Trier soll hinter Ruwer wachsen

Kenn/Trier-Ruwer · Das größte Erschließungsgebiet der Region könnte auf der Höhe zwischen Kenn und Trier-Ruwer entstehen. Die Stadt Trier und die Ortsgemeinde Kenn planen dort unabhängig voneinander die baureife Entwicklung von Flächen. Durch die enge Nachbarschaft der Projekte ist auch ein Konflikt nicht auszuschließen.

Kenn/Trier-Ruwer. Die Ortsgemeinde Kenn plant das Erschließungsgebiet "Kenner Ley II", das sich unmittelbar an den nordöstlichen Rand des alten Baugebiets "Kenner Ley" aus den 70er Jahren anschließen soll. Südlich eingegrenzt wird die heutige Kenner Ley von der Alten Poststraße. Die Straße zählt noch zur Gemarkung Kenn - ihr Bürgersteig am südlichen Rand liegt schon auf der zum Trierer Stadtteil Ruwer zählenden Gemarkung Zentenbüsch. Auf dieser Fläche plant die Stadt Trier langfristig eines der größten Baugebiete des Landes seit Erschließung des Schweicher Ermesgrabens.
Mit der Planung etwas weiter fortgeschritten ist man auf der Kenner Seite. Eine Machbarkeitsstudie "Kenner Ley II" hat die Ortsgemeinde bereits erstellen lassen, und der Verbandsgemeinderat Schweich beschloss jüngst auf Antrag Kenns eine entsprechende Fortschreibung des Flächennutzungsplans.
Dem TV gegenüber erklärt der Kenner Ortsbürgermeister Rainer Müller, dass die infrage stehende Fläche größer sei als ursprünglich vorgesehen. Müller: "Das Grundstück ist weitgehend in der Hand eines Eigentümers - und der will nur komplett verkaufen. So müssen wir nun alles nehmen." Über zehn Hektar (100 000 Quadratmeter) soll sich die Erschließungsfläche insgesamt erstrecken. Die tatsächlich bebaubare Nettofläche umfasst 53 000 Quadratmeter für 60 Reihenhäuser, 20 Doppelhäuser und 40 Einzelhäuser. Die Fläche der Straßen beträgt rund 10 000 Quadratmeter, und für Grünflächen sind 20 000 Quadratmeter eingeplant. "Den Anstoß zu dieser Planung gaben die zahlreichen Anfragen nach Baugrundstücken direkt aus Kenn. Dafür können wir innerörtlich auf die Nutzung noch freier Flächen verzichten", erklärt Müller.
Erheblich umfassender, aber noch weit in die Zukunft gerichtet, sind die Pläne der Stadt Trier für ein mögliches Baugebiet "Zentenbüsch" auf der anderen Seite der Alten Poststraße mit 410 000 Quadratmetern Gesamtfläche. Das Projekt ist zwar im Siedlungsflächen-Kapitel zum Trierer Flächennutzungsplan 2025 enthalten - es befindet sich aber in einer sehr frühen Phase. Bisher gibt es nur einen Stadtratsbeschluss zur Einleitung von vorbereitenden Untersuchungen. Bei diesen Untersuchungen ist zu prüfen, ob eine solche Erschließung dem Gemeinwohl dient und sie geeignet ist, einen höheren Bedarf an Wohnflächen zu decken.
Sollte sich dabei herausstellen, dass von den beiden Erschließungsprojekten eines zu viel ist, könnte es zum Konflikt kommen: Als Oberzentrum ist die Stadt gehalten, ausreichend Wohnraum anzubieten. Bei einer für 2025 prognostizierten Einwohnerzahl von 110 000 müssen bis dahin jährlich 550 Wohnungen - davon 60 Prozent Eigenheime - entstehen (TV vom 19. September). Sollten unter diesem Aspekt die Zentenbüsch-Pläne konkret werden, würde es im wörtlichen Sinne eng für das Projekt "Kenner Ley II". Im Unterschied zum Oberzentrum Trier darf Kenn nur zum Eigenbedarf erschließen. Dies bedeutet: Notfalls muss Kenn sein Projekt im Umfang abspecken und einen Teil der angekauften Flächen brachliegen lassen. Das wiederum wäre für die Ortsgemeinde unrentabel.
Ortsbürgermeister Müller ist sich dieser Zwickmühle bewusst. Alles oder nichts für Kenn? Müller: "Wir sind im Gespräch mit der Stadt und suchen gemeinsam nach einer einvernehmlichen Lösung."Meinung

Problem der Zufahrt noch ungelöst
Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden - dies gilt gleichermaßen für die Erschließungsprojekte "Kenner Ley II" und "Zentenbüsch". Vermutlich werden dort eines Tages neue Häuser entstehen - aber deren Zahl ist noch so offen wie die Fragen, die sich um die Projekte ranken. Die härteste Nuss dürfte die Frage der Anbindung werden, falls auch Zentenbüsch kommt. Die Alte Poststraße geriete schon durch die Neuerschließung "Kenner Ley II" an der Rand ihrer Kapazität. Undenkbar ist, dass sie die Belastung eines viermal größeren Baugebiets "Zentenbüsch" tragen könnte - ganz abgesehen von der zusätzlichen Blechlawine im engen Stadtteil Ruwer und den Belastungen der Anlieger, unter denen es heute schon grummelt. f.knopp@volksfreund.deExtra

Die Nachricht von den Kenner Erschließungsplänen wurde nicht von allen Teilen der Ortsbevölkerung mit Beifall begrüßt. Besonders einige Anrainer der Alten Poststraße befürchten in der Erschließungs- und Bauphase starken Schwerlastverkehr vor der Haustür. Hinzu komme später täglicher starker Durchgangsverkehr nach Fertigstellung des neuen Wohngebiets. Gefordert wird zumindest eine alternative Anbindung des Erschließungsgebiets, wozu sich die nahe B 52 Trier-Hermeskeil anbiete. Ortsbürgermeister Rainer Müller hat Gespräche mit den Anwohnern angekündigt. Gegenüber dem TV erklärt Müller, dass die Erschließung des Gebiets nicht von der Höhe aus über die Poststraße, sondern von unten über die Straße Im Hohberg geplant sei. Allerdings sei während der anschließenden Hausbauphase auf Kenner Ley II vorübergehend mit erhöhtem Verkehr auf der Alten Poststraße zu rechnen. f.k.

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