Trier-Nord wird bunt, jung, modern - Innovative Wohnprojekte in der Thyrsusstraße

Trier-Nord · Trier verändert sich. In Trier-West herrscht Aufbruchstimmung. Im Norden der Stadt lässt sich der Wandel vom Stadtteil mit zweifelhaftem Ruf zum Wohngebiet mit Vorzeigecharakter bereits in der Thyrsusstraße erleben.

 Markante Farben signalisieren: Hier leben junge Menschen. Das sanierte Gebäude am Beginn der Thyrsusstraße bietet 16 Wohneinheiten und einen Laden. TV-Fotos (3): Rainer Neubert

Markante Farben signalisieren: Hier leben junge Menschen. Das sanierte Gebäude am Beginn der Thyrsusstraße bietet 16 Wohneinheiten und einen Laden. TV-Fotos (3): Rainer Neubert

Foto: (h_st )

Trier-Nord. Vor 20 Jahren galt die Thyrsusstraße als "Land der fliegenden Messer", in die man sich zu bestimmten Tageszeiten besser nicht alleine begeben sollte. Weite Teile von Trier-Nord hatten den Ruf, nicht zu den vornehmsten Wohnadressen zu gehören. Diese Vorurteile haben zumindest teilweise bis heute überdauert, wie Herbert Schacherer, Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg (Wogebe), weiß. Dabei hat es die 1991 aus der Gemeinwesenarbeit des Bürgerhauses entstandene Genossenschaft geschafft, ein ganzes Quartier zu verändern. Mit drei Projekten wird nun unter dem Motto "Neues Wohnen in der Thyrsusstraße" ein weiteres Kapitel Stadtentwicklung aufgeschlagen:

Junges Wohnen: Bereits umgesetzt ist das Projekt "Junges Wohnen" in dem schmuck sanierten Altbau mit den Hausnummern 27 bis 31. Die 22-jährige Julia Misamer war die Erste, die dort im Oktober 2014 in einer der insgesamt 16 Wohnungen eingezogen ist. "Ich war sofort begeistert, auch wenn damals noch nicht alles fertig war", sagt die Studentin. Gemeinsam mit ihrer Schwester Svenja bildet sie eine kleine Wohngemeinschaft und profitiert von der günstigen Miete, die auch dank der Förderungen aus dem Projekt Soziale Stadt für die 1,25 Millionen Euro teure Sanierung des Gebäudekomplexes möglich ist. Davor stand dieser fünf Jahre leer.
Julia Misamer erinnert sich an das erste Gespräch mit einem Anwohner. "Hier würde er nicht einziehen, hat er zu mir gesagt. Erst später ist mir klar geworden, dass sich das auf den Zustand des Hauses vor der Sanierung bezogen hat."
Inzwischen sind alle Wohnungen vermietet. Die Grünfläche und der Grillplatz hinter dem Gebäude werden von den studentischen Bewohnern gerne angenommen, auch die Gemeinschaftswaschmaschinen im Keller. "Wir machen hier sehr viel zusammen und sind alle Verfechter des Stadtteils Trier-Nord, auch wenn es immer wieder kritische Rückfragen gibt, wenn ich meine Wohnadresse nenne."

Wohnen in guter Nachbarschaft: Davon kann auch Helene Szabo erzählen. Sie wird mit ihrem Mann und vier Kindern im Dezember in die Thyrsusstraße ziehen, in den Neubaukomplex, der auf der anderen Straßenseite für 3,4 Millionen Euro entsteht. "Wir wohnen derzeit noch auf der Bausch bei Ehrang. Da liegt leider alles etwas abseits", sagt Helene Szabo. "Deshalb haben wir eine große stadtnahe Wohnung mit guten Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe gesucht." Auf das Projekt in der Thyrsusstraße, in dem zehn frei finanzierte Mietwohnungen und zwölf Sozialwohnungen entstehen, ist sie durch das Internet gestoßen. Auch Helene Szabo kennt die Vorurteile zur Thyrsusstraße. "Das höre ich täglich, aber wir sind uns sicher, dass es uns hier gefällt. Und es ist toll, dass wir bereits jetzt unsere späteren Nachbarn kennen."
Wogebe-Chef Herbert Schacherer erläutert das Konzept: "Die zukünftigen Bewohner konnten von Beginn an ihre Vorstellungen in die Planung einbringen. Dabei war das Projekt offen für Menschen aller Altersgruppen, für Menschen mit unterschiedlichen Einkommen und für Menschen mit Behinderungen." Einen qualitativen Unterschied zwischen frei finanzierten und Sozialwohnungen werde es nicht geben.

Wohnen mit Versorgungssicherheit: Das soll auch für das dritte der Wogebe-Projekte in der Thyrsusstraße gelten, von dem derzeit auf der 3200 Quadratmeter großen Grünfläche diesseits des von Musikbands für Übungszwecke genutzten Hochbunkers allerdings noch nichts zu sehen ist. Dort, wo bis 2004 die marodesten Sozialwohnungen Triers standen, soll 2017 ein Komplex mit 40 Wohnungen entstehen, etwa die Hälfte davon als Sozialwohnungen. Der Clou des Projekts "Wohnen mit Versorgungssicherheit" ist die gemeinsame Entwicklung mit einem Pflegedienst, der eine 24-Stunden-Bereitschaft für pflegebedürftige Bewohner der Anlage und aus dem Quartier gewährleisten wird. Die Gesamtbaukosten liegen laut Herbert Schacherer bei 5,5 Millionen Euro.
Für die Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg, die derzeit 500 Wohnungen auf Erbbaugrundstücken der Stadt Trier besitzt, sind solche Summen keine Kleinigkeit. Um dennoch günstige Mieten bieten zu können, haben sich die Verantwortlichen eine besondere Finanzierung ausgedacht (siehe Extra). Denn noch sind es auch die Mietpreise, die Menschen aus anderen Stadtteilen nach Trier-Nord locken, dem Stadtteil im Umbruch.Extra

Trier-Nord wird bunt, jung, modern - Innovative Wohnprojekte in der Thyrsusstraße
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 Studentin Julia Misamer (linkes Foto) fühlt sich wohl in der Thyrusstraße. Das rechte Bild zeigt Helene Szabo und Tochter Sofia im Gespräch mit Herbert Schacherer, Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg.

Studentin Julia Misamer (linkes Foto) fühlt sich wohl in der Thyrusstraße. Das rechte Bild zeigt Helene Szabo und Tochter Sofia im Gespräch mit Herbert Schacherer, Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg.

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Günstige Mieten für frei finanzierte und sozial geförderte Wohnungen sind das Ziel der Genossenschaft am Beutelweg. So wird der Quadratmeterpreis beim Projekt "Wohnen in guter Nachbarschaft" bei 8 Euro liegen, für Sozialwohnungen inklusive Gemeinschaftsraum bei 5,35 Euro. Dies ist nur möglich durch eine höhere Einlage an Genossenschaftsanteilen. Für frei finanzierte Wohnungen betragen die Geschäftsanteile 300 Euro pro Quadratmeter und für Sozialwohnungen 50 Euro pro Quadratmeter. Auf diese Geschäftsanteile werden keine Dividende ausgeschüttet. Bei Auszug erhalten die Mitglieder die eingezahlten Anteile in voller Höhe zurück. Zudem hat die Wogebe einen Sparbrief mit zehnjähriger Laufzeit und Festverzinsung aufgelegt, mit dem sich jeder an der Finanzierung beteiligen konnte. Insgesamt 100 000 Euro sind angelegt worden. Im sanierten Gebäude "Junges Wohnen" liegt die Monatsmiete bei 7,60 Euro pro Quadratmeter. Hier liegen die einzelnen Genossenschaftsanteile mit 750 Euro pro Wohnung im Bereich des Üblichen. r.n.

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