Trier feiert seine Raser

Motorsport live direkt vor der Haustür: Der Innenstadt-Rundkurs Circus Maximus wird am Sonntagnachmittag zur spektakulären Show, die jeden Mittagsschlaf in der City schlagartig beendet.

Trier. Eine Kreuzung wird einen Nachmittag lang zum Mittelpunkt von Trier. Wo sich Theodor-Heuss-Allee und Paulinstraße treffen, versammeln sich mehr als 8000 Menschen. Auf einer Tribühne direkt hinter der Porta Nigra und vom Streckenrand aus, aus einer in 20 Meter Höhe an einem Riesenkran hängenden Zuschauerkabine, aus vielen Fenstern und sogar von einigen Dächern sehen Fans, Interessierte, Skeptiker und Gegner dem Spektakel zu. Den Risiko-Rekord hält ein Trio, das völlig ungesichert auf dem Dach des Gebäudes steht, in dem der Juwelier und Goldschmied Hofacker sitzt.

Die Sperrung der zum Circus Maximus gehörenden Straßen im Trierer Norden beginnen bereits am Samstagabend. Lastwagen liefern Absperrungen und Streckenbegrenzungen, auf den Straßen sieht man nur noch Rallye- und Polizeifahrzeuge. "Wenigstens einen Abend lang ist hier mal Ruhe", sagt Anwohner Peter Gläsner mit einem Grinsen. "Am Sonntag haut es richtig rein."

Damit sollte er recht behalten. 45 Minuten vor dem für 13.03 Uhr geplanten Start - Motorsportler haben offenbar ein Faible für krumme Zahlen - schließen die 2000 Helfer des ADAC auch viele Fußgängerwege innerhalb des Rennbereichs ab. Noch ein schneller Snack am Hauptmarkt? "Da kommt ihr nicht mehr durch", bremst ADAC-Ordnerin Sophia eine Gruppe Jugendlicher. Die fügen sich schnell und sehen ein: Wer einen Platz mit guter Sicht hat, sollte tunlichst dort bleiben.

Manche Häuser entlang der Strecke wirken mit geschlossenen Jalousien wie verbarrikadiert. "Ist doch richtig so", sagt Alex Schirra (16). "Wem es zu laut ist, der kann doch einen Nachmittag lang wegfahren."

Weltmeister Sébastien Loeb geht auf die Strecke, schießt in die Christophstraße hinein. Die Zuschauer jubeln. "Die Reifen haben gar nicht gequietscht", meldet sich Marie Reichert vorwurfsvoll. Die Neunjährige ist mit Vater und Bruder an der Strecke. Dafür quietscht es am östlichen Ende des Rundkurses um so mehr: Hier driften die Fahrer von der Deworastraße mit lautem Motorendonner in die Theodor-Heuss-Allee.

Ein bekannter Name wird angesagt: Kimi Raikkönen, der immerhin schon mal Weltmeister der Formel 1 war, dröhnt los. Wieder Jubel von der Tribüne und vom Straßenrand. Als dann klar wird, dass Raikkönen die beste Zeit hat, klatschen Tausende. "Wird ihm insgesamt aber nichts nutzen", meint Gerhard Kaszmarek (24) zu seinem Nachbarn. Es beginnt eine längere Diskussion über den sportlichen Sinn oder Unsinn des Circus Maximus. "Am Gesamtergebnis ändert der Rundkurs doch nichts mehr", ist sich Gerhard sicher.

Am Ende steht viel Enthusiasmus. "Das war eine großartige Show, alle Fahrer haben richtig Gas gegeben", sagt Manfred Kronenburg, vor dem Ruhestand Chef der Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums und jetziger Rallye-Abschnittsleiter in Trier. "Ich bin begeistert."

Sport Seiten 17 und 20

EXTRA Wirtschaftsdezernent Thomas Egger (FDP) verfolgte den Circus Maximus im Café Lübke und hatte damit freie Sicht auf die Kurve zwischen Deworastraße und Theodor-Heuss-Allee. Sein Fazit ist positiv. "Aus meiner Sicht war der gesamte Ablauf dieser Großveranstaltung perfekt organisiert", sagte Egger gestern im Gespräch mit dem TV. "Natürlich bringt der Circus Maximus mitten in der Innenstadt auch Einschränkungen und eine gewisse Portion Stress mit sich. Dennoch ist die Rallye-WM eine der wichtigsten Motorsportveranstaltungen der Welt, und sie kommt in unser kleines Trier und bringt uns einen Riesengewinn an Renommee und Gästezahlen." Dennoch werde es Beschwerden geben, räumt Egger ein, "und wir nehmen sie auch ernst. Aber Beschwerden gibt es auch nach jedem Altstadtfest." Ein noch fernes Ziel des Wirtschaftsdezernenten: "Ich würde gerne auch die Tour de France nach Trier holen." (jp)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort