Erlebnisbericht : Trauriges Ende eines Schultags in Trier
Trier (red) Die Amokfahrt vom Dienstag in der Trierer Fußgängerzone hat auch bei TV-Leserin Aiga Scholz aus Trier tiefe Empfindungen ausgelöst. Sie spricht von „Schock, Wut, Angst“. Vor allem Kindern sei das Geschehene kaum zu vermitteln.
In einem kurzen Text schildert sie die Erlebnisse ihrer Tochter, die als Schülerin einer 5. Klasse am Auguste-Viktoria-Gymnasium (AVG) Trier bange Minuten erlebt hat.
Zudem hat Aiga Scholz ihre Gedanken in einem Gedicht aufgeschrieben (siehe untenstehenden Beitrag).
Am Dienstagmorgen haben wir das erste Törchen des Adventskalenders meiner zehnjährigen Tochter geöffnet. Ein Lichtblick in Zeiten von Corona. Leuchtende Augen – bald ist Weihnachten.
Am Dienstagnachmittag, als ich meine Tochter vor dem Rathaus in Trier abgeholt habe, war das Leuchten in ihren Augen einer Erkenntnis gewichen, die sie von nun an begleitet: Es gibt Situationen, da wird nicht wieder alles gut! Es gibt Dinge, die lassen sich nicht erklären, die muss man aushalten!
Meine Tochter ist Schülerin der fünften Klasse am AVG – mitten in der Stadt. Am Dienstag hatte sie ihren langen Schultag. Ein Schultag voller Sirenengeheul und Hubschrauberrotorengeräuschen.
Kurz vor 15 Uhr klingelte mein Telefon: „Mama, wir dürfen hier nicht raus, es ist was passiert.“ „Was denn ?“ „Corona … nein, hier ist alles durcheinander – Amok!“ „Wo, in der Schule?“ „Nein, da draußen.“
Da draußen! Was das bedeutet, hat sie dann auf dem Weg von der Schule zum Rathaus gesehen. Begleitet vom Vater einer Freundin begegneten den Kindern weinende Menschen, die gestützt werden mussten. Die Kinder konnten Zeugenaussagen von Passanten mithören, das Chaos auf den Straßen spüren. Spüren, aber nicht einordnen.
Am Mittwoch haben wir begonnen, das Erlebte zu verarbeiten. Wie viele Trierer, an der Porta Nigra. Mit Abstand zusammen!
Gedicht:
Lasst uns aufstehen!
Von Aiga Scholz
Lasst uns die Zeit zurückdrehen
Nur 24 Stunden
Lasst uns den Schrecken vergessen
Die Wunden
Lasst uns erwachen aus der Starre
Und trauern
Lasst uns sprechen miteinander
Nicht mauern
Lasst uns verstehen
Was unverständlich ist
Lasst uns weinen
Weil’s das einzig Mögliche ist
Und dann lasst uns aufstehen
Und die Hände halten
Lasst nicht zu, dass wir die Kinder,
die Jungen, die Alten
uns aus dem Herzen reißen lassen
Lasst nicht zu
dass uns Hass und Wut erfassen
Seid füreinander da
In dieser Zeit
Seid füreinander da
Es ist längst soweit!