Trierer Tanke, Denkmalschutz und Späteinkauf

Trier · 21 Institutionen, Vereine und Einzelpersonen werben im Bündnis für den Alleenring gegen eine Pachtverlängerung.

 Die Tankstelle in der Trierer Ostallee, auch "Blaue Lagune" genannt.

Die Tankstelle in der Trierer Ostallee, auch "Blaue Lagune" genannt.

Foto: Archiv

Die Abstimmungsbenachrichtigungen für den Bürgerentscheid zur Tankstelle in der Ostallee am 10. Dezember sind bereits in vielen Haushalten der Stadt Trier angekommen. In die Diskussion um die Verlängerung des Pachtvertrages mischt sich nun lautstark ein Bündnis für den Alleenring ein. 21 Institutionen, Verbände und Einzelpersonen haben sich dazu zusammengefunden. Die Botschaft ist klar formuliert: "Nein Tanke!"

Zehn Gründe sollen möglichst viele der 86.000 Stimmberechtigten überzeugen. Bei der von dem Trierer Filmemacher und Regisseur Karsten Müller (Elenovela Film) moderierten Vorstellung dieses "Wahlprogramms" am Donnerstagabend in den Räumen des Palais ist Widerspruch nicht zu erwarten. "Der Alleenring ist eine Denkmalschutzzone, das ist bislang in allen Darstellungen außen vorgeblieben", bedauert nicht nur Christoph Heckel, der für den Landesverband der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur für die Begrünung der Ostallee wirbt.

Auch Dieter Sadowski, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Trier und Sprecher für die Lokale Agenda, ist überzeugt, dass die Innenstadt "überall, wo es möglich ist, grün sein muss".

Angesichts der zu erwartenden Verdichtung der Wohnbebauung in der Stadt seien kühlende und absorbierende Flächen wie ein durchgehender Grünstreifen in der Ostallee unverzichtbar. Für Hochschulprofessor Matthias Sieveke (Verein Baukultur Trier) gleicht die Diskussion um den Verbleib der Tankstelle zeitweise einem Stück Kabarett. "Selbstverständlich benötigt die Kulturstadt Trier einen grünen Ring. Ein Kiosk an dieser Stelle wäre gut, aber keine Tankstelle. Es geht uns um Lebensqualität."

Wie es um die derzeit in der Ostallee bestellt ist, erleben Ludger Kürholz und Sylvia Mayer-Stenzel täglich. Als Anwohner sehen sie dringend Bedarf für eine bessere Wegeführung, auch zum Schutz von Kindern und älteren Menschen. Später Einkauf, so ist sich das Bündnis einig, sei bereits jetzt gesetzlich möglich. Eine zukunftsgerichtete Planung für eine städtebauliche Aufwertung der Ostallee würde durch eine Verlängerung des Pachtvertrags für die Tankstelle für zwei Jahrzehnte verhindert.

Das sieht auch Stadtratsmitglied Rainer Lehnart so, der für die SPD-Fraktion in dem Bündnis spricht. "Wenn der Rat glaubwürdig bleiben will, kann er seine Entscheidung, den Pachtvertrag auslaufen zu lassen, nicht wegen Einzelinteressen umwerfen." Dominik Heinrich (Bündnis 90/Die Grünen) spricht mit Blick auf die Initiatoren des Bürgerbegehens sogar von Wählertäuschung. "Die Tankstelle hat in der Denkmalschutzzone lediglich Bestandsschutz. Mit dem derzeitig gültigen Baurecht ist keine Veränderung dort genehmigungsfähig."

Um möglichst viele Trierer davon zu überzeugen, den Argumenten des Bündnisses zu folgen, sind vier besondere Stadtspaziergänge mit Blick auf die Geschichte des Alleenrings geplant (siehe Info). Zum direkten Meinungsaustausch mit den Befürwortern der Tankstelle kommt es am 4. Dezember beim TV-Forum in der Tuchfabrik.

Das Bündnis und seine Aktionen

Mitglieder: Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) Trier, Baukultur Trier e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND) Trier-Saarburg, Bündnis 90/Die Grünen (Fraktion und Ortsbeirat Mitte/Gartenfeld), Bürgerinitiative der Anwohner der Tankstelle, Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (Landesverband Saar-Mosel e.V.), DGB Region Trier, Elenovela Film, Lokale Agenda Trier, Naturschutzbund (Nabu) Region Trier, Pollichia - Verein für Naturforschung und Landespflege, SPD Trier sowie Fraktion und Ortsverein Mitte/Gartenfeld, Jusos Trier, Verkehrsclub Deutschland (VCD) Trier sowie Einzelpersonen.

Stephan Scholzen organisiert vier Stadtspaziergänge:

Samstag, 25. November, "Kennen Sie Trier? - Die historische Entwicklung des Alleenrings und die Geschichte der Kioske und Büdchen" (Bettina Leuchtenberg).

Samstag, 2. Dezember, "Trier, seine Allenring und eine Tankstelle" (Karl-August Heise).

Sonntag, 3. Dezember, "Generationenbauwerk Allenring" (Jörg Kaspari).

Samstag, 9. Dezember, Rundgang mit Kultur- und Weinbotschafter Götz Feige.

Alle Spaziergänge beginnen um 11 Uhr an der Porta Nigra. Die Teilnahme ist kostenlos möglich.

Das Bündnis ist online unter www.facebook.com/neintanke/
Kommentar


Nur wer abstimmt, kann mitbestimmen

Der Wettbewerb um die Mehrheit der 86.000 Wahlberechtigten nimmt nun Fahrt auf. Was spricht für eine Tankstelle im Grüngürtel von Trier, welche Argumente sprechen dagegen. Darüber abzuwägen ist zwar Sache jedes Einzelnen. Ob der Erhalt der beschönigend Blaue Lagune genannten Benzin- und Dieselabgabestelle mit Kioskfunktion aber viele Menschen in Ehrang, Kürenz, Tarforst oder Mariahof oder Zewen so sehr emotional bewegt, dass sie am 10. Dezember in einem der 53 Abstimmungslokale ihr Kreuz machen, ist eine Frage, auf die noch niemand eine Antwort weiß.

Das neue "Bündnis für den Allenring" will viel dafür tun, dass der erste Bürgerentscheid mangels Wahlbeteiligung nicht zur Farce wird. Die Befürworter der Tankstelle werden reagieren.

Gut so! In der Abstimmung geht es schließlich nicht nur um das Objekt in der Ostallee. Es geht auch darum zu zeigen, dass Trier reif ist für ein Bürgerbegehren als schärfstes Werkzeug der demokratischen Mitbestimmung.

r.neubert@volksfreund.de

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