Thai-Massage statt Prostitution: Bordellvermieter und Stadt spielen Katz und Maus

Trier · Fast 100 Frauen bieten auf einer Trierer Internetseite sexuelle Dienstleistungen an. Und zwar nicht nur in den stadtbekannten Clubs und Bordellen. Ganz viel käuflichen Sex gibt es in Trier in ganz normalen Wohnhäusern - wogegen die Stadt jetzt vorgeht. Die Bordellvermieter ändern daraufhin ihr Geschäftsmodell.

 Umstrittene Nutzung: Das rote Haus Eurener Straße 26 beschäftigt weiter die Behörden. Neuerdings dient es angeblich als Massagestudio. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Umstrittene Nutzung: Das rote Haus Eurener Straße 26 beschäftigt weiter die Behörden. Neuerdings dient es angeblich als Massagestudio. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. Es ist ein einträgliches Geschäft: Mehrere Hundert Euro Miete pro Woche und Ein-Zimmer-Appartement kassieren Vermieter, die ihre Wohnungen nicht an Studenten oder Singles, sondern an Prostituierte vermieten. Erlaubt sind solche bordellartigen Betriebe zumindest in Wohn- und Mischgebieten allerdings nicht. Das hat das Oberverwaltungsgericht Koblenz kürzlich bestätigt.
2011 hatte die Stadt Trier dem Besitzer des Wohnhauses Nummer 26 in der Eurener Straße die Vermietung der Zimmer des Hauses an wechselnde Prostituierte verboten. Besitzer und Vermieter wehrten sich und zogen vor Gericht (der TV berichtete). Im Mai 2013 bestätigte das Trierer Verwaltungsgericht allerdings die Entscheidung der Stadtverwaltung und nun auch das Oberverwaltungsgericht Koblenz, vor dem der Hausbesitzer Berufung eingelegt hatte."Keine Erotik - Kein Sex"


Der Vermieter musste die Zimmervermietung an Prostituierte aufgeben. Zumindest auf dem Papier. "Der Betreiber hat jetzt einen Gewerbeantrag gestellt für den Betrieb eines Massagestudios", seufzt der zuständige Mitarbeiter der Stadtverwaltung. "Tini Thai Massage Studio - Keine Erotik - Kein Sex", heißt es in der Internetwerbung. Denn ein Massagebetrieb ist in Mischgebieten grundsätzlich erlaubt, ein Bordell wegen der laut Oberverwaltungsgericht "milieubedingten Unruhe" nicht. Ob die Frauen in der Eurener Straße 26 allerdings tatsächlich auf Massage umgeschult haben oder die neue Gewerbebezeichnung nur ein Deckmäntelchen ist, will die Stadtverwaltung nun prüfen.
In der Eurener Straße Nr. 40 hat Gerd Weines ein Wohnhaus zum Bordell mit elf Appartements umgebaut. Seinen Antrag auf gewerbliche Vermietung an Prostituierte lehnte die Stadt ab - der Mann vermietete trotzdem an wechselnde Damen. Erst als das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht auch in diesem Fall urteilten, dass die Eurener Straße überwiegend eine Wohnstraße und deshalb Prostitution verboten sei und die Stadt ein Ordnungsgeld in Höhe von 3000 Euro erließ, gab Weines den Betrieb auf.
Geschlagen gibt er sich allerdings nicht: "Die Stadt muss zumindest Wohnungsprostitution dort zulassen", fordert er. Nur vier der elf Appartements will Weines weiter an Prostituierte vermieten. "Damit ist die Ausübung der Prostitution in dem Haus eine untergeordnete Nutzung, und es handelt sich nicht mehr um einen bordellartigen Betrieb", argumentiert Weines' Rechtsanwalt Alfred Bores. Außerdem hätten die Frauen dort ihren Wohnsitz gemeldet und langfristige Mietverträge abgeschlossen. "Damit sind alle rechtlichen Voraussetzungen für Wohnungsprostitution erfüllt", sagt Bores.
Tatsächlich ist Wohnungsprostitution in Wohngebieten erlaubt. Um als Wohnungsprostitution zu gelten, muss laut einer Erläuterung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion allerdings "die Fläche der zur Prostitutionsausübung vorgesehenen Räumlichkeiten nicht mehr als 50 Prozent der Wohn- und Nutzfläche der gesamten Wohneinheit betragen, und in der Wohnung müssen noch rein private Rückzugsmöglichkeiten bestehen, die ein normales Wohnen neben der Prostitutionsnutzung ermöglichen".Alarmknopf für Notfälle


Der zuständige Rathaus-Mitarbeiter erklärt, warum die Stadt auf das Begehren des Vermieters nicht eingeht: "Wir zweifeln an, dass dies für die Frauen in den Kleinst-Appartements in der Eurener Straße 40 zutrifft."
Weines bleibt dabei: "Die Stadtverwaltung kann nicht jedwede Prostitution in Wohnhäusern verbieten. Damit verstärkt sie nur den Betrieb auf dem Straßenstrich - denn die Nachfrage ist ja da." Im Gegensatz zum Straßenstrich gebe es über sein Appartementhaus in der Eurener Straße keine Beschwerden von den Anwohnern. "Außerdem sind bei mir die Frauen sicher - es gibt einen Alarmknopf, der mit meinem Handy verbunden ist. Und sollte ein Freier einer Frau etwas antun, dann sind da weitere Frauen auf dem Flur, die sofort helfen können. Bei der Straßenprostitution ist das nicht so."Extra

Die bordellartigen Betriebe in der Eurener Straße sind nicht die einzigen, gegen die die Stadt vorgeht. Aufgegeben wurden auf Betreiben der Stadtverwaltung bordellartige Betriebe in der Aachener Straße, der Eurener Straße 26 und in der Paulinstraße. Gegen Betriebe in der Bonner Straße, der Dampfschiffstraße und der Markusstraße laufen die Verfahren noch. Gegen andere bordellartige Betriebe in Wohnhäusern, zum Beispiel in der Luxemburger-, der Bollwerk- oder der Karl-Marx-Straße, hat die Stadt noch kein Verfahren eingeleitet. "Wir können nicht gegen alle Betriebe gleichzeitig vorgehen und haben daher mit denen angefangen, die in empfindlicheren Wohnumfeldern liegen", argumentiert das Rathaus. Dass ein Betreiber oder Vermieter einer Nutzungsunterlassung nachkommt, und das Gewerbe an einer Adresse abmeldet, bedeutet allerdings noch lange nicht, dass die Zahl der Prostituierten oder der Bordelle auch tatsächlich zurückgeht: "Teilweise ziehen die Betreiber einfach an eine andere Adresse um - dann geht das ganze Verfahren von vorne los mit Recherche, Anhörungsverfahren und möglicher Nutzungsuntersagung", sagt der zuständige Rathaus-Mitarbeiter. Mehr als ein Jahr kann da bis zur endgültigen Betriebsaufgabe schnell ins Land ziehen. woc

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