Tauch- statt Taufbecken

TRIER. Das Bistum Essen bietet zurzeit 96 Gotteshäuser zum Verkauf an. Und auch das Bistum Trier muss sich nach der Zusammenlegung von Pfarreien überlegen, was künftig mit leer stehenden Kirchen passiert. Trierer Innenarchitekten zeigen, was daraus werden kann.

Der Trierer Rathaussaal war früher eine. Das Angela-Merici-Gymnasium auch. Und das Pfarrheim in Trier-Pfalzel ist ebenfalls in einer ehemaligen Kirche untergebracht. "Kirchen werden schon seit Längerem für anderes genutzt", sagt der Trierer Bistums-Pressesprecher Hans Casel, "aber künftig werden wohl weitere, auch kommerzielle, Umnutzungen anstehen." Bisher nur eine Kirche verkauft

Dabei ist im Bistum Trier die Situation noch moderat: Eine Kirche - die St.-Josef-Kirche im saarländischen Mettlach - ist bisher verkauft und abgerissen worden, um Platz für Wohnhäuser zu schaffen. Zwei weitere Kirchen außerhalb der Region sollen zum gleichen Zweck verkauft werden. "Weitere Kirchen verkaufen wir derzeit nicht", sagt Bistums-Bau-direktor Christoph Freitag. Anders sieht es in Essen aus: Bischof Felix Genn will sich von 96 seiner rund 350 Kirchen trennen, weil diese nach der Zusammenfassung von Pfarreien nicht mehr genutzt werden. Erste Interessenten gibt es bereits: Ein Beerdigungsinstitut möchte Verabschiedungs- und Aufbahrungsräume einrichten. Eine Kirche soll zu einer Krankenpflegeschule umgebaut werden, in eine andere ein Altenheim einziehen. Auch in Trier werde man sich Gedanken machen müssen, was mit leer stehenden Kirchen passiert, deren Unterhalt nicht mehr zu finanzieren ist, sagt Baudirektor Freitag. Möglich sei prinzipiell alles, was nicht die Würde des Gebäudes störe. Eine offizielle kirchenamtliche Linie gebe es dazu nicht. "Einer Nutzung zu kulturellen Zwecken könnte man wahrscheinlich leichter zustimmen als einem gastronomischen Betrieb", wägt Freitag ab. Allerdings seien die Bauschäden der alten Gemäuer häufig so groß, dass kommerzielle Nutzer gar kein Interesse daran hätten. "Eine Umnutzung muss immer formal und inhaltlich respektvoll gelöst werden", stimmt Franz Putschögl zu. Der Trierer Professor für Baukonstruktion und Entwurf hat seinen Innenarchitektur-Studenten die Diplomaufgabe gestellt, kreative Denkanstöße für die Umwidmung alter Gotteshäuser zu entwickeln. In ihre Kirchenmodelle haben die Studenten Kindertagesstätten, Restaurants oder Weinstuben installiert. Für alles dürften Kirchen allerdings nicht hergegeben werden, sagt Putschögl. "Auf der einen Seite sollten Kirchen möglichst nicht dem Verfall überlassen, auf der anderen Seite aber auch keiner unsensiblen Nutzung übergeben werden", sagt Putschögl. Für die Trierer Welschnonnenkirche hat Jan-Christoph Krug eine Theaterbühne speziell für die Aufführung von Shakespeares blutrünstigem Stück Titus Andronicus entworfen. "Schon im antiken Griechenland gab es Festspiele zu Ehren des Gottes Dyonisos, im Mittelalter waren szenische Dialoge in die Liturgie eingebunden und heute gibt es die Passionsspiele", begründet er die Vereinbarkeit von Kirche und Theater. Seine ungewöhnliche Konstruktion - eine schräge Rampe, aus der die Zuschauer durch einen Schlitz heraus die darauf agierenden Schauspieler beobachten können - könne außerdem rückstandslos wieder entfernt werden. Ein Whirlpool auf den Altarstufen

Für die Zions-Kirche in Berlin- Mitte hat Yvonne Lehnertz eine weit gewagtere Möglichkeit ersonnen: Die Innenarchitektin hat eine Sauna-Landschaft in das gotisch-romanische Gemäuer gesetzt. Moralisch sei das vertretbar, "schließlich ist Kirche immer ein Ort der Begegnung, der Kommunikation, der Ruhe und Entspannung gewesen - diese Momente bleiben erhalten." Außerdem hätten die Römer umgekehrt Thermen zu Kirchen umfunktioniert. Tauchbecken, Duschen, eine Plexiglas-Empfangstheke, Massageräume, mehrere Saunen und ein Whirlpool auf den Altarstufen gehören zu ihrem Konzept. "Bei den Diplomarbeiten stand nicht die Mach- und Finanzierbarkeit im Vordergrund, sondern die Qualität der Raumbebauung. Und die Idee, Denkanstöße für die Zukunft zu geben", betont Putschögl. Die Trierer Innenarchitekten präsentieren ihre Modelle an diesem Samstag, 21. Januar, ab 19 Uhr in der Kirche St. Maximin der interessierten Öffentlichkeit.

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