Trierer Tafel startet neues Konzept - Kostenlose Lebensmittelausgabe wird mit Beratungsangebot verknüpft

Trier · Immer mehr Menschen kommen zur Trierer Tafel. Der Träger der kostenlosen Lebensmittelausgabe reagiert darauf: Die Erstellung der sogenannten Tafel-Berechtigungsausweise soll zukünftig mit einem Beratungsangebot verknüpft werden.

 Immer mehr Menschen gehen zur Trierer Tafel. Die Ehrenamtliche Christa Kern verteilt Obst, das von Firmen gespendet wurde, an eine junge Mutter. TV-Foto: Katja Bernardy

Immer mehr Menschen gehen zur Trierer Tafel. Die Ehrenamtliche Christa Kern verteilt Obst, das von Firmen gespendet wurde, an eine junge Mutter. TV-Foto: Katja Bernardy

Foto: Katja Bernardy (kat) ("TV-Upload Bernardy"

Freitagmittag, Tafel Trier: Christa Kern reicht einer Mutter Bananen, Zitronen und Äpfel. Hinter der blonden Frau mit den zwei Kleinkindern im Schlepptau steht eine alte Dame. Sie stützt sich auf einen Rollator. Die Ehrenamtliche verteilt an diesem Freitag noch reichlich Obst und Gemüse. Laut Regina Bergmann, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF), kommen freitags rund 200 Menschen zur kostenlosen Lebensmittelausgabe in Trier. Zudem gibt es mehrere Außenstellen, und Menschen, die nicht mobil sind, werden mit Lebensmittelpaketen versorgt. Der SKF ist Träger der Trierer Tafel. Alle "Kunden" haben einen sogenannten Tafel-Berechtigungsausweis (siehe Extra). "Weil immer mehr Menschen kommen, haben wir jetzt zum zweiten Mal einen Ausweisstopp verhängt", sagt Bergmann. Die Möglichkeiten seien schlichtweg erschöpft, die 90 Ehrenamtlichen am Limit, eine Vergrößerung käme nicht infrage.

Der Sozialdienst reagiert: "Wir planen zur Entlastung einen zweiten Ausgabetermin, und zukünftig knüpfen wir die Erstellung der Ausweise an ein Beratungsangebot", sagt Bergmann. Menschen sollten nicht dauerhaft in der Abhängigkeit bleiben, erklärt sie den Hintergrund der Maßnahme. Den Zugang zum Beratungsangebot soll erleichtern, dass SKF-Mitarbeiter, die in der Beratung tätig sind, demnächst die Ausweise ausstellen werden. Gemeinsam mit den Bedürftigen wolle man nach der Ursache der Armut und möglichen Lösungen schauen, sagt die SKF-Chefin.
Warum kommen immer mehr Menschen zur Tafel? Die Gründe sind laut Bergmann vielfältig: "Zum einen kommen zunehmend mehr Senioren, die in Altersarmut leben, aus der Deckung", sagt die SKF-Chefin. Was sehr begrüßenswert sei. Zwölf Prozent der "Kunden" seien Rentner. Zum anderen kämen auch viele Flüchtlinge, sie machten aktuell fast ein Drittel der Bedürftigen aus. "Aber man darf hier nicht, was zurzeit gerne getan wird, von Verdrängung sprechen.

Es ist reichlich da, niemand kommt zu kurz, auch wenn die Lebensmittel in ein paar Bereichen weniger werden", sagt Bergmann. "Etwa in der Sparte Milchprodukte kalkulieren die Unternehmen besser, und dann bleibt weniger übrig", sagt Raimund Junkes (67). Er engagiert sich seit vier Jahren freiwillig bei der Tafel und ist Sprecher der Ehrenamtlichen. Laut Bergmann gibt es auch immer mehr Menschen, die mit ihrem Einkommen nicht klarkommen. Ihnen könnten etwa Schuldnerberater weiterhelfen. Und bei einigen Menschen habe sich eine Selbstverständlichkeit eingeschlichen. "Der Gang zur Tafel wird bereits ins Haushaltsbudget mit eingeplant", sagt Bergmann. Geht es nach dem SKF, soll die Tafel wieder das werden, was sie ursprünglich war: Einwandfreie Lebensmittelspenden von Firmen landen nicht im Müll, sondern werden an notleidende Menschen verteilt.

Rund 60 000 Euro wird die Tafel den SKF 2016 nach eigenen Angaben kosten. "Miete, Reinigung, Fahrzeuge Reparaturen, Transportkisten", zählt Bergmann einige der Kostenfaktoren auf, die aus Spenden finanziert würden. Sie hofft auf Unterstützung der Stadt - zumindest für das neu angeknüpfte Beratungsangebot.Extra

Die Grundidee der Tafel: Lebensmittel, die noch gegessen werden können, landen nicht im Müll, sondern werden an notleidende Menschen verteilt. Um einen Tafel-Berechtigungsausweis zu erhalten, muss die Bedürftigkeit nachgewiesen werden. Dies kann anhand von Bescheiden über den Bezug von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder über eine niedrige Rente erfolgen. kat

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort