Streit um einen Schulbus

Trier · Ihre Schule ist zu. Doch damit nicht genug: Die ehemaligen Theodor-Heuss-Hauptschüler aus dem Norden müssen selbst regeln, wie sie zu ihrer neuen Schule im Süden kommen. Die Stadt will keinen Bus schicken oder die Fahrkarten zahlen. Wütende Eltern greifen Schuldezernentin Angelika Birk an, die genau das versprochen haben soll.

Trier. Toni Prison ist ein überzeugter Trier-Norder. Seit Jahren kämpft der energische Handwerker gegen den Ruf seines Stadtteils als sozialer Brennpunkt. Vor drei Jahren leitete Prison als Schulelternsprecher der auslaufenden Theodor-Heuss-Hauptschule eine Schülerdemonstration, die einige Minuten lang die Franz-Georg-Straße blockierte.
"Das war wichtig", sagt er heute, auch wenn er und seine Mitstreiter das Ende der Theodor-Heuss-Hauptschule nicht verhindern konnten. Doch aus diesem Ende ergibt sich ein neues Problem, und Prison bekämpft es mit der gewohnten Energie. Die auslaufenden oberen Klassen der jetzt geschlossenen Theodor-Heuss-Schule sind der Nelson Mandela Realschule plus zugeordnet worden. Diese liegt in Trier-Süd, die Distanz beträgt knapp vier Kilometer. Und an diesem "knapp" scheiden sich die Geister.
Denn die Verwaltung bedauert: Die gesetzliche Regelung der Schülerbeförderung sehe vor, dass die Fahrtkosten von Schülern ab der fünften Klasse nur übernommen werden, wenn der kürzeste Fußweg länger als vier Kilometer oder besonders gefährlich ist. Der Schulweg der früheren Theodor-Heuss-Schüler liege aber knapp unter der Vier-Kilometer-Grenze. Das heißt: kein Schulbus, keine Übernahme der Fahrtkosten.
"Das ist ungeheuerlich und inakzeptabel", sagt Toni Prison. "Unsere Kinder werden seit drei Jahren von einem Standort zum nächsten geschoben und hatten nie die Chance, sich richtig einzugewöhnen." Die Verlagerung der oberen Klassen nach Trier-Süd ohne Übernahme der Fahrkosten bringe das Fass zum Überlaufen. "Schuldezernentin Angelika Birk hat uns diese Übernahme während eines Gesprächs im Rathaus verbindlich zugesagt."
Zwei Alternativen, so Prison, habe die Verwaltung den Eltern angekündigt. "Entweder wollte man den Schülern die Fahrt im normalen Linienbus bezahlen oder einen Schulbus schicken, der ab Nells Park nach Trier-Süd fährt." Heute sei davon nichts mehr wahr. "Das lassen wir uns nicht gefallen."
Der TV spricht mit Schuldezernentin Angelika Birk. "Es hat niemals eine Zusage gegeben, einen Bustransport von städtischer Seite zu organisieren", sagt sie. "Wir haben lediglich gesagt, wir prüfen das." Es gelten die allgemeinen Regeln der Schülerbeförderung und die Vier-Kilometer-Grenze. Die Entfernung werde "wie bei jedem Antrag auf eine Schülerfahrkarte" individuell auf dem amtlichen Stadtplan vermessen.
"Ich bedaure das sehr", sagt Birk. "Doch die betroffenen Schüler aus den oberen Klassen sind schon fast junge Erwachsene. Dieser Altersgruppe können wir einen derart langen Schulweg zumuten." Eine freiwillige Übernahme der Fahrtkosten sei unmöglich, "da würde die Kommunalaufsicht sofort einschreiten". Dennoch seien vier Kilometer eine große Distanz. "Ich persönlich halte eine Übernahme der Fahrtkosten ab drei Kilometer für angemessen."Meinung

Der Fehler liegt im Gesetz
Die Distanz, ab der eine Stadt die Kosten für eine Schülerfahrkarte ab der fünften Klasse übernimmt, liegt bei vier Kilometern. So steht es im Schulgesetz, Paragraf 69. Eine starre und strenge Regelung, die weder Ausnahmen zulässt noch Reaktionen auf lokale Besonderheiten erlaubt. Hier liegt der schwere Fehler im System. Vier Kilometer sind keine weite Strecke, wenn man sie über ein schönes und sicheres Radwegenetz oder durch eine ländliche Idylle zurücklegt. Bedauerlicherweise liegen zwischen Trier-Nord und Trier-Süd aber sämtliche Hauptverkehrsströme, Achsen und Knotenpunkte - und auch die Innenstadt. Hier haben die Eltern vollkommen recht: Das ist kein akzeptabler Schulweg. Das Gesetz muss einer Kommune hier individuelle Lösungen erlauben, anstatt vier Kilometer als absoluten Wert in Stein zu meißeln. Dann könnte auch die Schuldezernentin eingreifen und einen Weg finden. j.pistorius@volksfreund.de

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