Stromkunden sind sauer

Vor allem ältere Menschen im Raum Trier erhalten zurzeit Anrufe einer Agentur, deren Mitarbeiter wissen wollen, ob man zufrieden sei mit seinem derzeitigen Stromanbieter. Die Anrufer bieten einen Wechsel an. Anschließend werden die Versorgungsverträge der Angerufenen ohne deren Wissen oder Zustimmung gekündigt.

 Stecker raus: Verträge von Stromkunden werden ohne deren Zustimmung gekündigt. Foto: dpa

Stecker raus: Verträge von Stromkunden werden ohne deren Zustimmung gekündigt. Foto: dpa

Trier. "Ich fühlte mich am Telefon völlig überrumpelt", beschreibt eine Kundin der Stadtwerke Trier (SWT) die Situation. Ein Anrufer hatte sie zum Wechsel des Stromanbieters aufgefordert und dazu private Daten bei ihr abgefragt. Sie beantwortete die ihr gestellten Fragen wahrheitsgemäß. Keine 24 Stunden später lag ihre Kündigung bei den Stadtwerken vor. Sie wusste davon nichts.

Fälle dieser Art melden zurzeit sowohl SWT als auch RWE. "Wir hatten in den letzten Tagen zehn Anfragen, aber wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt", erklärt Carsten Grasmück, Pressesprecher der SWT. Rolf Lorig, Pressesprecher der RWE, bestätigt: "Wir haben schon die Erfahrung gemacht, dass sich ein Anrufer sogar als RWE-Anbieter ausgegeben hat."

Auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz meldet mehrere derartige Fälle. Fabian Fehrenbach, Fachberater für Energierecht, weiß jedoch: "Die Anrufer werden behaupten, der Verbraucher habe dem Auftrag am Telefon zugestimmt, also einen Vertrag geschlossen. Verträge bedürfen in Deutschland generell nicht der Schriftform."

SWT-Vertriebsleiter Matthias Sommer dazu: "Wir können aktuell rechtlich nichts gegen diese Vorgehensweise machen, obwohl sogenannte Kaltanrufe in Deutschland gesetzlich verboten sind. Die Anrufer führen unsere Kunden mit falschen Argumenten in die Irre."

Fabian Fehrenbach rät den Kunden, sich die genauen Kontaktdaten des Anrufers und des Unternehmens nennen zu lassen, das hinter dem Anruf steht. "Auf keinen Fall sollte man Daten wie die Bankverbindung preisgeben." Wichtig sei, die Daten des Anrufers an die jeweilige Landeskartellbehörde oder Verbraucherzentrale wegen unzulässiger Werbung weiterzureichen. Matthias Sommer erklärt: "Wer tatsächlich Interesse an einem Wechsel hat, kann sich unverbindlich ein schriftliches Angebot zusenden lassen."

Kann ein solcher Anrufer den Versorgungsvertrag ohne Unterschrift des Kunden einfach kündigen? Carsten Grasmück erklärt: "Aktuell lässt die Gesetzeslage dies zu. Das Versorgungs-Unternehmen benötigt jedoch eine Vollmacht. Wie es diese erhält, ist nicht explizit festgelegt, also gilt auch ein mündlicher Auftrag am Telefon. Das Fernabsatzgesetz soll aber im Laufe dieses Jahres geändert werden, so dass nur noch Vollmachten in Textform gelten."

Was tun, wenn die unerwünschte Kündigung vorliegt? Der Betroffene kann den neuen Vertrag mit dem fremden Stromversorger innerhalb von 14 Tagen widerrufen und die Kündigung bei seinem aktuellen Anbieter zurücknehmen. Die von der Verbraucherzentrale empfohlene Reaktion verrät das unten stehende Extra. Extra Die richtige Reaktion: Rechtlich problematisch wird die Vorgehensweise der Anrufer nicht erst mit der Kündigung des Versorgungsvertrags. Schon der Anruf selbst ist in dieser Form gesetzeswidrig. Paragraf sieben des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb verbietet werbende Anrufe, wenn der Angerufene in keiner Weise sein Einverständnis für den Anruf gegeben hat. Sollte es dennoch dazu kommen: Die Verbraucherzentrale rät, per Einschreiben mit Rückschein an den neuen ungewollten Versorger einen Widerruf des vermeintlichen Auftrags und eine Kündigung des so zustande gekommenen Versorgungsverhältnisses zu schicken. Ein zweites Einschreiben mit Rückschein sollte den bisherigen Energieversorger informieren, dass der Kunde keine Vollmacht zu einer Kündigung gegeben hat und diese somit nicht wirksam ist. (MRA)

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