Trier feiert seinen neuen Chef

Trier · Klaus Jensens Abschiedsparty in den Viehmarktthermen am vergangenen Freitag war locker und leger, seine letzte Stadtratssitzung als Oberbürgermeister war dagegen gestern formvollendetes Protokoll. Feierlich vereidigte und ernannte er seinen Nachfolger Wolfram Leibe vor einer mit Ehrengästen gefüllten Europahalle.

Trier. "Ich wusste immer, dass mein Sohn seinen Weg gehen wird. Ich bin sehr stolz auf ihn." Es ist Anna Leibe anzusehen, wie sehr sie sich freut, als sie über ihren Sohn Wolfram spricht - Triers neuen Oberbürgermeister. "Er war schon früher sehr strebsam."
Als besonderer Ehrengast unter vielen geladenen Prominenten, Persönlichkeiten und Leistungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche erlebt Anna Leibe die feierliche Ernennung ihres Sohnes zu Triers neuntem Oberbürgermeister seit Kriegsende. Der Sozialdemokrat Wolfram Leibe hat die Oberbürgermeisterwahl am 12. Oktober in einem enorm spannenden zweiten Wahlgang mit 50,22 Prozent gewonnen.
Als er, Klaus Jensens Worten folgend, in der Europahalle die Eidformel spricht, fügt er aus eigenem Antrieb die Bekräftigung "So wahr mir Gott helfe" hinzu.
"Für mich ist Offenheit wichtig, weil wir in der Zusammenarbeit Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit brauchen", betont Leibe in seiner Ansprache. Der Stadtrat setze die politischen Impulse, treffe und verantworte die Entscheidungen. "Die Verwaltung bereitet vor, berät, managt, setzt um, berichtet. Klare Verantwortlichkeit ist deutlich besser, als wenn jeder alles macht."
Leibes erste Laudatoren sind sein Vorgänger Klaus Jensen und dessen Gattin, Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Da beide unvermeidbarerweise in ihren Reden auch übereinander sprechen müssen, beobachtet die geladene Zuhörerschaft mit einer gewissen Spannung, wie das Ehepaar diese Aufgabe löst. Es gelingt beiden mit Souveränität und dem Protokoll entsprechend. Jensen spricht seine Frau, die Landeschefin, hochachtungsvoll mit "Sie" an, die Ministerpräsidentin bleibt dagegen in der dritten Person: . "Klaus Jensen hat die Stadt geprägt und sich um Trier verdient gemacht."
"Ich habe leider noch keinen Scheck mitgebracht", sagt Dreyer in Richtung Leibes und meint damit Mammutprojekte wie die Neubauten des Theaters und der Feuerwache. "Aber ich sichere Ihnen zu, dass die Landesregierung wie in der Vergangenheit auch weiterhin Hand in Hand mit der Stadt an der Zukunft von Trier arbeiten wird."
Ulrich Dempfle spricht im Namen des Stadtrats. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion betont: "Wir, die ehrenamtlichen Ratsmitglieder, nehmen Sie mit offenen Armen auf." Dempfle überrascht das Publikum mit einem Geständnis, als er über die Königsdisziplin der Kommunalpolitik spricht - den Haushalt. "Der Oberbürgermeister handelt auf der Basis eines Haushaltes, den der Rat ihm vorgibt, der nach doppischen Kriterien erstellt ist." Kurze Pause. "Leider ist er jedoch weder für die Verwaltung noch für den Rat ernsthaft zu durchschauen." Das hört man wahrhaftig nicht jeden Tag. Es sei Leibes Aufgabe, die Doppik so anzupassen, "dass sie ein echtes Steuerungsinstrument wird". Die Personalratsvorsitzende Sabine Borkam dankt Jensen und beglückwünscht Leibe im Namen der 1700 Mitarbeiter im Trierer Rathaus.
Am 19. Mai wird Wolfram Leibe seine erste Stadtratssitzung als Oberbürgermeister eröffnen und leiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort