Schnee in den Alpen Drohender Hungertod: Schwalben fliegen nach Trier zurück

Trier · Was ist denn da los? Rund 40 Schwalben, die über den Sommer in einer Trierer Scheune ihre Jungen großgezogen haben, sind von ihrem Abflug nach Afrika schon wieder zurückgekehrt.

Rund 70 Schwalben-Paare brüten Jahr für Jahr in der Scheune des Trierer Landwirts Grundhöfer. In diesem Jahr hat der Bauer ein höchst seltsames Phänomen beobachtet.

Foto: dpa/Rainer Jensen

Die Schwalben sind zurück! Im Frühling freut sich darüber wohl jeder. Schließlich gelten die eleganten Vögel als erste Boten der warmen Jahreszeit.

Wenn die Trierer Bäuerin Edith Grundhöfer allerdings jetzt, in der dritten Septemberwoche, sagt, dass die Schwalben wieder da sind, dann ist das nichts Schönes. „Das ist kein gutes Zeichen, das sagt auch mein Mann!“, erklärt sie. Die Betroffenheit ist ihr dabei anzuhören. „Zuletzt war das 1974 so. Da sind die Schwalben auch erst ganz normal weggeflogen und ein paar Tagen später wieder zurückgekommen.“

„1974 haben wir viele tote Schwalben in den Feldern gefunden“

Wie das Wetter damals, vor genau 50 Jahren also, gewesen ist, daran könne sie sich zwar nicht mehr erinnern. „Ich weiß nur noch, dass die Schwalben dann geblieben sind, den ganzen Winter.“ Überlebt hätten das etliche der Tiere nicht. „Wir haben ganz viele tote Schwalben in den Feldern gefunden, das war wirklich schlimm“, sagt die Landwirtin aus Trier-Zewen.

Mehr als 70 Paare brüten Jahr für Jahr in der großen Scheune des landwirtschaftlichen Betriebs, der seit Jahrzehnten von den Grundhöfers geführt wird. Dafür, dass die Familie die Schwalbennester hängen lässt und sich der Arbeit, die der viele Vogelkot macht, annimmt, hat der Naturschutzbund Nabu den Betrieb mit einer Plakette geehrt. „Die Schwalben brüten hier schon immer und gehören im Sommer zu unserem Hof“, sagt Edith Grundhöfer.

Alles sah nach einem guten Schwalben-Jahr aus

Anfangs habe 2024 nach einem guten Schwalben-Jahr ausgesehen. „Die Vögel kamen diesmal zwar nicht gleich Anfang April – vermutlich weil es da hier noch recht kalt war – sondern ein, zwei Wochen später. Aber durch den recht nassen Sommer gab es viele Insekten, von denen die Schwalben sich ernähren.“ Und weil das Nahrungsangebot so gut war, hätten die Vögel auch gleich zwei Mal hintereinander gebrütet und zwei Mal ihre Jungen großziehen können.

Wie in all den Jahren üblich, seien dann an den ersten Septembertagen die Eltern- und Jungtiere plötzlich abends nicht mehr zurück in die Scheune gekommen. „Sie hatten sich offenbar auf ihren Weg gen Süden gemacht – soweit war alles normal“, sagt die Landwirtin. „Ein paar Tage später waren dann aber plötzlich etwa 40 Schwalben wieder hier, und sind seitdem auch geblieben.“ Die Vermutung der Trier-Zewenerin: „Ich denke, wegen des frühen und plötzlichen Wintereinbruchs in den Alpen sind die Vögel zurückgekommen.“

Vögel sterben wegen Hunger und Kraftlosigkeit

Kann das sein? „Wussten“ die Schwalben wirklich, dass das Mega-Tief in der Alpen-Region in den vergangenen Tagen nicht nur für unglaubliche Regenmengen gesorgt hat, sondern in den höheren Lagen auch für Schnee? „Ja, die Annahme, dass die Tiere wegen der schrecklichen Wetterlage in den Alpen zurückkehren, ist richtig“, bestätigt Corinna Albert, Sprecherin der Nabu-Regionalstelle West, auf Volksfreund-Nachfrage. Die Situation in den Alpen sei dramatisch für die Menschen. Aber auch die Vögel litten. „In Österreich und Bayern sind unzählige geschwächte Schwalben und Mauersegler gestrandet, völlig entkräftet und ausgehungert. Denn bei der Kälte fliegen auch keine Insekten mehr.“ Die Tiere stürben durch Hunger und Kraftlosigkeit.

In unserer Region, also auch in Trier, sei die Situation für die Vögel dagegen gut. „Die Schwalben von Bauer Grundhöfer sind vermutlich losgezogen, waren aber wohl noch nicht so weit geflogen, als sie das Wetter witterten. Daher konnten sie noch mal umkehren“, erklärt Albert. Die meisten Schwalben in unserer Region seien aktuell allerdings ohnehin erst noch dabei, sich zu sammeln und hätten ihre Reise in den Süden noch gar nicht angetreten. „Sie warten auf wärmeres Wetter“, sagt Albert. Problematisch sei das nicht. Zu Fressen gebe es bei uns noch genug. Die Wildtierstation in Wiltingen habe auch noch nicht mehr geschwächte Schwalben aufgenommen als üblich.

Und was ist aus den anderen rund 100 Schwalben geworden?

Noch kann für die 40 Schwalben in der Scheune von Bauer Grundhöfer also alles gut ausgehen mit ihrem Flug in die Gefilde südlich der Sahara. Das Wetter in der Alpenregion soll in den nächsten Tagen schließlich wieder besser werden.

„Aber eigentlich leben ja so 140, 150 Schwalben hier bei uns in der Scheune“, seufzt Edith Grundheber. Normalerweise kommen Schwalben jeden Sommer an den gleichen Ort zurück, um zu brüten. Was aus den rund 100 Tieren geworden ist, die von ihrem diesjährigen Abflug nach Afrika nicht zurückgekommen sind, darüber will die Landwirtin eher nicht nachdenken. Wie viele den Wintereinbruch in den Alpen überlebt haben, das wird sich im nächsten Frühjahr zeigen.