Trierer Stadtratsmitglied Johannes Verbeek legt Mandat nieder

Trier · Johannes Verbeek, Stadtratsmitglied in Trier, legt sein Mandat nieder. Als Anlass dafür gibt er die Berichterstattung im TV an. Der Kürenzer sieht sich dadurch diffamiert.

Johannes Verbeek hat auf seiner Internet-Seite am Samstag Abend mitgeteilt, er werde mit sofortiger Wirkung sein Mandat als Stadtrat niederlegen. Als Begründung führt er aus: "Der Anlass für diesen Schnitt - neben vielen weiteren Gründen des Umgangs mit politischen Einzelmandatsträgern im Rat - ist die Berichterstattung des Trierischen Volksfreund, der nicht umhin kann, mich nach jeder Ratssitzung in meiner Person zu diffamieren und meine politischen Aktivitäten ins Lächerliche zu ziehen." Der TV solle sich "andere engagierte Kommunalpolitiker auswählen, die er auf diese Art und Weise permanent öffentlich vorzuführen" gedenke.

In der Wochenendausgabe hatte der TV über die jüngste Stadtratssitzung berichtet. Dort hatte Verbeek eine Anfrage gestellt, in der er wissen wollte, warum das kulturelle Angebot in Trier im Landesfernsehen SWR "wenig wahrnehmbar" sei und was die Stadt tue, um das zu ändern. Der TV hatte diese Anfrage als "Luftnummer" kritisiert, weil schon eine Nachfrage beim SWR gereicht hätte, um zu sehen, dass es keinen handfesten Grund für Verbeeks Verdacht gab.

Auch nach der Juni-Sitzung des Stadtrats hatte es in einem TV-Kommentar Kritik an Verbeek gegeben. Anlass war der bis dahin im Stadtrat einmalige Fall, dass Verbeek es untersagt hatte, fotografiert zu werden. Damit habe er sich zum Clown gemacht, kommentierte diese Zeitung, schließlich sei Verbeek von der Öffentlichkeit gewählt worden.

Im Fokus stand der Kürenzer auch deshalb des öfteren, weil er seit seiner Wahl Teil eines heftigen Kleinkriegs war. Gewählt worden war er im Juni 2009 als Mitglied und Listenführer der Partei die Linke, die mit zwei Sitzen im Stadtrat eingezogen war. Mit dem zweiten Gewählten, Marc-Bernhard Gleißner, überwarf sich Verbeek im August 2009. Gleißner legte sein Mandat nieder. Katrin Werner, die später auch in den Bundestag gewählt wurde, rückte nach. Im März 2010 kündigte Werner nach fortgetzten Meinungsverschiedenheiten mit Verbeek die Fraktion im Stadtrat auf. Im April 2010 trat der Trierer Ortsverbandschef Konni Kanty zurück und aus der Linkspartei aus - ebenfalls nach Streit mit Verbeek. Die Partei schloss Verbeek im Januar 2011 von der Mitgliedschaft aus. Verbeek blieb parteilos als so genannter "Einzelmandatsträger" im Stadtrat. Auf seiner Internetseite kündigte er zwischenzeitlich an, er wolle bei der nächsten Kommunalwahl mit einer Freien Wählergruppe antreten, nun folgte der Rücktritt.

Wer für Verbeek in den Stadtrat nachrückt, ist noch unklar. Auf der Liste folgt Konni Kanty - der bei seinem Parteiaustritt aber erklärt hatte, er stehe nicht als Nachrücker zur Verfügung. Nächste auf der Liste ist Linde Andersen. Sie wolle zunächst mit allen Beteiligten Gespräche führen, kündigte sie gegenüber dem TV an. Ähnlich äußerte sich Parteichefin Katrin Werner. Andersen ist Künstlerin und sitzt für die Linke im Ortsbeirat Trier-West. Eine Konsequenz für den Trierer Stadtrat steht in jedem Fall fest: Weil die Linkspartei mit zwei Sitzen wieder eine Fraktion bilden kann, hat sie Anspruch auf Ausschuss-Sitze. Diese müssen also neu gewählt werden.
Meinung


Fadenscheinige Begründung

Von Michael Schmitz

Wer in den Stadtrat gewählt wird, der steht in der Öffentlichkeit, und damit auch im Fokus der Presse. Für besonders gelungene Initiativen, Anregungen oder Wortbeiträge gibt es Lob. Für weniger gelungene oder offensichtlich unsinnige Kritik. Diese Kritik orientiert sich an der Sache und nicht an den handelnden Personen. Hätte irgendein anderes Mitglied des Stadtrats sich nicht fotografieren lassen oder die SWR-Anfrage gestellt: die Kommentare wären nicht anders ausgefallen. Sie nun als Begründung für einen Rücktritt zu nehmen, ist fadenscheinig. Johannes Verbeek hat offenbar nur einen Schuldigen gesucht. Da kommt die Presse gerade recht. Kein souveräner Abgang.

m.schmitz@volksfreund.de

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