Tierschutz Heftiger Streit um Wildtiere

Trier · Ring frei: Im Café Balduin diskutiert auf Einladung der Grünen ein engagierter Tierschützer mit zwei überzeugten Zirkusleuten. Dabei nimmt niemand ein Blatt vor den Mund.

Hat der Mensch das Recht, wilde Tiere einzufangen, einzusperren und zum Vergnügen eines Publikums  in eine Manege zu zwingen?

Eine ethische Frage, denn das Fangen zu Zirkuszwecken ist längst verboten, die Tiere aus heute aktuellen Dressuren leben seit Generationen in Gefangenschaft. Das Thema löst immer wieder heiße Diskussionen aus — auch in Trier. Bereits drei Mal hat die Ratsmehrheit ein generelles Verbot des Einsatzes von Wildtieren in Zirkusunternehmen, die Trier besuchen, abgelehnt (der TV berichtete). Die generelle Begründung: Nicht die Stadt ist hier zuständig, sondern der Bund.

Die Grünen haben eine Podiumsdiskussion im Café Balduin veranstaltet, in der ein leidenschaftlicher Tierschützer zwei überzeugten Vertretern von Zirkusunternehmen gegenüber saß.

Die Debatte war hart, blieb aber fair. Moderater Peter Hoffmann griff beruhigend ein, wenn es zu heftig wurde. Nur zehn Zuhörer waren dabei.

Andreas Lindig ist der Vorsitzende des Tierschutzbundes Rheinland-Pfalz. Er diskutierte mit jeder Menge Energie. „Wildtiere haben im Zirkus nichts zu suchen“, betonte er. „Da spielt es auch keine Rolle, ob es einzelnen Tieren gut geht oder schlecht. Ein Zirkus kann sich noch so viel Mühe geben, aber er wird es niemals schaffen, ein wildes Tier artgerecht zu halten.“

Oliver Häberle hat laut eigener Aussage den größten Teil seines Berufslebens beim Zirkus verbracht und vertritt seit vielen Jahren den auch in Trier auftretenden Weihnachtszirkus als Pressesprecher. Er brachte ebenso viel Energie und Emotion mit in die Diskussion wie Lindig.

„Für uns ist es wichtig, dass wir Tiere zeigen, die der Zuschauer von einem klassischen Zirkus erwartet“, argumentierte Häberle. „Das Ziel des Zirkusunternehmens muss es sein, die Branche zu kennen und nur Dressuren von Anbietern einzukaufen, die ihre Tiere gut behandeln und trainieren. Die Zuschauer wollen schließlich schöne, gesunde Tiere sehen.“

Der Weihnachtszirkus hat weder Elefanten noch Raubkatzen im Programm, dafür aber Zebras, Pferde und Hunde. Hier setzte Andreas Lindig zum Angriff an. „Zebras brauchen beispielsweise neben einer großen Auslauffläche eine konstante Stalltemperatur von mindestens zehn Grad“, zitierte er. „Ich weiß nicht, wer beim Weihnachtszirkus mit einem Thermometer im Stall steht und die Temperatur misst.“

Hier griff die für den Landkreis Trier-Saarburg aktive Veterinärin Dr. Ute Marx ein, die ebenfalls auf dem Podium saß. „Das Stallzelt muss beheizbar sein, das kontrolliere ich auch.“

Marx vertrat die Ansicht, dass beispielsweise die artgerechte Haltung von Elefanten in einem Zirkus unmöglich ist. „Elefanten haben ein großes Sozialgefüge, das im Zirkus nicht existiert. Deshalb treten viele Verhaltensstörungen auf.“

Marx betonte, dass sie als Veterinärin an das Mittel der Verhältnismäßigkeit gebunden sei. „Wir müssen immer das mildeste Mittel wählen, um Mängel abzustellen. Zuerst wird der Betreiber aufgefordert, selbst dafür zu sorgen.“ Es sei ein Riesenproblem, ein Tier aufgrund schwerer Haltungsmängel zu beschlagnahmen. „Dann stellt sich die Frage, wo bringen wir es hin? Es gibt keine Auffangstationen.“

Marx verwies auf die Rechtslage in Deutschland. Es gibt keine festen Regeln für die Haltung von Wildtieren in Zirkusunternehmen. „Stattdessen gibt es unverbindliche Leitlinien, deren aktuell gültige Fassung aus dem Jahr 1990 stammt.“ Diese Leitlinien liegen deutlich unterhalb der Mindestanforderungen an Zoos. Auch auf EU-Ebene gibt es keine klaren Vorlagen.

Tim Thomsen vertrat in der Trierer Diskussion den Verband deutscher Circusunternehmen (VDCU). Er warf eine provokante These ein: „Es gibt bis heute keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass es einem Tier im Zirkus schlechter geht als im Zoo.“ Die Zuhörer reagierten mit Unruhe. Die Bindung zwischen Trainer und Tier sei eng, „die Tiere gehören in den meisten Fällen seit Generationen zur Familie. Wenn wir eine Tierdarbietung für unser Zirkusunternehmen buchen, besuchen wir den Anbieter unangemeldet und sehen uns sehr genau an, wie er mit den Tieren umgeht.“

Der Streit wird weitergehen. „Es ist unmoralisch, Tiere so zu halten“, sagte Andreas Lindig. „Wir werden nicht eher Ruhe geben und weiterhin Druck auf die Politik ausüben, bis alle Wildtiere aus den Zirkussen verschwunden sind.“ Ute Marx ergänzte: „Ein Verbot auf Stadtebene ist schwer umzusetzen, es gibt hohe rechtliche Hürden. Es gibt allerdings Möglichkeiten, ein Wildtierverbot umzusetzen, wenn man es richtig angeht.“

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