Tag der virtuellen Liebe – ein Selbstversuch Amor per Mausklick beflügeln

Trier · Zum Internationalen Tag der virtuellen Liebe am 24. Juli wagt unsere Autorin, die aus verständlichen Gründen anonym bleiben möchte, einen Selbstversuch und geht im Internet auf Partnersuche. Dabei benötigt sie mehr als einmal guten Rat.

Für viele mag der 24. Juli nur der 205. Tag des gregorianischen Kalenders, der Geburtstag von Margarete Steiff oder der Namenstag ihres Enkels Christoph sein. Für mich ist es in diesem Jahr der Anlass eines ganz besonderen Selbstversuchs: die Suche nach der wahren Liebe im virtuellen Raum.
Vielleicht wird ja der Internationale Tag der virtuellen Liebe  durch ein Treffen mit meinem Traumprinzen auch zu meinem Freudentag?
 Immerhin kenne ich persönlich alleine vier Paare, die sich „online“
kennengelernt haben. So auch meine beste Freundin, die nach diversen „Tindereien“ nun bereits über ein Jahr mit ihrem besten „Match“ liiert und glücklich ist.

Verehrer im Hawaiihemd „Dabei war unser erstes Treffen eine Katastrophe“, erzählt sie mir.
„Er trug allen Ernstes ein Hawaiihemd und Tennissocken in Sandalen. Zur Begrüßung drückte er mir einen Kaktus in die Hand. Hätte er nicht dieses  verteufelt sympathische Grinsen gehabt, ich wäre sofort weggelaufen.“
Trotzdem hat es dann relativ schnell gefunkt bei den beiden – und die Sache mit dem Hawaiihemd klärte sich später auch noch auf ...
Warum sollte das bei mir nicht auch funktionieren?
Denke ich und öffne ziemlich unvorbereitet meinen Browser.

Überforderung durch Überangebot Siebeneinhalb Minuten später fühle ich mich bereits heillos überfordert.
Woher weiß ich denn, welches der zahllosen Angebote von Datingbörse über Partnervermittlung bis hin zu Dating-App für mich das Richtige ist? Ich ziehe den Telefonjoker.
Meine beste Freundin erklärt mir: „Der wichtigste Unterschied ist der, dass du bei einer Dating-Börse dein Profil frei gestaltest und die Profile der Mitglieder selbst durchsuchst. Das ist meist billiger, braucht aber auch mehr Geduld. Bei der Partnervermittlung wird dir anhand eines Algorithmus ein potenzieller Kandidat vorgeschlagen, der zu deinem Fragebogen passt.“ Meine Freundin hat auch gleich einen Tipp parat: „Ich würde dir für den Anfang ‚Tinder‘ vorschlagen. Die App ist kostenlos und ganz leicht zu bedienen.“
Gut. Also „Tinder“. Bevor es losgehen kann, muss ich mich via Facebook anmelden, ein Foto hochladen und die Ortungsdienste aktivieren. Dann erscheint das Bild eines entblößten männlichen Oberkörpers auf meinem Smartphone. Ohne Kopf. Erschrocken wische ich blitzschnell nach rechts. „Nope“.
Hatte meine Freundin nicht von „seriös“ gesprochen? Die nächsten
Vorschläge beruhigen mich. Der sieht doch nett aus – nach links wischen.
Nicht so mein Fall  –  nach rechts. Munter wische ich nach rechts, links, rechts und lege so im „Männerkaufhaus“ die verlockendsten Angebote in meinen „Warenkorb“. Dann heißt es warten, bis einer der Jungs unser „Match“ bestätigt. 
 Und tatsächlich, fünf meiner etwa  27 Auserwählten haben mich auch nach rechts gewischt. Es folgen die Sondierungsgespräche, an deren Ende Kandidat 2 für ein persönliches Treffen übrig bleibt. Er hat nur ein Bild seiner haselnussbraunen Augen eingestellt, was ich originell und spannend finde.

Das erste Date  „Lass dich vom ersten Eindruck nicht abschrecken“, rät mir besagte
Freundin. „Manchmal ist das Äußere auch nur einer albernen Wette unter Männern geschuldet. Dann steckt plötzlich im gruseligsten Outfit der tollste Typ der Welt.“
So sind zwischen der Installation der App bis zum Betreten des Cafés, in dem unser erstes Treffen stattfinden soll, gerade einmal vier Tage vergangen.
Mit patschigen Händen und doppeltem Herzschlag taxiere ich die
eintretenden Gäste. Zu alt, zu weiblich, zu klein, zu ... oh mein Gott.
Zu bekannt, viel zu bekannt, den kenne ich, das ist doch ... schlagartig setzt das Herz aus. Der da zur Tür hereinkommt, der Mann mit den braunen Augen, ist niemand anderes als Paul* (Name geändert), mein Sitznachbar in Klasse 5 und 6.
„So klein ist die virtuelle Welt“, begrüßt er mich lässig.
„Hi, schön, dich mal wieder zu sehen.“
Na klar, er wusste ja, wer ihn erwartet –  habe ich doch brav nicht nur ein Auge, sondern ein adrettes Bewerbungsfoto als Profilbild
hochgeladen. Nachdem der anfängliche Schreck überwunden ist, wird es trotzdem ein sehr netter Abend. Wir plaudern über alte Zeiten und neue Entwicklungen.

Und verabreden uns für den 30. Juli wieder – um gemeinsam den Tag der Freundschaft zu feiern.

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