lacht Martina Bretz, "das war ja auch nicht das Ziel. Aber wenn Erwachsenen einiges bewusst wird, ändert sich auch bei Kindern manches." Informationen bei Irene Stangl, Telefon 72086, oder Doris Böffgen (32123).

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