Gesellschaft Gratis-Selbstbedienung auf Trierer Hauptfriedhof

Trier · Die letzte Ruhestätte als sozialer Brennpunkt? Der Trierer Hauptfriedhof entwickelt sich offenbar zu einem Schwerpunkt der Blumendiebe.

 Verzweifelter Appell einer Angehörigen, die schon böse Erfahrung gemacht hat.

Verzweifelter Appell einer Angehörigen, die schon böse Erfahrung gemacht hat.

Foto: Friedhelm Knopp

Die Zeiten, als Friedhöfe selbst bei kriminellen Gestalten zu den Tabuzonen zählten, sind vorbei. Wenn Meldungen über Vandalismus an Grabmälern und Grabschmuck für öffentliche Empörungen sorgen, steckt meist jugendlicher Übermut, gepaart mit Alkohol und Drogenkonsum, dahinter.

Dieses Problem gab es und gibt es schon länger auf den Trierer Friedhöfen, wobei es in der Regel aber bei Einzelfällen bleibt – der TV berichtete in der Vergangenheit mehrfach darüber.

Angehörige, die Gräber auf dem Hauptfriedhof an der Herzogenbuscherstraße pflegen, stehen inzwischen allerdings auch vor einem anderen Phänomen: Ihre geschmückten Grabstätten werden zunehmend als Reservoir für Zierpflanzen betrachtet, an dem sich jeder für seinen Balkon- und Gartenbedarf vermeintlich kostenlos „bedienen“ kann.

So geschehen ist es auch einer Triererin, die dort das Grab ihrer Eltern und einer Verwandten pflegt. Die Betroffene möchte nicht genannt werden. Der TV traf sich mit ihr am elterlichen Grab, das in Nähe des Eingangs Herzogenbuscherstraße liegt. Alles wirkt gepflegt mit Buchsbäumchen und grünen Bodendeckern. Doch bis auf zwei Primeln und eine Schale mit Geranien gibt es keine Blühpflanzen. Es gab mal welche, am 7. Mai neu eingesetzt. „Als ich zwei Tage später wieder herkam, war alles weg. Rund 30 frische Pflanzen wurden mir geklaut“, sagt die Betroffene. Anstelle der Blumen klaffen kleine Krater in der Erde. Jemand, der die Pflanzen selbst „gebrauchen“ konnte, hat sie mit den Wurzeln ausgegraben und mitgenommen. Stehen blieben nur zwei alten Primeln und die Schale mit den Geranien. „Früher haben öfter mal einige Teile gefehlt. Aber das ist jetzt neu, und ich habe Anzeige bei der Polizei erstattet“, erklärt sie.

Mehrfach schon seien diese Reihen von Pflanzendieben heimgesucht worden. „Lasst meinem Mann die Blumen“, heißt es ein paar Gräber weiter auf einem Schildchen. Appelle dieser Art gibt es an vielen Stellen auf dem Hauptfriedhof – vergebens.

Michael Schmitz vom städtischen Presseamt bestätigt: Auf dem Hauptmarkt gelte der Blumendiebstahl leider schon als Alltagsdelikt. Die Stadtteilfriedhöfe seien weniger betroffen. Schmitz: „Allein aus der laufenden Woche sind uns am Hauptfriedhof fünf Fälle bekannt. Der Durchschnitt liegt bei zwei Fällen wöchentlich, wobei sicher nicht alle Diebstähle gemeldet werden.“ Die Fallzahlen seien abhängig von der Jahreszeit. Besonders nach der Neubepflanzung der Gräber vor kirchlichen Feiertagen werde verstärkt zugegriffen.

Und was kann man dagegen machen? „Leider nicht sehr viel, da eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des großen Friedhofs nicht möglich ist“, bedauert Schmitz Das Personal dort sei zur Wachsamkeit angehalten. Und das Grünflächenamt habe regelmäßigen Kontakt zum beauftragten Stadtteilbeamten der Polizei, die auch selbst regelmäßig präsent sei. Schmitz: „Alle Geschädigten sollten grundsätzlich Anzeige erstatten.“

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