Träumender Esel und listige Elfen

TRIER. Einen "Höhepunkt der kreativen Künste" versprach der Prolog zu Shakespeares "Sommernachtstraum" im Innenhof des Auguste-Viktoria-Gymnasiums. Schüler und Ehemalige zauberten am Samstagabend ein stimmen- und stimmungsvolles Spektakel auf die Open-Air-Bühne.

"Wenn wir missfallen, so ist's mit bestem Willen", sinniert Pyramus inmitten seiner Kollegen über das Schauspiel. Diese Taktik mag bei Werbespots fruchten, die Zuschauer erwarten jedoch etwas anderes und wurden von den Gymnasiasten des AVGs nicht enttäuscht. Beeindruckend, mit welcher Selbstverständlichkeit und Präsenz sie die Bretter betreten und zeigen, dass Klassiker mehr sind als schnöder Schulkanon, der im Unterricht oft stundenlang analysiert wird. Dabei brillieren nicht nur die Hauptdarsteller Puck (Leonie Jaskowski), Oberon (Violetta Mohr), Titania (Jasmina Toh), Hermia (Sarah Birkel) und Pyramus (Matthias Franzen), sondern auch die Nebendarsteller. Elfen, Waldschrate und Kobolde komplettieren die Inszenierung und verleihen ihr die traumhafte Atmosphäre. Ebenfalls traumhaft wirkt die Spielstätte. Das Atrium des AVG-Klosterbaus wirkt in der Abenddämmerung beinahe wie ein verwunschenes Schloss: Hohe Mauern, deren Fenster mit Kerzen illuminiert sind, umschließen das Quadrat aus Kiesboden, aus dem vereinzelt alte Bäume wachsen. Gespenstisch mutet es an, wenn Annette Dewes akzentuiert ihren fluoreszierenden Taktstock schwingt. Das akustische Erlebnis der Mendelssohn Bartholdy-Fassung ist allerdings alles andere als gruselig. Die Geisterstunde rückt näher, die durch Zauber erzwungenen Irrungen der Geschlechter entwirren sich und enden in einer herrlich humorigen Massenhochzeit, die die Bauchmuskeln arg strapaziert. Die Portion Augenzwinkern entspringt vermutlich der Feder von Jürgen O'-Grady-Sommer, der in einem Anfall von Kreativität die zu Grunde liegende Schulfassung des Shakespeare-Stoffes sprachlich komplett überarbeitet hatte. So entstehen herrlich leichte, doppeldeutige Verse ("Ach all die Träumerei ist doch falsche Eselei"), die gut in das aufgelockerte Arrangement passen, in dem Elfen problemlos als haartechnisch hochtoupierter Hühnerhaufen mit Tüten-Textilien bekleidet herumhüpfen. Ein traumhafter Theaterabend, wie die Beifallsstürme des Publikums bewiesen.

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