Trierer Totschlagsurteil gekippt

Trier · Der Bundesgerichtshof hat das Totschlagsurteil gegen einen Mann aus Trier aufgehoben, der mit einer Nagelpistole auf Polizisten geschossen hat. Der 46-Jährige ist auf freiem Fuß, der Prozess muss neu aufgerollt werden.

Trier. Der Fall war spektakulär und machte über die Grenzen der Region hinaus Schlagzeilen: Mit einem sogenannten Druckluftnagler hatte ein Trierer im Sommer vergangenen Jahres neun Zentimeter lange Nägel auf mehrere Polizisten geschossen. Drei Nägel schoss sich der Mann selbst in Brust und Schläfe.
Wegen versuchten Totschlags und versuchter schwerer Körperverletzung, verurteilte ihn das Trierer Landgericht im März zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe. Nach Ansicht des Gerichts wollte sich der Trierer mit der Nagelpistole das Leben nehmen, weil seine Frau ihn verlassen hatte.Er wollte provozieren


Vor dem Selbstmordversuch in seinem Büro in der Trierer Innenstadt hatte er die Ehefrau informiert, die die Polizei rief. Der 46-Jährige wollte mit den Nägeln die Beamten provozieren, damit sie ihn erschießen. Er feuerte um sich und zielte zweimal in Richtung der Polizisten.
Beim zweiten Schuss zielte der Trierer aus etwa einem Meter Entfernung auf einen Polizisten. "Dabei nahm er tödliche Verletzungen in Kauf", sagte die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz in ihrer Urteilsbegründung. Dem 46-Jährigen kam zugute, dass keiner der Polizisten schwerer verletzt wurde. Gutachter sagten, der zweifache Vater sei schuldfähig. "Ich schäme mich für das, was ich getan habe", sagte er im Frühjahr während des Prozesses.
Der muss nun noch einmal komplett neu aufgerollt werden. Denn der Trierer und seine damalige Anwältin Barbara Polka hatten mit ihrer beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegten Revision (siehe Stichwort) Erfolg. Der BGH hob das Urteil auf und verwies den Fall an eine andere Kammer des Trierer Landgerichts. Im Klartext: Es werden sich mit dem Nagelschützen demnächst auch andere Richter beschäftigen.Urteil auseinandergenommen


"Der Bundesgerichtshof hat das Urteil regelrecht auseinandergenommen", meinte gestern der Verteidiger des Mannes, der Dürener Rechtsanwalt Christoph Rühlmann. Demnach rügte der fünfköpfige Karlsruher Strafsenat gleich mehrere Rechtsfehler in dem Trierer Urteil. So habe sich das Landgericht etwa nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Angeklagte vom angenommenen Tötungsversuch eines Polizisten strafbefreiend zurückgetreten sei. Das aber hätte das Trierer Gericht machen müssen, weil der 46-Jährige nicht weiter auf den unverletzten Polizisten geschossen habe. In dem Fall wäre das Trierer Gericht womöglich zu dem Schluss gekommen, es habe sich um eine versuchte gefährliche Körperverletzung und nicht um versuchten Totschlag gehandelt.
Wann der Fall erneut in Trier verhandelt wird, steht noch nicht fest. Der 46-jährige Schütze ist nach einer Haftbeschwerde seines Verteidigers aus dem Wittlicher Gefängnis entlassen worden; der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt.
Eine Gutachterin hatte zuvor festgestellt, dass von dem Mann keine Wiederholungsgefahr ausgehe.Extra

Über eine Revision entscheidet der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Das heißt, der Gerichtshof überprüft Strafurteile der Landgerichte. Dabei ist der BGH auf die rein juristisch-formale Kontrolle beschränkt: Eine neue inhaltliche Beweisaufnahme findet bei der Revision nicht statt. Der Bundesgerichtshof kann - wie im vorliegenden Trierer Fall - ein Urteil aufheben. Es wird dann im Normalfall an eine andere Kammer des Landgerichts verwiesen. Bestätigt der BGH ein Urteil, ist es rechtskräftig. sey

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