Tankstellenüberfall: Zeugen widerrufen Aussagen

Trier · Mit Überraschungen hat der Prozess gegen einen 23-jährigen Trie rer wegen des Überfalls auf die Tankstelle in der Trierer Ostallee begonnen. Der Stiefbruder des Angeklagten kennt angeblich den wahren Täter.

Trier. Wer hat am 14. Dezember 2011 um 0.50 Uhr die Kassiererin der Aral-Tankstelle in der Ostallee mit einer Schusswaffe bedroht und 615 Euro erbeutet? Auf diese Frage sind vor der Dritten Großen Strafkammer des Landgerichts Trier verschiedene Antworten zu hören.
Der als Haupttäter angeklagte 23-Jährige schweigt zu dem Tatvorwurf. Nur zu seinem Lebenslauf gibt er bereitwillig Auskunft: mit sieben Jahren ins Heim, mit 16 die erste Jugendfreiheitsstrafe wegen Einbruchsdiebstählen, mit 20 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Im Juni 2011 kommt er auf freien Fuß bis zur erneuten Verhaftung im Januar 2012.
Sein 20-jähriger Stiefbruder verblüfft vor Gericht mit der Behauptung, ein Bekannter habe sich selbst vor Zeugen als Täter geoutet: "Das wissen ganz viele Leute." Bei seiner ersten Vernehmung durch die Polizei war sich der Stiefbruder noch "zu 100 Prozent sicher", auf den Fotos der Überwachungskameras den Angeklagten und einen weiteren Bekannten als seinen Komplizen zu erkennen. Obwohl er diese Aussage unterschrieben hat, will der Stiefbruder inzwischen nichts mehr davon wissen: "Ich habe bei der Polizei gesagt, ich erkenne ihn zu 50 Prozent." Beide Täter trugen beim Überfall schwarze Sturmhauben und Kapuzen, so dass von den Gesichtern nur die Augen zu sehen waren.
Telefongespräch zur Tatzeit


Auch ein zweiter Zeuge weicht vor Gericht stark von seinen ursprünglichen Angaben ab. Der 17-Jährige wurde zeitweise selbst als Mittäter verdächtigt und verhaftet (der TV berichtete), dann jedoch wieder freigelassen. Er sitzt derzeit wegen anderer Delikte in Untersuchungshaft. Laut Vernehmungsprotokoll war er sich "zu 70 bis 80 Prozent" sicher, den Angeklagten auf den Tatortfotos zu erkennen. Zudem habe der Angeklagte einige Tage vor dem Überfall angekündigt, sich eine Waffe zuzulegen. "Das habe ich nie gesagt", behauptet der 17-jährige Zeuge inzwischen. In Wirklichkeit habe er zur Tatzeit lange mit dem Angeklagten telefoniert.
Die damalige Freundin des Angeklagten sagt aus, in der Tatnacht bei ihm übernachtet zu haben. Die Freundin des Stiefbruders bleibt hingegen bei ihrer Aussage, den 23-jährigen Angeklagten und den 17-jährigen Zeugen auf den Fotos zu erkennen.
Der Prozess wird am Dienstag, 12. Juni, fortgesetzt. cus

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