Trierer Missbrauchsopfer schreiben Buch

Sie sind zwischen 35 und 75 Jahre alt und haben ein gemeinsames Schicksal: Sie sollen von Geistlichen im Bistum Trier sexuell missbraucht worden sein. Zwölf Opfer wollen ihre Erfahrungen mit dem Missbrauch und der Aufarbeitung in einem Buch festhalten. Am vergangenen Wochenende gründeten Betroffene das Aktionsbündnis "Missbit".

Trier. Ende Juni hatte der Trierer Bischof Stephan Ackermann die Missbrauchsopfer des Bistums Trier zu einem Treffen in den Bischofshof eingeladen (der TV berichtete). "Danach hat sich ein Großteil der Opfer vernetzt", sagt ein Mittfünfziger, der in den 60er Jahren in einer Pfarrei in Trier-Kürenz sexuell missbraucht worden sein soll. Am vergangenen Wochenende haben sich einige Opfer, darunter vier Männer und drei Frauen, wieder - diesmal ohne kirchliche Vertreter - getroffen. "Zum einen haben wir über die Auswirkungen des Missbrauchs gesprochen", sagt ein Teilnehmer des Treffens. Die Folgen reichten von Problemen mit der eigenen Sexualität und Nähe bis hin zu Schwierigkeiten im Beruf mit Autoritäten. Ein weiteres Thema "des intensiven sechsstündigen Austauschs" war die Zahlung von Entschädigungen. "Die in Berlin diskutierte Summe von 5000 Euro empfinden wir als Beleidigung." Allein die Kosten für eine therapeutische Aufarbeitung seien weitaus höher, meint ein Opfer. Auch Kritik an der Kirche wurde laut: "Das Engagement hat sich darauf beschränkt, den Missbrauch zu verwalten", meint ein heute 54-jähriger Ex-Ministrant.

Erst auf Nachfrage habe man Hilfestellung bei der Vermittlung von Gesprächen bekommen, behauptet er. Und erst auf Nachdruck habe man sexuelle Missbräuche, die durch Vermerke in Personaldaten bekannt waren, offengelegt. Viel Lob hingegen erntete die jüngste Präventionsarbeit der katholischen Kirche etwa die Verschärfung der Missbrauchsleitlinien.

Ihre Erfahrungen des Missbrauchs und mit der Aufarbeitung sollen in einem Buch erscheinen. Insgesamt zwölf Opfer, die im Bistum Trier missbraucht worden sein sollen, wollen ihre Erlebnisse aufschreiben. "Die Täter waren katholische Geistliche sowohl Priester und Kapläne als auch Theologen mit langjährigen Lehr- oder Verwaltungstätigkeiten", sagt ein Teilnehmer des Treffens. Um das Buchprojekt zu realisieren, sich weiterhin gegenseitig zu unterstützen und sich gemeinsam für eine angemessene Anerkennung ihres Leids einzusetzen, haben die Teilnehmer des Gesprächskreis das Aktionsbündnis "Missbit" gegründet. "Missbit" steht für Missbrauchsopfer im Bistum Trier.

Kontaktadresse: missbit@email.de extra Zwischenbilanz: Der runde Tisch zur Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs legte am Mittwoch in Berlin seine Zwischenbilanz vor. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte, ihr Haus habe einen Gesetzentwurf erarbeitet, um die zivilrechtlichen Verjährungsfristen für Schadenersatzansprüche von derzeit drei auf 30 Jahre zu verlängern. Dies könne aber aus rechtlichen Gründen nicht für Fälle der Vergangenheit, sondern nur für die Zukunft gelten. Skeptisch zeigte sich Leutheusser-Schnarrenberger nach wie vor hinsichtlich einer Verlängerung auch der strafrechtlichen Verjährungsfristen. Dieses Thema soll im kommenden Jahr am runden Tisch besprochen werden. Die Bundesregierung hatte den runden Tisch Anfang des Jahres eingerichtet, nachdem immer mehr Missbrauchsfälle in Kirchen und anderen Institutionen bekanntgeworden waren. In dem Gremium beraten Teilnehmer aus Politik, Kirche und Verbänden über Hilfen für die Opfer.

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