Trierer Busse sind anders

Wer nach Trier zieht, muss das Busfahren neu lernen. Nicht nur, weil Tag- und Nachtlinien so verschieden sind wie in keiner anderen Stadt. Studierende, die mit einer Zwangsabgabe den öffentlichen Nahverkehr in der Region Trier kräftig mitfinanzieren, können ein Lied davon singen.

Wichtigste Besonderheit: In Trier darf man nur vorne einsteigen. Auch wenn Dutzende Leute Einlass begehren, das Gefährt zwei oder drei Doppeltüren hat, vorne voll und hinten nur spärlich besetzt ist - alle müssen durch das Nadelöhr vorn, am Fahrer vorbei. Denn der ist gleichzeitig Kontrolleur - auch wenn ihm meist die Zeit fehlt, genau hinzuschauen. Riesige Stoppschilder zieren manchen Bus an der Hintertür, die auch dem Dümmsten signalisieren sollen: Hier ist kein Einstieg. Außer für Kinderwagen- und Rollstuhl-Fahrer. Und so spielt sich täglich hundertfach die gleiche Szene ab: Eine Frau mit Kinderwagen steigt ein, kreuzt just die Schlange, die sich von vorn den Weg nach hinten bahnt, nicht vorbeikommt, drückt, schubst, den Fahrer zu der Durchsage veranlasst "bitte nach hinten durchgehen". Die Frau mit Kinderwagen ist verpflichtet, entgegengesetzt nach vorne zu laufen, um dem Fahrer ihr Billett zu zeigen. Das Kind lässt sie derweil alleine und hofft, dass dessen Wagen beim Anfahren nicht kippt. Komisch, dass anderswo niemand das Prinzip hochhält: einer nach dem anderen (statt alle zusammen). Außer im israelischen Reisebus. Kürzlich in Heidelberg stellte ich fest, dass nur ich - nach der Trierer Busfahrt-Regel - am Fahrer vorbei nach hinten gegangen war. Die Sitzplätze hatten sich derweil andere gesichert.

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