Trierer Sozialdezernentin: Asylverfahren dauern oft noch immer zu lange

Trier · Um mehr als 800 Menschen muss sich die Stadtverwaltung Trier derzeit besonders intensiv kümmern. Es sind Flüchtlinge, von denen viele seit Monaten darauf warten, ihren Asylantrag stellen zu können. Sozialdezernentin Angelika Birk findet dafür deutliche Worte der Kritik.

 Die Krankenstation ist ein wichtiges Angebot in der Jägerkaserne Trier: Wer wie Mohammad Fatana zu Petra Classen kommt, die von Samah Mastapha als Helferin unterstützt wird, findet hier auch eine Zuhörerin.

Die Krankenstation ist ein wichtiges Angebot in der Jägerkaserne Trier: Wer wie Mohammad Fatana zu Petra Classen kommt, die von Samah Mastapha als Helferin unterstützt wird, findet hier auch eine Zuhörerin.

Foto: Rainer Neubert

Nach der offiziellen Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) werden Asylanträge in Deutschland inzwischen deutlich schneller bearbeitet. Dass dies überwiegend daran liegt, dass neu ankommende Syrer in den sogenannten Ankunftszentren innerhalb kurzer Zeit anerkannt werden, oder zumindest eine Duldung erhalten, hilft jenen Menschen nicht, die im vergangen Spätsommer oder Herbst nach Trier gekommen sind. "Die Hierarchie des Bamf passt uns als Kommune nicht", sagt Sozialdezernentin Angelika Birk. "Unsere Mitarbeiter betreuen viele Flüchtlinge, auch Menschen aus Syrien, die nach sechs und mehr Monaten noch keinen Termin haben, um ihren Asylantrag zu stellen."

Dass die Stimmung unter den Betroffenen dennoch friedlich ist, zeigte sich am Dienstag bei einem Rundgang durch die ehemalige Jägerkaserne, wo derzeit 98 Männer, Ehepaare und Familien untergebracht sind. Im Juli soll ein weiteres Gebäude hinzukommen. "Das Wichtigste war seit dem Spätsommer, dass wir alle Menschen unterbringen können, die der Stadt zugewiesen werden", sagt Birk. "Jetzt kommen etwas weniger, was uns die Möglichkeit bietet, die Dinge zu optimieren."

Dazu gehört zum Beispiel eine bessere Ausstattung der Gemeinschaftsküche ebenso wie ein zusätzliches Bad im Obergeschoss oder funktionierendes W-Lan für die Bewohner, von denen viele über Smartphones den Kontakt zu ihren Familien halten.

Justina Gattner leitet die Einrichtung, in der sich der Bürgerservice (Projekt Beschäftigungspilot; Hauswarte), der Caritasverband (soziale Betreuung; Kleiderkammer) und das Deutsche Rote Kreuz (Kinderbetreuung; Krankenstation) die wichtigsten Aufgaben teilen. "Wir haben unter den Flüchtlingen keine Probleme", versichert sie. "Und auch mit der Nachbarschaft gibt es ein sehr gutes Verhältnis." Die regelmäßige Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer sei dafür ein Beleg.

Ein Schlüssel für die ruhige und freundschaftliche Atmosphäre ist auch die Beschäftigung einiger Bewohner in der Wäscherei, bei Hausmeisterdiensten oder in der Küche. Dafür gibt es ein Taschengeld von 1,05 Euro pro Stunde. Das ehemalige Kasernengebäude präsentiert sich dadurch stets sauber und aufgeräumt.

"Wir fühlen uns hier im Haus wie eine große Familie", sagt einer der jungen Männer aus Syrien, der beim Besuch der Pressevertreter in der Waschküche gut gelaunt Dienst tut. Auch Mohammad Fatana aus Zentralafrika strahlt, als er sich beim Blutdruckmessen in der Krankenstation fotografieren lässt. "Von Januar bis April hatten wir fast 400 Behandlungen und Gespräche", macht Krankenschwester Petra Classen den Bedarf deutlich.

Im Büro von Job-Pilotin Gerlinde Neß ist die Stimmung ebenfalls gut, auch wenn der 26-jährige Ägypter Ahmed Abdalla Sayed nicht unbedingt Grund dafür hat: Er wartet seit sieben Monaten darauf, einen Asylantrag zu stellen. Wenn das endlich passiert ist, werden weitere Monate vergehen, bis er Gewissheit hat, ob er bleiben darf oder nicht. "Daran muss sich etwas ändern", sagt Sozialdezernentin Angelika Birk. "Die Anerkennungsverfahren müssen schneller laufen, damit wir den Menschen wirkliche Perspektiven geben können."

Extra Flüchtlinge in Trier

Die Stadt Trier muss seit August 2015 Flüchtlinge unterbringen, die aus den Erstaufnahmeeinrichtungen kommen. Davor war das wegen der geringeren Flüchtlingszahlen und der landesweit einzigen Erstaufnahmeeinrichtung in der Dasbachstraße nicht notwendig.

Insgesamt sind nach einem für alle Kommunen geltenden Verteilungsschlüssel in den vergangenen fast zehn Monaten 1248 Menschen nach Trier gekommen. Für diese Asylbegehrenden trägt die Stadtverwaltung die Verantwortung, muss also auch für die Unterbringung sorgen. Dafür hat die Stadt bislang 180 private Wohnungen einzeln angemietet und zusätzlich an mehreren Standorten kleinere Mehrfachquartiere geschaffen.

Eine davon ist die ehemalige Jägerkaserne, in der zurzeit 98 alleinreisende Männer, Ehepaare und Familien aus zehn Nationen untergebracht sind. Sie wohnen dort in der Regel, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen worden ist. Die Gesamtzahl der Asylbewerber, die derzeit in der Stadt leben, beträgt 821 Menschen. In jeder Woche kommen zehn bis 15 Personen neu an. r.n.

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