Trierer Drogenboss setzt sich nach Serbien ab, wird aber an Deutschland ausgeliefert

Trier · Um einer Gefängnisstrafe in Deutschland zu entgehen, war der mutmaßliche Trierer Drogenboss Arian G. im Frühjahr 2015 nach Serbien geflohen. Die Trierer Staatsanwaltschaft fahndete per internationalem Haftbefehl nach dem 25-Jährigen. Jetzt ist er zurück - und beklagt sich vor Gericht über die schlechten Haftbedingungen in seiner Heimat.

Nur eine dünne Suppe zum Mittagessen und ansonsten trockenes Brot. Mit sechs Mann in einer winzigen Zelle eingesperrt. Und lediglich eine Stunde Freigang am Tag - in einem Hof, der kaum größer als die schmale Zelle war: So schilderte Arian G. vor dem Trierer Landgericht die knapp vier Monate Gefängnis in Serbien. Von Ende Dezember 2015 bis Mitte April hatte er in seiner Heimat in Untersuchungshaft gesessen, nachdem die dortigen Strafverfolgungsbehörden ihn geschnappt hatten.

Die Trierer Staatsanwaltschaft hatte per internationalem Haftbefehl nach G. gesucht. Der 25-Jährige war im Frühjahr 2015 zusammen mit vier weiteren Drogenhändlern in Trier festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft klagte die Fünf - deren Kopf G. gewesen sein soll - wegen des Handels mit mehr als 30 Kilogramm Marihuana und mehreren Kilo Amphetaminen an. Es handele sich bei der Gruppe um einen der größten Trierer Drogenringe der vergangenen Jahre, den Polizei und Justiz auffliegen lassen konnten, erklärte Staatsanwalt Wolfgang Barrot damals (siehe Extra).Haft in Serbien zählt doppelt

In der Untersuchungshaft in Trier verpfiff Arian G. seine Kollegen und legte ein umfangreiches Geständnis ab. Der Trierer Rechtsanwalt Otmar Schaffarczyk forderte im Gegenzug für diese Mithilfe an der Aufklärung der Verbrechen für seinen Mandanten die Freilassung aus der Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft willigte ein und begründete die Entscheidung mit "geringer Fluchtgefahr". Damit lag sie gründlich daneben: Kaum in Freiheit, setzte sich G. in sein Heimatland ab.

Seine Hoffnung, sich so vor einem Verfahren vor dem Trierer Landgericht entziehen zu können, hat sich allerdings nicht erfüllt. Am 14. April 2016 lieferte Serbien Arian G. nach Deutschland aus. Am Mittwoch wird der Prozess gegen ihn vor dem Trierer Landgericht fortgesetzt.

Rechtsanwalt Schaffarczyk setzt sich unverdrossen für seinen Mandanten ein. "Er hat sein Geständnis wiederholt. Meiner Ansicht nach ist die Staatsanwaltschaft daher an die getroffene Verfahrensabsprache gebunden", betont der Anwalt. Tatsächlich hatte die Staatsanwaltschaft G. vor dessen Flucht in einem sogenannten Deal zugesagt, dass er im Falle eines Geständnisses mit einer milderen Strafe rechnen könne. "Dieser Deal gilt noch!", sagt Schaffarczyk. "Denn die Absprache beinhaltete, dass mein Mandant Aufklärungshilfe leistet, und das hat er getan. Dass er nicht fliehen durfte, war nicht Bestandteil des Deals." Ob die Staatsanwaltschaft - und letztlich auch das Gericht - sich auf diese Argumentation einlässt, könnte der Prozesstag am Mittwoch zeigen.

Von der Haftstrafe, die G. letztlich wohl erwartet, wird die Zeit, die er bereits in Untersuchungshaft gesessen hat, abgezogen. Das ist so gesetzlich festgelegt. Die vier Monate im serbischen Knast werden dabei allerdings wohl doppelt angerechnet - wegen der schlimmen Haftbedingungen.Extra

Ohne Aussage des geflüchteten G. fehlten der Staatsanwaltschaft beim Prozess gegen seine Mittäter die Beweise. Waren bei Prozessbeginn im September 2015 noch Haftstrafen von acht bis neun Jahren avisiert, konnten den Mitangeklagten nur deutlich weniger Taten als zunächst angeklagt nachgewiesen werden. Den Cousin von G. verurteilte das Landgericht zu vier Jahren und sechs Monaten. Ein weiterer Komplize bekam drei Jahre und drei Monate Gefängnis. Auch die zwei weiteren Angeklagten waren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. woc

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