Thörnicher Winzer befürchten Frostschäden

Thörnich · Die Stadtwerke Trier planen auf der Höhe zwischen Schweich und Ensch ein Pumpspeicherkraftwerk, um die in der Region erzeugte regenerative Energie effektiver nutzen zu können. Bisher stieß das Projekt fast ausnahmslos auf Zustimmung - doch die Winzer im Weinbauort Thörnich sind besorgt und fordern eine Klärung.

Thörnich. Bedenken und Befürchtungen meldet der 185 Einwohner zählende Weinort Thörnich zu den Pumpspeicherplänen der Stadtwerke Trier (SWT) an. Im Rahmen des laufenden Raumordnungsverfahrens sind alle Städte, Kreise, Verbandsgemeinden und Orte der Region aufgerufen, eine Stellungnahme zu dem Projekt abzugeben und mögliche Bedenken und Einwände zu äußern. Bisher wurde das Projekt von allen kommunalen Gremien "durchgewunken" und für gut befunden. Nicht so unbedenklich findet der Gemeinderat Thörnich die geplante Kraftwerksanlage. Die Kritik der Thörnicher entzündet sich am sogenannten Unterbecken - ein Stausee, der im Kautenbachtal oberhalb von Ensch angelegt werden soll. In ihm sammelt sich das Wasser, das zur Stromerzeugung bei Spitzenbedarf vom 200 Meter höher gelegenen Oberbecken durch die Turbinen fließt. Bei Stromüberschuss wird das Wasser wieder als Energiespeicher aus dem Unterbecken zurück ins Oberbecken gepumpt.
Ortsbürgermeister Hans-Peter Brixius und Ratsmitglied Josef Longen - beide Winzer - befürchten durch den Stausee negative Folgen für die rund 70 Hektar (70 000 Quadratmeter) umfassenden Weinanbauflächen, die sich in Senken und auf flachem Areal rund um die Gemeinde Thörnich erstrecken. Der Stausee im Tal auf der anderen Moselseite würde diesen Flächen direkt gegenüberliegen.
"Im April und Mai beginnen die Reben auszutreiben, und es entsteht ein erhöhtes Frostrisiko, das durch den Stausee noch verstärkt werden könnte", sagt Brixius im Gespräch mit dem TV. Jeder habe in der Schule gelernt, dass kalte Luft schwerer sei als warme Luft und sich deshalb am Boden sammele. Dieser Effekt sei in der Thörnicher Tallage an windstillen Tagen zu beobachten.
Brixius: "Wir haben in so einer Wetterlage einmal den Temperaturunterschied zu Bekond gemessen - da war es bei uns sechs bis sieben Grad kälter als in der Bekonder Höhenlage." Es werde befürchtet, dass bei der Befüllung des Unterbeckens die darin angesammelte Kaltluft herausgedrückt werde und zusätzlich durch das Kautenbachtal auf die Thörnicher Seite und in die dortigen Weinbauflächen ströme. Gerade in der Zeit der Spätfröste (Eisheiligen) reiche eine Temperatursenkung um 0,5 bis ein Grad, um Frostschäden hervorzurufen.
"Wir sind nicht gegen das Pumpspeicherprojekt, aber wir erwarten eine Überprüfung dieser Annahmen, gegebenenfalls durch ein Gutachten", sagt Brixius und fügt hinzu: "Ein Großteil unserer Bevölkerung lebt immer noch vom Weinbau und nicht von dem Pumpspeicherwerk."
SWT-Projektleiter Rudolf Schöller befindet sich im Urlaub und konnte nicht zu dem Problem befragt werden. SWT-Sprecher Carsten Grasmück auf Anfrage: "Die Thematik ist uns bekannt. Die Auswirkungen der geplanten Anlagen auf das Mikroklima und die Luft wurden bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie zum Raumordnungsverfahren geprüft und dargelegt. Wir hatten auch Gespräche mit dem Kreisbauern- und Winzerverband." Eine genaue Überprüfung von möglichen Kaltluftströmen durch die Anlage sei nach Abstimmung mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord im weiteren Verlauf des Verfahrens geplant.
Das Kraftwerk soll rund 300 Megawatt Gesamtleistung bringen. Ober- und Unterbecken haben jeweils ein Speichervolumen von rund sechs Millionen Kubikmeter, was der Größe des Primstal-Stausees bei Nonnweiler entspricht. Der Staudamm im Kautenbachtal wird rund 60 Meter hoch.
Extra

Raumordnungsverfahren: Ende Juni hatten die SWT ihre Vorplanungen, Studien und Gutachten bei der Struktur- und Dienstleistungsdirektion Nord in Koblenz eingereicht. Damit war das Raumordnungsverfahren eröffnet. Bei dem Verfahren handelt es sich um ein gesetzlich vorgeschriebenes Vorgutachten, das die Auswirkungen des Großprojekts auf die Siedlungsstruktur, auf Land- und Forstwirtschaft, den Erholungs- und Fremdenverkehr sowie auf Umwelt- und Naturschutz untersucht. Zum Raumordnungsverfahren gehört eine Bürgerbeteiligung. Dabei können alle Bewohner der vom Projekt betroffenen Region die Planungsunterlagen einsehen und dazu Stellung beziehen. Von dieser Möglichkeit hat der Thörnicher Gemeinderat nun Gebrauch gemacht. f.k.

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