Stühlerücken bei Trierer CDU

Trier · Die Trierer CDU spielt fleißig weiter Bäumchen wechsel dich: Zur Neuwahl des Kreisvorstands im Juni treten zwei von drei stellvertretenden Vorsitzenden nicht mehr an.

Trier. Als "große Familie" bezeichnet der Chef der Trierer Christdemokraten, Bernhard Kaster, gern seinen Kreisverband. Und tatsächlich hängt - wie in wohl jeder Großfamilie - der Haussegen auch bei der CDU in der Moselstadt manchmal schief.
Denn einfach waren die vergangenen Wochen nicht. Erst schmiss Berti Adams nach der verlorenen Landtagswahl kurzerhand seinen Posten als Fraktionsvorsitzender im Trierer Stadtrat hin. Und als sich Parteivorstand und Fraktion trafen, um Adams\' Nachfolger zu nominieren, lief das Treffen auch nicht so harmonisch ab, wie es sich das gestrenge Familienoberhaupt Kaster wohl vorgestellt hatte. Die Fraktion wehrte sich dagegen, dass der Parteichef den Kandidaten für den Fraktionsvorsitz vorschlagen wollte. Erst ein Blick in die Geschäftsordnung der Partei, in der steht, dass der Kreisvorsitzende dieses Vorschlagsrecht innehat, klärte die Fronten. "Weil wir uns bei der letzten Kommunalwahl die Fraktion sehr verjüngt haben, sind viele mit den Regularien noch nicht so vertraut. Außerdem waren wir uns beim Kandidaten sowieso alle einig - es ging lediglich um das Verfahren", erklärt Kaster.
Rein konstruktiv wurde die Kompetenz- und Machtfrage allerdings offenbar nicht diskutiert: Der sonst so beherrschte Kaster verließ vorzeitig die Versammlung. "Und das nicht aus terminlichen Gründen", verlautet es vielsagend aus CDU-Kreisen.
Auf Kasters Vorschlag wählte die Fraktion schließlich Ulrich Dempfle zum neuen Vorsitzenden der Fraktion und Norbert Freischmidt zu dessen Stellvertreter. Als wenige Tage später jedoch öffentlich wurde, dass die Staatsanwaltschaft gegen den 40-jährigen Gastronomen Freischmidt wegen Hinterziehung von Sozialabgaben im sechsstelligen Bereich ermittelt, legte der frisch gekürte Vize-Vorsitzende seinen Posten auch schon wieder nieder. Dass Freischmidt Kaster vorher nicht über die seit Monaten laufenden Ermittlungen informiert hatte, ließ den Parteivorsitzenden dem Vernehmen nach erneut die sonst so streng aufrechtgehaltene Contenance verlieren.
Jetzt steht die nächste Personaldiskussion an: Am 18. Juni wählt die CDU ihren Kreisvorstand neu. Dass Kaster Vorsitzender bleibt, steht außer Frage. Er hatte das Amt 2007 von Ulrich Holkenbrink nach dessen desaströser Niederlage bei der Trierer Oberbürgermeisterwahl übernommen. Seine beiden Stellvertreter Birgit Falk - die für Freischmidt als stellvertretende Fraktionsvorsitzende nachrückte - und Ulrich Dempfle stehen dagegen nicht mehr zur Verfügung. Die Zusammenarbeit mit Kaster sei stets sehr gut gewesen, betont Dempfle. "Aber es ist die Zeit gekommen, den Vorstand zu verjüngen. Eine Partei darf schließlich nicht vor sich hinaltern", sagt der 51-jährige Notar. "Und außerdem habe ich als Fraktionsvorsitzender auch ausreichend zu tun."
Auch Falk reicht der neue Job in der Fraktion. "Zwei Ämter, in Fraktion und Partei, zu erfüllen neben Familie und Beruf - das erscheint mir nicht möglich", erklärt die 54-jährige Abteilungsleiterin bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Der bisherige Beisitzer Freischmidt tritt wegen der laufenden Ermittlungen ebenfalls nicht mehr an. Der dritte Parteivize im Bunde, Udo Köhler (47), und Schatzmeister Michael Georg Witzel wollen dagegen erneut kandidieren. "Wir werden genügend qualifizierte und engagierte Kandidaten für alle Posten haben", kündigt Kaster mit Blick auf die Vorstandswahlen an. Kasters Zögling, Stadtratsmitglied Jörg Reifenberg, steht allerdings nicht zur Verfügung. "Eine Vorstandskandidatur ist mir beruflich leider nicht möglich", erklärt der 28-jährige Luxemburger Banker. Auch die forsche Beisitzerin Jutta Albrecht, der immer wieder Ambitionen innerhalb der Partei nachgesagt werden, winkt ab: "Im Vorstand engagiere ich mich weiter gern, aber eine Kandidatur als Vize-Vorsitzende schließe ich bis dato aus."
Ob für Falk wieder eine Frau ins Parteipräsidium einzieht, ist offen. Infrage kommen könnten eventuell Elisabeth Grotowski (25) und Julia Eggenkämper (26). Beide hatten als Prinzessin und Königin beim Trierer Weinfest in den vergangenen Jahren nicht nur den Wein, sondern auch die CDU repräsentiert. Interesse, einer von drei stellvertretenden Parteivorsitzenden zu werden, könnte Philipp Bett haben - auch, wenn der 25-jährige Kreischef der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union zu seiner möglichen Kandidatur noch nichts sagen möchte.
Lust auf mehr Verantwortung könnte wohl auch Dirk Louy haben. Der 35-Jährige war Betts Vorgänger als JU-Kreischef und würde als Umweltwissenschaftler auch für die inhaltliche Erneuerung der CDU stehen. Denn neben der Vorstandswahl steht beim Kreisparteitag am 18. Juni ein für die Christdemokraten recht neues Thema auf der Tagesordnung: erneuerbare Energien und Energieeffizienz bei der kommunalen Energiewirtschaft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort