Streit um Grundstück im Gerberviertel

Trier · Der Stadtrat tritt am Montag zu einer nichtöffentlichen Sondersitzung zusammen. Nur ein Thema steht auf der Tagesordnung: Die Stadt und ein Trierer Unternehmer wollen beide ein Grundstück direkt beim Stadtbad kaufen. Der Bebauungsplan gewährt der Stadt das Vorkaufsrecht, doch der Unternehmer kämpft.

Trier. Oberbürgermeister Klaus Jensen wird am Montag 61 Jahre alt. Der Trierer Verwaltungschef muss den Stadtrat an seinem Geburtstag zusammentrommeln - wesentlich früher als ursprünglich geplant. Die erste Sitzung im neuen Jahr sollte erst am 5. Februar stattfinden, doch ein wichtiges Grundstücksgeschäft duldet keinen Aufschub und erfordert eine außerordentliche Tagung unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Bad soll besser erreichbar sein



Die Fläche, um die sich alles dreht, liegt im ehemaligen Gerberviertel hinter dem Stadtbad. Die Stadt will sie haben, um das Parkplatzangebot zu erweitern und generell "die Erreichbarkeit des Hallenbades und Sauna-Gartens zu optimieren" - so formuliert es Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) auf Anfrage des TV. So weit scheint alles in Ordnung, eine bessere Erreichbarkeit des Stadtbades durch eine Erweiterung der Gerberstraße - das hat die Baudezernentin wohl gemeint - kann auf den ersten Blick keinen Widerspruch provozieren.
Dennoch gibt es einen Konflikt. Ein Trierer Unternehmer aus dem Gerberviertel nutzt die Fläche bereits, mit der die Stadt das Bad attraktiver machen will. Er hat die dort stehenden Hallen gemietet und war sich nach TV-Informationen mit dem Eigentümer auch bereits einig, das Areal zu kaufen - bis die Stadtverwaltung quasi dazwischenfunkte. Der Bebauungsplan (siehe Extra) sorgt dafür, dass sie am längeren Hebel sitzt, auch wenn sie nicht die erste Interessentin war.
Baudezernentin Kaes-Torchiani stellt sich den Fragen des TV. "Die Stadt hat in diesem Fall ein Vorkaufsrecht, das wir auch ausüben wollen." Zwar habe es bereits einen Vertrag zwischen dem Eigentümer der Fläche und dem interessierten Unternehmer gegeben. "Dieser Vertrag musste der Stadt vorgelegt werden, damit sie erklären konnte, ob sie das Vorkaufsrecht ausübt oder nicht." Die Frist für diese Reaktion läuft am 22. Januar ab, deshalb erfordert die Lage die Sondersitzung des Stadtrats am Montag. Das Gremium wird darüber abstimmen, ob die Stadt das Areal kauft.
Klage gegen Bebauungsplan?


Das Vorkaufsrecht der Stadt beruht auf dem geltenden Bebauungsplan. Das Stadtbad liegt in einer Gemeinbedarfsfläche. Hier räumt das Baugesetzbuch öffentlichen Anlagen eine Priorität vor privaten Bauten und Investitionen ein. "Der Eigentümer, der seine Fläche verkaufen will, erleidet dadurch keine Nachteile", sagt Triers Baudezernentin. "Wir zahlen nicht weniger als ein privater Interessent."
Der betroffene Unternehmer will sich mit dieser Lage nicht einfach so abfinden. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen, darum bittet er im Gespräch mit dem TV. Eine inmitten laufender Verhandlungen häufige Reaktion - schließlich hofft man, doch noch eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden, und will diesen Erfolg nicht durch offensive Äußerungen in der Öffentlichkeit gefährden.
Deshalb will der Unternehmer die TV-Information, er wolle gegen den gesamten Bebauungsplan klagen, nicht bestätigen oder dementieren. Seinen Anwalt hat er allerdings eingeschaltet. Noch hat er Hoffnung: "Wir verhandeln weiter und streben nach einer Einigung."Extra

Die zentralen Regelwerke: Über die Bebauungspläne regeln die öffentliche Hand und der Gesetzgeber, wie bestimmte Gebiete gestaltet werden und welche Gebäude und Anlagen auf ihnen errichtet werden dürfen. Reine Wohngebiete, Gewerbegebiete, Mischformen und Gemeinbedarfsflächen werden über den jeweiligen Bebauungsplan definiert. Ein Bebauungsplan regelt dabei nicht nur, welche Gebäudeformen erlaubt und erwünscht sind, sondern legt auch fest, welche Flächen wann und aus welchem Grund frei bleiben sollen. Da ein solcher Plan erhebliche Auswirkungen auf den Wert einer Fläche oder eines Gebäudes hat, macht das Baugesetzbuch strenge Vorgaben bezüglich der Aufstellung. Zur Entstehung eines Bebauungsplans gehört eine Umweltprüfung ebenso wie die ausführliche Beteiligung aller Betroffenen, Nachbargemeinden und generell der allgemeinen Öffentlichkeit. jp

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort