Trier aus allen Blickwinkeln

Straße für Straße fotografiert der Internet-Dienst Google derzeit in Trier für sein Programm "Street View". Die 360-Grad-Fotos sollen später virtuelle Rundgänge durch Trier ermöglichen. Die Stadtverwaltung erfuhr durch den TV von der Aktion - und will sich jetzt über die Datenschutz-Bestimmungen kundig machen.

 Mit solchen Autos fährt der Internet-Dienst Google derzeit durch Trier, um die Stadt abzufotografieren. Foto: Google

Mit solchen Autos fährt der Internet-Dienst Google derzeit durch Trier, um die Stadt abzufotografieren. Foto: Google

Trier. Ein Rundgang durch die engen Straßen Neapels gefällig? Oder wollen Sie prüfen, ob Ihr Hotel in Paris tatsächlich so aussieht, wie es die Fotos in Ihrem Reisekatalog versprechen? Kein Problem. Mit dem Programm "Street View" des Internet-Dienstes Google können Sie sich per Computer bequem auf eine virtuelle 3-D-Reise begeben. Alles, was am Tag des Fototermins auf den Straßen zu sehen war, kann im Internet bestaunt werden.

Nachdem im vorigen Jahr die ersten deutschen Metropolen von Google abfotografiert wurden, sind die Autos mit den meterhohen Kamera-Aufbauten seit einigen Tagen auch in Trier unterwegs: In Saar- und Hohenzollernstraße, in Ruwer und auch in Heiligkreuzer Nebenstraßen wurden die Opel gesichtet. "Unser Ziel ist es, die Trierer Straßenzüge flächendeckend zu fotografieren", bestätigt Google-Unternehmenssprecher Kay Oberbeck auf TV-Anfrage. Mit konkreten Auskünften - etwa, wie viele Autos unterwegs sind, wann in welcher Straße fotografiert wird und wie viele Bilder aufgenommen werden - hält er sich allerdings zurück. Acht Kameras auf dem Autodach garantieren den Rundumblick, etwa alle zehn Meter werden die Straßen abgelichtet. Im Internet kann man sich dann per Mausklick durch einen zusammenhängenden dreidimensionalen Straßenzug bewegen. In Triers knapp 1000 Straßen dürfte Google dazu mehrere 10 000 Fotos machen. "Wann diese ins Internet gestellt werden, steht noch nicht fest, mindestens dauert es aber noch sechs Monate", erklärt Oberbeck.

Bislang ist noch keine deutsche Stadt bei "Street View" zu sehen. Dass Triers Straßen allerdings über kurz oder lang im Internet zu besichtigen sind, daran hat Oberbeck keinen Zweifel: "Die Datenschützer der Bundesländer haben keine Bedenken mehr gegen das Programm." Google habe alle Bestimmungen zum Schutz der Privatsphäre erfüllt. "Alle Gesichter und Autokennzeichen werden automatisch verfremdet", erklärt Oberbeck. Die Datenschützer haben auch die Unkenntlichmachung von Hausnummern verlangt. "Dabei sind Hausnummern doch gerade dazu da, nach außen zu zeigen, wo man wohnt", hält Oberbeck dagegen.

Wer trotz Verfremdung sich selbst, seine Kinder oder die Ansicht seines Hauses nicht im Internet präsentieren möchte, hat die Möglichkeit, die entsprechenden Fotos per Mail an Google zu melden. "Die Bilder werden dann entfernt", verspricht Oberbeck.

Die Trierer Stadtverwaltung sieht der Sache nicht ganz so entspannt entgegen. "Wir wussten von der Foto-Aktion nichts", erklärt Rathaus-Sprecher Ralf Frühauf. "Aber wir werden prüfen, ob die schutzwürdigen Interessen der Trierer gewahrt werden." Spätestens, wenn Google den inneren Altstadtring fotografieren will, sollte der Kontakt hergestellt sein. Denn ohne Ausnahmegenehmigung der Verwaltung darf selbst Google nicht die Fußgängerzone befahren.

Was halten Sie davon, dass Triers Straßen demnächst detailgetreu im Internet zu besichtigen sind? Schicken Sie uns Ihre Meinung per Mail an: echo@volksfreund.de

Meinung

Erschreckende Systematik

Bald kann also alle Welt gucken, welche Farbe die Gardinen in meinem Wohnzimmer haben. Aber abgesehen von der Frage, wer weiß, dass ich hinter diesen Gardinen wohne: Wer sich für diese interessiert, kann schon jetzt vorbeikommen und sie anschauen, denn meine Adresse steht im Telefonbuch. Zudem stellt "Google Street View" lediglich Bilder ins Netz, die jeder machen und veröffentlichen darf: Denn Häuser zu fotografieren, ist nicht verboten, selbst dann nicht, wenn Autokennzeichen und Personen zu erkennen sind, denn diese gelten bei einer Straßenansicht als "Beiwerk", das viel zitierte "Recht am eigenen Bild" zieht nicht. Was erschreckt, ist die Systematik und Masse der Fotos. Und ja, vielleicht verschaffen sich Einbrecher übers Internet einen ersten Eindruck ihres nächsten Objekts - obwohl "Street View" alleine dafür nicht ausreichen dürfte, kommen Diebe doch in den meisten Fällen nicht durch die vordere Haustür reinspaziert, sondern von der Rückseite her. Bei "Street View" bleibt diese verborgen - bei den Live-Satelliten-Bildern von "Google Earth" nicht. Trotzdem werden diese detaillierten und stets aktualisierten Ansichten aus der Vogelperspektive kaum noch kritisiert - man hat sich an die Überwachung eben gewöhnt. Genauso wird es bei "Street View" bald sein. c.wolff@volksfreund.de

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